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Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855.

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einen Erwerb machen; noch später wird eine selbständige Be-
schäftigung daraus, für welche man sich besonders bildet, und
die sich für jede Bestellung bereit hält; endlich tritt das moderne
Virtuosenthum hervor, welches durchaus das Wesen einer voll-
kommenen Unternehmung hat, nicht mehr auf Bestellungen war-
tet, sondern das Publicum zu seinen Leistungen heranruft 1).
Doch zeigt sich auch hier schließlich, wie bei den Gewerben und
beim Handel, häufig ein Umschlag, indem Production und Unter-
nehmung sich trennt (man denke an die von Barnum und Andern
in Contract genommenen Sängerinnen und Schauspielerinnen).
Viele persönliche Dienstleistungen verharren indeß auch auf den
früheren Productionsstadien. Eine ganze Reihe derselben erhält
ihren hauptsächlichsten Werth durch die liebevolle Gesinnung, aus
der sie hervorgehen, und ist daher naturgemäß dem Gebiete
der Hauswirthschaft zugewiesen; andere kommen zu selten vor,
um den Gegenstand einer Unternehmung zu bilden, noch andere
dienen Bedürfnissen, die nicht beliebig erweckt werden können,
wie der Dienst des Barbiers, des Arztes, des Advocaten, und
können daher keine höhere Form annehmen als die der unvoll-
kommenen Unternehmung; für solche persönliche Dienstleistungen,
nach denen das Bedürfniß ein stetig wiederkehrendes ist, ohne
daß sie dem Kreise der Eigenwirthschaft zufallen, ist die Form
der Uebernehmung die gebräuchliche. Hierzu gehören namentlich
die Dienste, welche der Staat, die Gemeinde u. s. w. nicht un-
mittelbar von ihren Bürgern, sondern durch besoldete Beamte
besorgen läßt.

1) Auch wohl den Zuhörern, wenn sie sich nicht zahlreich eingefunden
haben, ein Abendessen anbietet, wie es nach Berlioz's Soirees de l'orchestre,
Lißt und Rubini in einer kleinen Stadt Frankreichs machten, als sie trotz
ihrer berühmten Namen nur spärliche Zuhörer in ihr Concert gelockt hatten.

einen Erwerb machen; noch ſpaͤter wird eine ſelbſtaͤndige Be-
ſchaͤftigung daraus, fuͤr welche man ſich beſonders bildet, und
die ſich fuͤr jede Beſtellung bereit haͤlt; endlich tritt das moderne
Virtuoſenthum hervor, welches durchaus das Weſen einer voll-
kommenen Unternehmung hat, nicht mehr auf Beſtellungen war-
tet, ſondern das Publicum zu ſeinen Leiſtungen heranruft 1).
Doch zeigt ſich auch hier ſchließlich, wie bei den Gewerben und
beim Handel, haͤufig ein Umſchlag, indem Production und Unter-
nehmung ſich trennt (man denke an die von Barnum und Andern
in Contract genommenen Saͤngerinnen und Schauſpielerinnen).
Viele perſoͤnliche Dienſtleiſtungen verharren indeß auch auf den
fruͤheren Productionsſtadien. Eine ganze Reihe derſelben erhaͤlt
ihren hauptſaͤchlichſten Werth durch die liebevolle Geſinnung, aus
der ſie hervorgehen, und iſt daher naturgemaͤß dem Gebiete
der Hauswirthſchaft zugewieſen; andere kommen zu ſelten vor,
um den Gegenſtand einer Unternehmung zu bilden, noch andere
dienen Beduͤrfniſſen, die nicht beliebig erweckt werden koͤnnen,
wie der Dienſt des Barbiers, des Arztes, des Advocaten, und
koͤnnen daher keine hoͤhere Form annehmen als die der unvoll-
kommenen Unternehmung; fuͤr ſolche perſoͤnliche Dienſtleiſtungen,
nach denen das Beduͤrfniß ein ſtetig wiederkehrendes iſt, ohne
daß ſie dem Kreiſe der Eigenwirthſchaft zufallen, iſt die Form
der Uebernehmung die gebraͤuchliche. Hierzu gehoͤren namentlich
die Dienſte, welche der Staat, die Gemeinde u. ſ. w. nicht un-
mittelbar von ihren Buͤrgern, ſondern durch beſoldete Beamte
beſorgen laͤßt.

1) Auch wohl den Zuhörern, wenn ſie ſich nicht zahlreich eingefunden
haben, ein Abendeſſen anbietet, wie es nach Berlioz’s Soirées de l’orchestre,
Liſzt und Rubini in einer kleinen Stadt Frankreichs machten, als ſie trotz
ihrer berühmten Namen nur ſpärliche Zuhörer in ihr Concert gelockt hatten.
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[79/0091] einen Erwerb machen; noch ſpaͤter wird eine ſelbſtaͤndige Be- ſchaͤftigung daraus, fuͤr welche man ſich beſonders bildet, und die ſich fuͤr jede Beſtellung bereit haͤlt; endlich tritt das moderne Virtuoſenthum hervor, welches durchaus das Weſen einer voll- kommenen Unternehmung hat, nicht mehr auf Beſtellungen war- tet, ſondern das Publicum zu ſeinen Leiſtungen heranruft 1). Doch zeigt ſich auch hier ſchließlich, wie bei den Gewerben und beim Handel, haͤufig ein Umſchlag, indem Production und Unter- nehmung ſich trennt (man denke an die von Barnum und Andern in Contract genommenen Saͤngerinnen und Schauſpielerinnen). Viele perſoͤnliche Dienſtleiſtungen verharren indeß auch auf den fruͤheren Productionsſtadien. Eine ganze Reihe derſelben erhaͤlt ihren hauptſaͤchlichſten Werth durch die liebevolle Geſinnung, aus der ſie hervorgehen, und iſt daher naturgemaͤß dem Gebiete der Hauswirthſchaft zugewieſen; andere kommen zu ſelten vor, um den Gegenſtand einer Unternehmung zu bilden, noch andere dienen Beduͤrfniſſen, die nicht beliebig erweckt werden koͤnnen, wie der Dienſt des Barbiers, des Arztes, des Advocaten, und koͤnnen daher keine hoͤhere Form annehmen als die der unvoll- kommenen Unternehmung; fuͤr ſolche perſoͤnliche Dienſtleiſtungen, nach denen das Beduͤrfniß ein ſtetig wiederkehrendes iſt, ohne daß ſie dem Kreiſe der Eigenwirthſchaft zufallen, iſt die Form der Uebernehmung die gebraͤuchliche. Hierzu gehoͤren namentlich die Dienſte, welche der Staat, die Gemeinde u. ſ. w. nicht un- mittelbar von ihren Buͤrgern, ſondern durch beſoldete Beamte beſorgen laͤßt. 1) Auch wohl den Zuhörern, wenn ſie ſich nicht zahlreich eingefunden haben, ein Abendeſſen anbietet, wie es nach Berlioz’s Soirées de l’orchestre, Liſzt und Rubini in einer kleinen Stadt Frankreichs machten, als ſie trotz ihrer berühmten Namen nur ſpärliche Zuhörer in ihr Concert gelockt hatten.

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Zitationshilfe: Mangoldt, Hans von: Die Lehre vom Unternehmergewinn. Leipzig, 1855, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mangoldt_unternehmergewinn_1855/91>, abgerufen am 28.03.2024.