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Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704.

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Ferner muß ich auch nicht mit dem Schluß und Reim-
Worte einen neuen Sensum anfahen/ e. g.

Bey denen/ die uns gleich das Fuß-Bret kehren/
Behält die Tugend doch den Lauff/ etc.

vid, Lohenstein Arminius Part. 1. pag. 641. Am
zierlichsten aber ist es/ wann ich meinen Sensum nicht
in einen Verß kan bringen/ daß ich solchen biß nach
dem Abschnit des andern Versses führe/ und daselbst
meinen Periodum schliesse/ e. g.

Der Nächte Finsternüß so Welt und Himmel
schwärtze
Fällt alle Klarheit ein.
CAP. VII.
Von der Qvantität oder Wort-
Zeit.

1.

DIe Qvantität in der Poesi ist die Wage und El-
le/ da ich mein Wort probire nach dem Diale-
cto,
ob es kurtz oder lang sey.

2 Wie in Griechisch- und Lateinischer Sprache die
Qvantität in Verssen muß observiret werden/ eben
also auch in der deutschen/ doch hat die deutsche Poe-
sie diese Freyheit/ daß sie manch Wort kan kurtz oder
lang setzen/ nach der gemeinen Aussprache Beschaf-
fenheit/ denn wie diese die Wörter abmisset/ so müs-
sen sie auch im Reim-Bände gebraucht werden.

Reg. 1. Die Wort-Zeit wird eingetheilt in die (1)
Lange (2) Kurtze und (3) Mittlere/ diese letztere ist/

welche
D 2

Ferner muß ich auch nicht mit dem Schluß und Reim-
Worte einen neuen Senſum anfahen/ e. g.

Bey denen/ die uns gleich das Fuß-Bret kehren/
Behaͤlt die Tugend doch den Lauff/ etc.

vid, Lohenſtein Arminius Part. 1. pag. 641. Am
zierlichſten aber iſt es/ wann ich meinen Senſum nicht
in einen Verß kan bringen/ daß ich ſolchen biß nach
dem Abſchnit des andern Verſſes fuͤhre/ und daſelbſt
meinen Periodum ſchlieſſe/ e. g.

Der Naͤchte Finſternuͤß ſo Welt und Himmel
ſchwaͤrtze
Faͤllt alle Klarheit ein.
CAP. VII.
Von der Qvantitaͤt oder Wort-
Zeit.

1.

DIe Qvantitaͤt in der Poeſi iſt die Wage und El-
le/ da ich mein Wort probire nach dem Diale-
cto,
ob es kurtz oder lang ſey.

2 Wie in Griechiſch- und Lateiniſcher Sprache die
Qvantitaͤt in Verſſen muß obſerviret werden/ eben
alſo auch in der deutſchen/ doch hat die deutſche Poe-
ſie dieſe Freyheit/ daß ſie manch Wort kan kurtz oder
lang ſetzen/ nach der gemeinen Ausſprache Beſchaf-
fenheit/ denn wie dieſe die Woͤrter abmiſſet/ ſo muͤſ-
ſen ſie auch im Reim-Baͤnde gebraucht werden.

Reg. 1. Die Wort-Zeit wird eingetheilt in die (1)
Lange (2) Kurtze und (3) Mittlere/ dieſe letztere iſt/

welche
D 2
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[51/0063] Ferner muß ich auch nicht mit dem Schluß und Reim- Worte einen neuen Senſum anfahen/ e. g. Bey denen/ die uns gleich das Fuß-Bret kehren/ Behaͤlt die Tugend doch den Lauff/ etc. vid, Lohenſtein Arminius Part. 1. pag. 641. Am zierlichſten aber iſt es/ wann ich meinen Senſum nicht in einen Verß kan bringen/ daß ich ſolchen biß nach dem Abſchnit des andern Verſſes fuͤhre/ und daſelbſt meinen Periodum ſchlieſſe/ e. g. Der Naͤchte Finſternuͤß ſo Welt und Himmel ſchwaͤrtze Faͤllt alle Klarheit ein. CAP. VII. Von der Qvantitaͤt oder Wort- Zeit. 1. DIe Qvantitaͤt in der Poeſi iſt die Wage und El- le/ da ich mein Wort probire nach dem Diale- cto, ob es kurtz oder lang ſey. 2 Wie in Griechiſch- und Lateiniſcher Sprache die Qvantitaͤt in Verſſen muß obſerviret werden/ eben alſo auch in der deutſchen/ doch hat die deutſche Poe- ſie dieſe Freyheit/ daß ſie manch Wort kan kurtz oder lang ſetzen/ nach der gemeinen Ausſprache Beſchaf- fenheit/ denn wie dieſe die Woͤrter abmiſſet/ ſo muͤſ- ſen ſie auch im Reim-Baͤnde gebraucht werden. Reg. 1. Die Wort-Zeit wird eingetheilt in die (1) Lange (2) Kurtze und (3) Mittlere/ dieſe letztere iſt/ welche D 2

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Zitationshilfe: Männling, Johann Christoph: Der Europæische Helicon, Oder Musen-Berg. Alten Stettin, 1704. , S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maennling_helicon_1704/63>, abgerufen am 25.04.2024.