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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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Cap. 1. Die erste Quelle
du nicht bey genauer Prüfung, daß deine Sinnen
von GOtt ausschweiffen, und vom Heyland weg-
lauffen, der dir gleichwohl so nahe ist, und dir zu-
schauet, wie dein Geist hie und dahin flattert, und
deine Sinnen zerstreuet sind in der Eitelkeit? Pred.
1, 3. Ja findest du nicht, wie du deiner selbsten, des
hohen Adels deiner Seelen, des unschätzbaren Heyls
des genossenen Abendmahls, und des dabey geschlosse-
nen Bundes vergessen, und dein Hertz ein ungestüm-
mes Meer seye, da eine Welle die andere jagt, und
eine unsöde schädliche Begierde nach der anderen dich
schlägt und plaget?

§. 14.

II. Prüfe dich, ob du auch an dir selber wissest und
aus deiner eigenen Aufführung erkennest, welch ein
Ungeheur, ein tückischer Eigensinn/ ein stoltz,
ungezogen, hartnäckig, trotzig, eigenwillig Köpffgen
seye?

Fühlest du, du armes Kind, noch Unlust und
Uberdruß beym Gebet, wird dir bey denen Unterwei-
sungen die Weil gar zu lang, ist dir das tägliche Lesen
Geistreicher Büchern zu eckelhafft, hast du an lieder-
licher Gesellschafft, muthwilliger Buben und üppiger
Mägdlein mehr Vergnügen als am Umgang GOtt-
suchender Kindern, die von der Liebe des Heylands
gerne sprechen: Ach! so zeigt sich wohl wenig von
dem Sinn JEsu/ und bist du von deinem bösen
Hertzen noch gäntzlich beherrschet. Oder was ware
dir bishero angenehmer, das Leben JEsu, der dich
ins himmlische Vatterland führet, oder der Wandel
nach dem Fleisch und der Welt, wordurch du zuletzt
in die Hölle gestürtzet wirst? Wem gleichtest du

bes-

Cap. 1. Die erſte Quelle
du nicht bey genauer Pruͤfung, daß deine Sinnen
von GOtt ausſchweiffen, und vom Heyland weg-
lauffen, der dir gleichwohl ſo nahe iſt, und dir zu-
ſchauet, wie dein Geiſt hie und dahin flattert, und
deine Sinnen zerſtreuet ſind in der Eitelkeit? Pred.
1, 3. Ja findeſt du nicht, wie du deiner ſelbſten, des
hohen Adels deiner Seelen, des unſchaͤtzbaren Heyls
des genoſſenen Abendmahls, und des dabey geſchloſſe-
nen Bundes vergeſſen, und dein Hertz ein ungeſtuͤm-
mes Meer ſeye, da eine Welle die andere jagt, und
eine unſoͤde ſchaͤdliche Begierde nach der anderen dich
ſchlaͤgt und plaget?

§. 14.

II. Pruͤfe dich, ob du auch an dir ſelber wiſſeſt und
aus deiner eigenen Auffuͤhrung erkenneſt, welch ein
Ungeheur, ein tuͤckiſcher Eigenſinn/ ein ſtoltz,
ungezogen, hartnaͤckig, trotzig, eigenwillig Koͤpffgen
ſeye?

Fuͤhleſt du, du armes Kind, noch Unluſt und
Uberdruß beym Gebet, wird dir bey denen Unterwei-
ſungen die Weil gar zu lang, iſt dir das taͤgliche Leſen
Geiſtreicher Buͤchern zu eckelhafft, haſt du an lieder-
licher Geſellſchafft, muthwilliger Buben und uͤppiger
Maͤgdlein mehr Vergnuͤgen als am Umgang GOtt-
ſuchender Kindern, die von der Liebe des Heylands
gerne ſprechen: Ach! ſo zeigt ſich wohl wenig von
dem Sinn JEſu/ und biſt du von deinem boͤſen
Hertzen noch gaͤntzlich beherrſchet. Oder was ware
dir bishero angenehmer, das Leben JEſu, der dich
ins himmliſche Vatterland fuͤhret, oder der Wandel
nach dem Fleiſch und der Welt, wordurch du zuletzt
in die Hoͤlle geſtuͤrtzet wirſt? Wem gleichteſt du

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[28/0046] Cap. 1. Die erſte Quelle du nicht bey genauer Pruͤfung, daß deine Sinnen von GOtt ausſchweiffen, und vom Heyland weg- lauffen, der dir gleichwohl ſo nahe iſt, und dir zu- ſchauet, wie dein Geiſt hie und dahin flattert, und deine Sinnen zerſtreuet ſind in der Eitelkeit? Pred. 1, 3. Ja findeſt du nicht, wie du deiner ſelbſten, des hohen Adels deiner Seelen, des unſchaͤtzbaren Heyls des genoſſenen Abendmahls, und des dabey geſchloſſe- nen Bundes vergeſſen, und dein Hertz ein ungeſtuͤm- mes Meer ſeye, da eine Welle die andere jagt, und eine unſoͤde ſchaͤdliche Begierde nach der anderen dich ſchlaͤgt und plaget? §. 14. II. Pruͤfe dich, ob du auch an dir ſelber wiſſeſt und aus deiner eigenen Auffuͤhrung erkenneſt, welch ein Ungeheur, ein tuͤckiſcher Eigenſinn/ ein ſtoltz, ungezogen, hartnaͤckig, trotzig, eigenwillig Koͤpffgen ſeye? Fuͤhleſt du, du armes Kind, noch Unluſt und Uberdruß beym Gebet, wird dir bey denen Unterwei- ſungen die Weil gar zu lang, iſt dir das taͤgliche Leſen Geiſtreicher Buͤchern zu eckelhafft, haſt du an lieder- licher Geſellſchafft, muthwilliger Buben und uͤppiger Maͤgdlein mehr Vergnuͤgen als am Umgang GOtt- ſuchender Kindern, die von der Liebe des Heylands gerne ſprechen: Ach! ſo zeigt ſich wohl wenig von dem Sinn JEſu/ und biſt du von deinem boͤſen Hertzen noch gaͤntzlich beherrſchet. Oder was ware dir bishero angenehmer, das Leben JEſu, der dich ins himmliſche Vatterland fuͤhret, oder der Wandel nach dem Fleiſch und der Welt, wordurch du zuletzt in die Hoͤlle geſtuͤrtzet wirſt? Wem gleichteſt du beſ-

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/46>, abgerufen am 29.03.2024.