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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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Cap. 1. Die erste Quelle
was sonst deine angenehmste Ergetzlichkeit ware,
überfallen, und aus dem Abgrund gegen dir ein böser
Dampff aufsteigen, der dich träge und schläferig ma-
chet, so, daß du gantz das Gegentheil dessen fühlen
must, was dich zuvor so munter und freudig im Gu-
ten machte. Stehe du aber deswegen auf deiner so
wichtigen Reise gen Jerusalem nicht stille; sondern
wehre dich wie ein Schwimmender, die eiteln Sin-
nen mit Händen und Füssen von dir zu stossen, daß
sie dich nicht ersäuffen. Nahe dich zu GOtt, trotz
allem Eckel und Uberdruß, und hüte dich, daß du
der Faulheit dich nicht gefangen gebest, wann du je
die Lebens-Crone erlangen, und nicht ewiglich in
Spott und Schande bleiben wilst. Lassest du es
gehen ohne Widerstand; so führet dich dein verderb-
tes Hertz, wie ein schneller Strom unvermerckt wei-
ter zuruck: So du aber zu dem lieben Heyland um
Hülffe und neue Gnade ruffest, mithin an der Faul-
heit, als an der unbillischsten, schädlichsten und ge-
fährlichsten Sache ein hertzliches Mißfallen hast; so
nahet sich dein JEsus wiederum zu dir, und vertrei-
bet mit seiner Gnadenreichen Zukunfft diese teuflische
Argheiten, so in deinem Fleisch einnisteln, und in-
zwischen den edlen, himmlischen Geist hinunter ziehen
wolten in die tödtliche Lust.

§. 33.

Laß dich demnach witzigen durch das Exempel
Adams/ der, so bald er von dem verbottenen
Versuch-Baum genaschet hatte, sogleich die süsse
Lust zu seinem höchsten Gut verlohren. Jch kenne
manchen, der eine nicht gemeine Lust zur lebendigen
Gemeinschafft JEsu bezeiget, auch darinnen eine Zeit-

lang

Cap. 1. Die erſte Quelle
was ſonſt deine angenehmſte Ergetzlichkeit ware,
uͤberfallen, und aus dem Abgrund gegen dir ein boͤſer
Dampff aufſteigen, der dich traͤge und ſchlaͤferig ma-
chet, ſo, daß du gantz das Gegentheil deſſen fuͤhlen
muſt, was dich zuvor ſo munter und freudig im Gu-
ten machte. Stehe du aber deswegen auf deiner ſo
wichtigen Reiſe gen Jeruſalem nicht ſtille; ſondern
wehre dich wie ein Schwimmender, die eiteln Sin-
nen mit Haͤnden und Fuͤſſen von dir zu ſtoſſen, daß
ſie dich nicht erſaͤuffen. Nahe dich zu GOtt, trotz
allem Eckel und Uberdruß, und huͤte dich, daß du
der Faulheit dich nicht gefangen gebeſt, wann du je
die Lebens-Crone erlangen, und nicht ewiglich in
Spott und Schande bleiben wilſt. Laſſeſt du es
gehen ohne Widerſtand; ſo fuͤhret dich dein verderb-
tes Hertz, wie ein ſchneller Strom unvermerckt wei-
ter zuruck: So du aber zu dem lieben Heyland um
Huͤlffe und neue Gnade ruffeſt, mithin an der Faul-
heit, als an der unbilliſchſten, ſchaͤdlichſten und ge-
faͤhrlichſten Sache ein hertzliches Mißfallen haſt; ſo
nahet ſich dein JEſus wiederum zu dir, und vertrei-
bet mit ſeiner Gnadenreichen Zukunfft dieſe teufliſche
Argheiten, ſo in deinem Fleiſch einniſteln, und in-
zwiſchen den edlen, himmliſchen Geiſt hinunter ziehen
wolten in die toͤdtliche Luſt.

§. 33.

Laß dich demnach witzigen durch das Exempel
Adams/ der, ſo bald er von dem verbottenen
Verſuch-Baum genaſchet hatte, ſogleich die ſuͤſſe
Luſt zu ſeinem hoͤchſten Gut verlohren. Jch kenne
manchen, der eine nicht gemeine Luſt zur lebendigen
Gemeinſchafft JEſu bezeiget, auch darinnen eine Zeit-

lang
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[54/0072] Cap. 1. Die erſte Quelle was ſonſt deine angenehmſte Ergetzlichkeit ware, uͤberfallen, und aus dem Abgrund gegen dir ein boͤſer Dampff aufſteigen, der dich traͤge und ſchlaͤferig ma- chet, ſo, daß du gantz das Gegentheil deſſen fuͤhlen muſt, was dich zuvor ſo munter und freudig im Gu- ten machte. Stehe du aber deswegen auf deiner ſo wichtigen Reiſe gen Jeruſalem nicht ſtille; ſondern wehre dich wie ein Schwimmender, die eiteln Sin- nen mit Haͤnden und Fuͤſſen von dir zu ſtoſſen, daß ſie dich nicht erſaͤuffen. Nahe dich zu GOtt, trotz allem Eckel und Uberdruß, und huͤte dich, daß du der Faulheit dich nicht gefangen gebeſt, wann du je die Lebens-Crone erlangen, und nicht ewiglich in Spott und Schande bleiben wilſt. Laſſeſt du es gehen ohne Widerſtand; ſo fuͤhret dich dein verderb- tes Hertz, wie ein ſchneller Strom unvermerckt wei- ter zuruck: So du aber zu dem lieben Heyland um Huͤlffe und neue Gnade ruffeſt, mithin an der Faul- heit, als an der unbilliſchſten, ſchaͤdlichſten und ge- faͤhrlichſten Sache ein hertzliches Mißfallen haſt; ſo nahet ſich dein JEſus wiederum zu dir, und vertrei- bet mit ſeiner Gnadenreichen Zukunfft dieſe teufliſche Argheiten, ſo in deinem Fleiſch einniſteln, und in- zwiſchen den edlen, himmliſchen Geiſt hinunter ziehen wolten in die toͤdtliche Luſt. §. 33. Laß dich demnach witzigen durch das Exempel Adams/ der, ſo bald er von dem verbottenen Verſuch-Baum genaſchet hatte, ſogleich die ſuͤſſe Luſt zu ſeinem hoͤchſten Gut verlohren. Jch kenne manchen, der eine nicht gemeine Luſt zur lebendigen Gemeinſchafft JEſu bezeiget, auch darinnen eine Zeit- lang

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/72>, abgerufen am 25.04.2024.