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Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige Handels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717.

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Bitt-Klag-Trost-Verweis-Handes-
XXI. Trost-Schreiben an einen in
Unglück und abnehmender Nahrung

gerahtenen Kauffmann.
Mein Herr!

ES ist mir der Verlust/ welcher ihm in seiner
Handlung durch das Sincken zweyer reich-be-
ladenen Schiffe zugestossen/ so bald nicht zu Ohren
gekommen/ als ich aus Freundschafft und Pflicht mich
schuldig erachtet/ demselben gegenwärtige Trost-Zei-
len zuzuschreiben/ um sein (wie ich mir leicht vorstellen
kan) in das Sorgen-Meer über diesen grossen Scha-
den mit versunckenes Gemüht wieder aufzurichten/
und mit den Worten des Hiobs einen Trost einzu-
sprechen: daß der GOtt/ der es gegeben/ es auch wie-
der genommen habe/ durch seine unverkürtzte Hand
aber zu einer andern Zeit den Schaden reichlich wie-
der ersetzen könne; Jmmassen dann dergleichen Un-
glücks-Fälle vielmahls heilsame und zu unsern Be-
sten abziehlende göttliche Verhängnisse seyn/ welche
bald erhöhen/ bald erniedrigen/ bald reich/ bald arm
machen/ um in beyden Fällen der Menschen ihre Con-
tenence
zu sehen/ und auf die Probe zu stellen; Mein
Herr mache/ daß die Seinige also möge beschaffen
seyn/ daß/ wie ihm sein ehemahliges Glück nicht stoltz
gemacht/ also auch seyn Unglück ihn nicht niederschla-
ge/ sondern/ daß derselbe/ als ein unbeweglicher Fels
ad utrumqve paratus möge erfunden werden: was
die See genommen/ kan sie zu einer andern Zeit wie-
der mit reichen Gewinn ersetzen: Der Kauffleute
Gut/ ist wie Ebb und Fluht/ und so ja ein Stand in
der Welt Ursache zu sagen hat: Nemo ante obitum
beatus,
es sey niemand vor seinem Tode glücklich zu

schä-
Bitt-Klag-Troſt-Verweis-Handes-
XXI. Troſt-Schreiben an einen in
Ungluͤck und abnehmender Nahrung

gerahtenen Kauffmann.
Mein Herr!

ES iſt mir der Verluſt/ welcher ihm in ſeiner
Handlung durch das Sincken zweyer reich-be-
ladenen Schiffe zugeſtoſſen/ ſo bald nicht zu Ohren
gekommen/ als ich aus Freundſchafft und Pflicht mich
ſchuldig erachtet/ demſelben gegenwaͤrtige Troſt-Zei-
len zuzuſchreiben/ um ſein (wie ich mir leicht vorſtellen
kan) in das Sorgen-Meer uͤber dieſen groſſen Scha-
den mit verſunckenes Gemuͤht wieder aufzurichten/
und mit den Worten des Hiobs einen Troſt einzu-
ſprechen: daß der GOtt/ der es gegeben/ es auch wie-
der genommen habe/ durch ſeine unverkuͤrtzte Hand
aber zu einer andern Zeit den Schaden reichlich wie-
der erſetzen koͤnne; Jmmaſſen dann dergleichen Un-
gluͤcks-Faͤlle vielmahls heilſame und zu unſern Be-
ſten abziehlende goͤttliche Verhaͤngniſſe ſeyn/ welche
bald erhoͤhen/ bald erniedrigen/ bald reich/ bald arm
machen/ um in beyden Faͤllen der Menſchen ihre Con-
tenence
zu ſehen/ und auf die Probe zu ſtellen; Mein
Herr mache/ daß die Seinige alſo moͤge beſchaffen
ſeyn/ daß/ wie ihm ſein ehemahliges Gluͤck nicht ſtoltz
gemacht/ alſo auch ſeyn Ungluͤck ihn nicht niederſchla-
ge/ ſondern/ daß derſelbe/ als ein unbeweglicher Fels
ad utrumqve paratus moͤge erfunden werden: was
die See genommen/ kan ſie zu einer andern Zeit wie-
der mit reichen Gewinn erſetzen: Der Kauffleute
Gut/ iſt wie Ebb und Fluht/ und ſo ja ein Stand in
der Welt Urſache zu ſagen hat: Nemo ante obitum
beatus,
es ſey niemand vor ſeinem Tode gluͤcklich zu

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[780/0796] Bitt-Klag-Troſt-Verweis-Handes- XXI. Troſt-Schreiben an einen in Ungluͤck und abnehmender Nahrung gerahtenen Kauffmann. Mein Herr! ES iſt mir der Verluſt/ welcher ihm in ſeiner Handlung durch das Sincken zweyer reich-be- ladenen Schiffe zugeſtoſſen/ ſo bald nicht zu Ohren gekommen/ als ich aus Freundſchafft und Pflicht mich ſchuldig erachtet/ demſelben gegenwaͤrtige Troſt-Zei- len zuzuſchreiben/ um ſein (wie ich mir leicht vorſtellen kan) in das Sorgen-Meer uͤber dieſen groſſen Scha- den mit verſunckenes Gemuͤht wieder aufzurichten/ und mit den Worten des Hiobs einen Troſt einzu- ſprechen: daß der GOtt/ der es gegeben/ es auch wie- der genommen habe/ durch ſeine unverkuͤrtzte Hand aber zu einer andern Zeit den Schaden reichlich wie- der erſetzen koͤnne; Jmmaſſen dann dergleichen Un- gluͤcks-Faͤlle vielmahls heilſame und zu unſern Be- ſten abziehlende goͤttliche Verhaͤngniſſe ſeyn/ welche bald erhoͤhen/ bald erniedrigen/ bald reich/ bald arm machen/ um in beyden Faͤllen der Menſchen ihre Con- tenence zu ſehen/ und auf die Probe zu ſtellen; Mein Herr mache/ daß die Seinige alſo moͤge beſchaffen ſeyn/ daß/ wie ihm ſein ehemahliges Gluͤck nicht ſtoltz gemacht/ alſo auch ſeyn Ungluͤck ihn nicht niederſchla- ge/ ſondern/ daß derſelbe/ als ein unbeweglicher Fels ad utrumqve paratus moͤge erfunden werden: was die See genommen/ kan ſie zu einer andern Zeit wie- der mit reichen Gewinn erſetzen: Der Kauffleute Gut/ iſt wie Ebb und Fluht/ und ſo ja ein Stand in der Welt Urſache zu ſagen hat: Nemo ante obitum beatus, es ſey niemand vor ſeinem Tode gluͤcklich zu ſchaͤ-

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Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige Handels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717, S. 780. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_correspondent_1717/796>, abgerufen am 28.03.2024.