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Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige Handels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717.

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Von gestrandeten Gut/ Berg-Lohn/ etc.
I. Von gestrandeten Gut/ und dessen
Berg-Lohn.
Mein Herr!

DAß derselbe bey diesem schlimmen Herbst-Wet-
ter so unglücklich gewesen/ eines seiner reich be-
ladenen von Spanien zurückkommenden Schiffe/
nicht weit von der Elbe zu verlieren/ und also des schon
fest eingebildeten Gewinnst verlüstig zu gehen/ ist mir
hertzlich leid/ am meisten aber setzt mich in Bestürtzung/
daß da noch eine ziemliche Partey von den Gütern ge-
borgen worden/ die Obrigkeit und Bewohner dessel-
ben Strandes/ an welchen das Schiff zerscheitert/
praetendiren/ daß solche geborgne Güter ihnen gantz
oder doch meistentheils heimgefallen seyn/ welches mei-
nem Bedüncken nach/ ob es wol auch an vielen andern
Orten gebräuchlich/ etwas grausames/ Barbari-
sches/ und der gemeinen Rechts- und Tugend-Regul/
daß man den Betrübten nicht soll mehr Betrübniß
machen/ zuwider lauffendes Ding ist/ dann seyn die
armen aus dem Schiffbruch erretteten Leute nur dar-
um kümmerlich den Wellen entkommen/ daß sie jetzo
ihre Güter in anderer Leute Händen/ die nichts davor
bezahlet/ sehen sollen/ haben sie den in der offenbahren
See sie anfallenden Feind/ mit Darsetzung Leib und
Lebens ritterlich abgehalten/ daß jetzt diejenigen/ die
sich vor Freunde ausgeben/ durch solche so theur be-
schützte Güter sollen bereichert werden. Was soll
diese Art vom Kriege/ oder vielmehr von Raub und
Plünderung in Friedens-Zeiten/ bedeuten? wollen
die Menschen in Verfolgung unglückseeliger Schiff-
bruch leidender dem wütenden See-Element an Grau-
samkeit nichts nachgeben? soll ungerechtes Gut/ das

nicht
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Von geſtrandeten Gut/ Berg-Lohn/ ꝛc.
I. Von geſtrandeten Gut/ und deſſen
Berg-Lohn.
Mein Herr!

DAß derſelbe bey dieſem ſchlimmen Herbſt-Wet-
ter ſo ungluͤcklich geweſen/ eines ſeiner reich be-
ladenen von Spanien zuruͤckkommenden Schiffe/
nicht weit von der Elbe zu verlieren/ und alſo des ſchon
feſt eingebildeten Gewinnſt verluͤſtig zu gehen/ iſt mir
hertzlich leid/ am meiſten aber ſetzt mich in Beſtuͤrtzung/
daß da noch eine ziemliche Partey von den Guͤtern ge-
borgen worden/ die Obrigkeit und Bewohner deſſel-
ben Strandes/ an welchen das Schiff zerſcheitert/
prætendiren/ daß ſolche geborgne Guͤter ihnen gantz
oder doch meiſtentheils heimgefallen ſeyn/ welches mei-
nem Beduͤncken nach/ ob es wol auch an vielen andern
Orten gebraͤuchlich/ etwas grauſames/ Barbari-
ſches/ und der gemeinen Rechts- und Tugend-Regul/
daß man den Betruͤbten nicht ſoll mehr Betruͤbniß
machen/ zuwider lauffendes Ding iſt/ dann ſeyn die
armen aus dem Schiffbruch erretteten Leute nur dar-
um kuͤmmerlich den Wellen entkommen/ daß ſie jetzo
ihre Guͤter in anderer Leute Haͤnden/ die nichts davor
bezahlet/ ſehen ſollen/ haben ſie den in der offenbahren
See ſie anfallenden Feind/ mit Darſetzung Leib und
Lebens ritterlich abgehalten/ daß jetzt diejenigen/ die
ſich vor Freunde ausgeben/ durch ſolche ſo theur be-
ſchuͤtzte Guͤter ſollen bereichert werden. Was ſoll
dieſe Art vom Kriege/ oder vielmehr von Raub und
Pluͤnderung in Friedens-Zeiten/ bedeuten? wollen
die Menſchen in Verfolgung ungluͤckſeeliger Schiff-
bruch leidender dem wuͤtenden See-Element an Gꝛau-
ſamkeit nichts nachgeben? ſoll ungerechtes Gut/ das

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[807/0823] Von geſtrandeten Gut/ Berg-Lohn/ ꝛc. I. Von geſtrandeten Gut/ und deſſen Berg-Lohn. Mein Herr! DAß derſelbe bey dieſem ſchlimmen Herbſt-Wet- ter ſo ungluͤcklich geweſen/ eines ſeiner reich be- ladenen von Spanien zuruͤckkommenden Schiffe/ nicht weit von der Elbe zu verlieren/ und alſo des ſchon feſt eingebildeten Gewinnſt verluͤſtig zu gehen/ iſt mir hertzlich leid/ am meiſten aber ſetzt mich in Beſtuͤrtzung/ daß da noch eine ziemliche Partey von den Guͤtern ge- borgen worden/ die Obrigkeit und Bewohner deſſel- ben Strandes/ an welchen das Schiff zerſcheitert/ prætendiren/ daß ſolche geborgne Guͤter ihnen gantz oder doch meiſtentheils heimgefallen ſeyn/ welches mei- nem Beduͤncken nach/ ob es wol auch an vielen andern Orten gebraͤuchlich/ etwas grauſames/ Barbari- ſches/ und der gemeinen Rechts- und Tugend-Regul/ daß man den Betruͤbten nicht ſoll mehr Betruͤbniß machen/ zuwider lauffendes Ding iſt/ dann ſeyn die armen aus dem Schiffbruch erretteten Leute nur dar- um kuͤmmerlich den Wellen entkommen/ daß ſie jetzo ihre Guͤter in anderer Leute Haͤnden/ die nichts davor bezahlet/ ſehen ſollen/ haben ſie den in der offenbahren See ſie anfallenden Feind/ mit Darſetzung Leib und Lebens ritterlich abgehalten/ daß jetzt diejenigen/ die ſich vor Freunde ausgeben/ durch ſolche ſo theur be- ſchuͤtzte Guͤter ſollen bereichert werden. Was ſoll dieſe Art vom Kriege/ oder vielmehr von Raub und Pluͤnderung in Friedens-Zeiten/ bedeuten? wollen die Menſchen in Verfolgung ungluͤckſeeliger Schiff- bruch leidender dem wuͤtenden See-Element an Gꝛau- ſamkeit nichts nachgeben? ſoll ungerechtes Gut/ das nicht E e e 4

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Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige Handels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717, S. 807. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_correspondent_1717/823>, abgerufen am 24.04.2024.