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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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ist 1). Derjenige, welcher jene Richtung giebt und diese Gefahr trägt,
ist Unternehmer, der Reinertrag, der ihm in dieser Stellung zu
Theil wird, Unternehmergewinn. Zum Unternehmergewinn ge-
hört nicht zuvörderst Alles, was gar nicht wirklicher Reinertrag
ist, also namentlich nicht alle diejenigen Werthe, die, nur zur
Ersetzung voraussichtlicher Verluste bestimmt, gleichsam nur vor-
übergehend in den Händen des Unternehmers sich befinden. So-
dann eben so wenig derjenige Theil des Reinertrags, der den
Unternehmer für die Verwendung solcher eigenen Arbeitskräfte
oder Capitalien entschädigt, die, für fremde Rechnung verwendet,

1) Zu dieser Definition sind wir durch die Betrachtung der historischen
Entwickelung der Lehre von den Unternehmungen und dem Unternehmer-
gewinn (Cap. I.) gelangt, und sie rechtfertigt sich nicht minder durch die
Etymologie des Wortes. Durchaus abweichend von dem bisherigen Sprach-
gebrauch und deshalb im Obigen von uns nicht berücksichtigt ist die Bedeu-
tung, in der L. Stein: System der Staatswissenschaft Bd. I. (Stuttgart
und Tübingen 1852) S. 287 ff. das Wort Unternehmen brauchte. Danach
ist das Unternehmen "die Thätigkeit des Einzelnen, in welcher dieselbe durch
productive Verwendung seines Vermögens einen bestimmten Erwerb zu
machen strebt" ... "die Bethätigung des Individuums an der Sphäre der
ihm eignen, in seinem Vermögen zusammengefaßten Güterwelt." ... "die
wirthschaftliche That." "Jede Arbeit ist ein Unternehmen, weil sie noth-
wendig eine individuelle ist. Wie jene für das Güterleben, so ist dieses
für die Wirthschaft die Quelle der Herrschaft des Menschen über den Stoff.
Das Unternehmen aber steht höher als die Arbeit; denn als eine That des
Menschen hat es in sich einen von der Persönlichkeit gegebenen Zweck." ...
"Arbeit und Unternehmen verhalten sich wie das Natürliche und das Per-
sönliche im Menschen." u. s. w. -- Man wird nicht bestreiten können, daß
diese Erklärung mit dem Sinne, welchem bisher Wissenschaft und Sprache
des gewöhnlichen Lebens dem Worte Unternehmen (Unternehmung) beigelegt
haben, nicht im Einklange steht, und es wäre daher wünschenswerth gewe-
sen, daß Stein zur Bezeichnung des von ihm sehr richtig erkannten Gegen-
satzes des natürlichen und des persönlichen Elements in der productiven
Thätigkeit des Einzelnen ein anderes Wort gewählt hätte.
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iſt 1). Derjenige, welcher jene Richtung giebt und dieſe Gefahr traͤgt,
iſt Unternehmer, der Reinertrag, der ihm in dieſer Stellung zu
Theil wird, Unternehmergewinn. Zum Unternehmergewinn ge-
hoͤrt nicht zuvoͤrderſt Alles, was gar nicht wirklicher Reinertrag
iſt, alſo namentlich nicht alle diejenigen Werthe, die, nur zur
Erſetzung vorausſichtlicher Verluſte beſtimmt, gleichſam nur vor-
uͤbergehend in den Haͤnden des Unternehmers ſich befinden. So-
dann eben ſo wenig derjenige Theil des Reinertrags, der den
Unternehmer fuͤr die Verwendung ſolcher eigenen Arbeitskraͤfte
oder Capitalien entſchaͤdigt, die, fuͤr fremde Rechnung verwendet,

1) Zu dieſer Definition ſind wir durch die Betrachtung der hiſtoriſchen
Entwickelung der Lehre von den Unternehmungen und dem Unternehmer-
gewinn (Cap. I.) gelangt, und ſie rechtfertigt ſich nicht minder durch die
Etymologie des Wortes. Durchaus abweichend von dem bisherigen Sprach-
gebrauch und deshalb im Obigen von uns nicht berückſichtigt iſt die Bedeu-
tung, in der L. Stein: Syſtem der Staatswiſſenſchaft Bd. I. (Stuttgart
und Tübingen 1852) S. 287 ff. das Wort Unternehmen brauchte. Danach
iſt das Unternehmen „die Thätigkeit des Einzelnen, in welcher dieſelbe durch
productive Verwendung ſeines Vermögens einen beſtimmten Erwerb zu
machen ſtrebt“ … „die Bethätigung des Individuums an der Sphäre der
ihm eignen, in ſeinem Vermögen zuſammengefaßten Güterwelt.“ … „die
wirthſchaftliche That.“ „Jede Arbeit iſt ein Unternehmen, weil ſie noth-
wendig eine individuelle iſt. Wie jene für das Güterleben, ſo iſt dieſes
für die Wirthſchaft die Quelle der Herrſchaft des Menſchen über den Stoff.
Das Unternehmen aber ſteht höher als die Arbeit; denn als eine That des
Menſchen hat es in ſich einen von der Perſönlichkeit gegebenen Zweck.“ …
„Arbeit und Unternehmen verhalten ſich wie das Natürliche und das Per-
ſönliche im Menſchen.“ u. ſ. w. — Man wird nicht beſtreiten können, daß
dieſe Erklärung mit dem Sinne, welchem bisher Wiſſenſchaft und Sprache
des gewöhnlichen Lebens dem Worte Unternehmen (Unternehmung) beigelegt
haben, nicht im Einklange ſteht, und es wäre daher wünſchenswerth gewe-
ſen, daß Stein zur Bezeichnung des von ihm ſehr richtig erkannten Gegen-
ſatzes des natürlichen und des perſönlichen Elements in der productiven
Thätigkeit des Einzelnen ein anderes Wort gewählt hätte.
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[163/0175] iſt 1). Derjenige, welcher jene Richtung giebt und dieſe Gefahr traͤgt, iſt Unternehmer, der Reinertrag, der ihm in dieſer Stellung zu Theil wird, Unternehmergewinn. Zum Unternehmergewinn ge- hoͤrt nicht zuvoͤrderſt Alles, was gar nicht wirklicher Reinertrag iſt, alſo namentlich nicht alle diejenigen Werthe, die, nur zur Erſetzung vorausſichtlicher Verluſte beſtimmt, gleichſam nur vor- uͤbergehend in den Haͤnden des Unternehmers ſich befinden. So- dann eben ſo wenig derjenige Theil des Reinertrags, der den Unternehmer fuͤr die Verwendung ſolcher eigenen Arbeitskraͤfte oder Capitalien entſchaͤdigt, die, fuͤr fremde Rechnung verwendet, 1) Zu dieſer Definition ſind wir durch die Betrachtung der hiſtoriſchen Entwickelung der Lehre von den Unternehmungen und dem Unternehmer- gewinn (Cap. I.) gelangt, und ſie rechtfertigt ſich nicht minder durch die Etymologie des Wortes. Durchaus abweichend von dem bisherigen Sprach- gebrauch und deshalb im Obigen von uns nicht berückſichtigt iſt die Bedeu- tung, in der L. Stein: Syſtem der Staatswiſſenſchaft Bd. I. (Stuttgart und Tübingen 1852) S. 287 ff. das Wort Unternehmen brauchte. Danach iſt das Unternehmen „die Thätigkeit des Einzelnen, in welcher dieſelbe durch productive Verwendung ſeines Vermögens einen beſtimmten Erwerb zu machen ſtrebt“ … „die Bethätigung des Individuums an der Sphäre der ihm eignen, in ſeinem Vermögen zuſammengefaßten Güterwelt.“ … „die wirthſchaftliche That.“ „Jede Arbeit iſt ein Unternehmen, weil ſie noth- wendig eine individuelle iſt. Wie jene für das Güterleben, ſo iſt dieſes für die Wirthſchaft die Quelle der Herrſchaft des Menſchen über den Stoff. Das Unternehmen aber ſteht höher als die Arbeit; denn als eine That des Menſchen hat es in ſich einen von der Perſönlichkeit gegebenen Zweck.“ … „Arbeit und Unternehmen verhalten ſich wie das Natürliche und das Per- ſönliche im Menſchen.“ u. ſ. w. — Man wird nicht beſtreiten können, daß dieſe Erklärung mit dem Sinne, welchem bisher Wiſſenſchaft und Sprache des gewöhnlichen Lebens dem Worte Unternehmen (Unternehmung) beigelegt haben, nicht im Einklange ſteht, und es wäre daher wünſchenswerth gewe- ſen, daß Stein zur Bezeichnung des von ihm ſehr richtig erkannten Gegen- ſatzes des natürlichen und des perſönlichen Elements in der productiven Thätigkeit des Einzelnen ein anderes Wort gewählt hätte. 11 *

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/175>, abgerufen am 28.03.2024.