Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite
Wo ohne Zufall nie dem Menschen Glück zufällt/
Sein Fall und Fallen ist die Müntze dieser Welt/
Die/ wann sie niederfällt/ noch in dem Fallen krachet/
Und bey dem Fallen selbst den Fall-Tritt offt belachet.
Doch hat von seinem Fall ein Fallungs-Lied gestelt/
Des Fallens schwacher Mensch/ der hier den Fall
behält/
Biß GOtt sein Fallnie einst zu einem Unfall machet.
Wir Fallen und im Fall fällt uns ein Zufall zu/
Doch kommt auf diesen Fall des Fallens stille Ruh/
Wann uns der Todes-Fall aufführt GOTT zu ge-
fallen:
So fällt denn in dem Fall all' unser Fallen hin/
Vor Fallen fällt uns zu des Himmels Lust-Gewinn/
Alsdann verfällt der Fall/ wenn wir im Hafen wallen.

Reg. 5. Die Spanier haben eine Art Sonnetten/
die zwar die Zahl der 14. Versse behalten/ aber keine
Reim-Art haben/ wodurch doch ein Verß von der
gemeinen Redens-Art unterschieden wird/ und
doch ist diesen mehr Kunst/ als Lieblichkeit/ wie der-
gleichen Gryphius in seinen Gedichten pag. 866, hat
Harsdörffer Poet-Trichter. Part. 1. pag. 80. und sol-
che werden die ungereimte Sonnetten genennt. Da-
rüber ich folgendes Exempel setze:

Es lautet ungereimt/ das Lieben und das Sterben/
Weil Braut und Leiche sich nicht in ein Bette
schickt:
Der Tag und finstre Nacht stehn wie im Gegen-
schein/
Gleich
Wo ohne Zufall nie dem Menſchen Gluͤck zufaͤllt/
Sein Fall und Fallen iſt die Muͤntze dieſer Welt/
Die/ wann ſie niederfaͤllt/ noch in dem Fallen krachet/
Und bey dem Fallen ſelbſt den Fall-Tritt offt belachet.
Doch hat von ſeinem Fall ein Fallungs-Lied geſtelt/
Des Fallens ſchwacher Menſch/ der hier den Fall
behaͤlt/
Biß GOtt ſein Fallnie einſt zu einem Unfall machet.
Wir Fallen und im Fall faͤllt uns ein Zufall zu/
Doch kommt auf dieſen Fall des Fallens ſtille Ruh/
Wann uns der Todes-Fall auffuͤhrt GOTT zu ge-
fallen:
So faͤllt denn in dem Fall all’ unſer Fallen hin/
Vor Fallen faͤllt uns zu des Himmels Luſt-Gewinn/
Alsdann verfaͤllt der Fall/ wenn wir im Hafen wallen.

Reg. 5. Die Spanier haben eine Art Sonnetten/
die zwar die Zahl der 14. Verſſe behalten/ aber keine
Reim-Art haben/ wodurch doch ein Verß von der
gemeinen Redens-Art unterſchieden wird/ und
doch iſt dieſen mehr Kunſt/ als Lieblichkeit/ wie der-
gleichen Gryphius in ſeinen Gedichten pag. 866, hat
Harsdoͤrffer Poet-Trichter. Part. 1. pag. 80. und ſol-
che werden die ungereimte Sonnetten genennt. Da-
ruͤber ich folgendes Exempel ſetze:

Es lautet ungereimt/ das Lieben und das Sterben/
Weil Braut und Leiche ſich nicht in ein Bette
ſchickt:
Der Tag und finſtre Nacht ſtehn wie im Gegen-
ſchein/
Gleich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg type="poem">
                <pb facs="#f0126" n="114"/>
                <l>Wo ohne Zufall nie dem Men&#x017F;chen Glu&#x0364;ck zufa&#x0364;llt/</l><lb/>
                <l>Sein Fall und Fallen i&#x017F;t die Mu&#x0364;ntze die&#x017F;er Welt/</l><lb/>
                <l>Die/ wann &#x017F;ie niederfa&#x0364;llt/ noch in dem Fallen krachet/</l><lb/>
                <l>Und bey dem Fallen &#x017F;elb&#x017F;t den Fall-Tritt offt belachet.</l><lb/>
                <l>Doch hat von &#x017F;einem Fall ein Fallungs-Lied ge&#x017F;telt/</l><lb/>
                <l>Des Fallens &#x017F;chwacher Men&#x017F;ch/ der hier den Fall</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">beha&#x0364;lt/</hi> </l><lb/>
                <l>Biß GOtt &#x017F;ein Fallnie ein&#x017F;t zu einem Unfall machet.</l><lb/>
                <l>Wir Fallen und im Fall fa&#x0364;llt uns ein Zufall zu/</l><lb/>
                <l>Doch kommt auf die&#x017F;en Fall des Fallens &#x017F;tille Ruh/</l><lb/>
                <l>Wann uns der Todes-Fall auffu&#x0364;hrt GOTT zu ge-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">fallen:</hi> </l><lb/>
                <l>So fa&#x0364;llt denn in dem Fall all&#x2019; un&#x017F;er Fallen hin/</l><lb/>
                <l>Vor Fallen fa&#x0364;llt uns zu des Himmels Lu&#x017F;t-Gewinn/</l><lb/>
                <l>Alsdann verfa&#x0364;llt der Fall/ wenn wir im Hafen wallen.</l>
              </lg>
            </lg><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Reg.</hi> 5. Die Spanier haben eine Art Sonnetten/<lb/>
die zwar die Zahl der 14. Ver&#x017F;&#x017F;e behalten/ aber keine<lb/>
Reim-Art haben/ wodurch doch ein Verß von der<lb/>
gemeinen Redens-Art unter&#x017F;chieden wird/ und<lb/>
doch i&#x017F;t die&#x017F;en mehr Kun&#x017F;t/ als Lieblichkeit/ wie der-<lb/>
gleichen <hi rendition="#aq">Gryphius</hi> in &#x017F;einen Gedichten <hi rendition="#aq">pag.</hi> 866, hat<lb/>
Harsdo&#x0364;rffer Poet-Trichter. <hi rendition="#aq">Part. 1. pag.</hi> 80. und &#x017F;ol-<lb/>
che werden die ungereimte Sonnetten genennt. Da-<lb/>
ru&#x0364;ber ich folgendes <hi rendition="#aq">Exempel</hi> &#x017F;etze:</p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>Es lautet ungereimt/ das Lieben und das Sterben/</l><lb/>
              <l>Weil Braut und Leiche &#x017F;ich nicht in ein Bette</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chickt:</hi> </l><lb/>
              <l>Der Tag und fin&#x017F;tre Nacht &#x017F;tehn wie im Gegen-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chein/</hi> </l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Gleich</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0126] Wo ohne Zufall nie dem Menſchen Gluͤck zufaͤllt/ Sein Fall und Fallen iſt die Muͤntze dieſer Welt/ Die/ wann ſie niederfaͤllt/ noch in dem Fallen krachet/ Und bey dem Fallen ſelbſt den Fall-Tritt offt belachet. Doch hat von ſeinem Fall ein Fallungs-Lied geſtelt/ Des Fallens ſchwacher Menſch/ der hier den Fall behaͤlt/ Biß GOtt ſein Fallnie einſt zu einem Unfall machet. Wir Fallen und im Fall faͤllt uns ein Zufall zu/ Doch kommt auf dieſen Fall des Fallens ſtille Ruh/ Wann uns der Todes-Fall auffuͤhrt GOTT zu ge- fallen: So faͤllt denn in dem Fall all’ unſer Fallen hin/ Vor Fallen faͤllt uns zu des Himmels Luſt-Gewinn/ Alsdann verfaͤllt der Fall/ wenn wir im Hafen wallen. Reg. 5. Die Spanier haben eine Art Sonnetten/ die zwar die Zahl der 14. Verſſe behalten/ aber keine Reim-Art haben/ wodurch doch ein Verß von der gemeinen Redens-Art unterſchieden wird/ und doch iſt dieſen mehr Kunſt/ als Lieblichkeit/ wie der- gleichen Gryphius in ſeinen Gedichten pag. 866, hat Harsdoͤrffer Poet-Trichter. Part. 1. pag. 80. und ſol- che werden die ungereimte Sonnetten genennt. Da- ruͤber ich folgendes Exempel ſetze: Es lautet ungereimt/ das Lieben und das Sterben/ Weil Braut und Leiche ſich nicht in ein Bette ſchickt: Der Tag und finſtre Nacht ſtehn wie im Gegen- ſchein/ Gleich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe von 1704 handelt es sich, um die … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/126
Zitationshilfe: Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704. , S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/126>, abgerufen am 29.03.2024.