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Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige Handels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717.

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Arten der Briefe.
daß insonderheit unsere Teutsche Contoiristen mey-
nen/ daß sie keine verständige Zeile in den Brief
schreiben können/ wo sie nicht allerhand fremde/ un-
gereimte/ und bey den Haaren herbey gezogene/ Latei-
nische/ Frantzösische oder Jtaliänische Wörter mit
einmengen; Jnsonderheit/ wo sie einen Monat 2 a 3
bey einem Sprach-Meister gewesen/ und etwan aus
dem Nomenclatore, oder eines andern Phantasten
zugeschriebenen Briefe/ ein fremdes Wort erschnap-
pet haben; Da muß es gleich heissen: Monsieur, Des-
sen agreables vom 6. corrente ist wohl ricapitiret/
ich habe aus dessen Contenu meines Herrn Opinion
zur Gnüge penetriret/ werde auch nicht manqui-
ren/ daß die proponirte Negotie glücklich reussi-
re; Welches alles zu Teutsch hätte also gegeben wer-
den können: Mein Herr/ dessen angenehmes vom
6ten dieses habe wohl erhalten/ und aus dessen Jn-
halt des Herrn Meynung wegen der vorgeschlagenen
Handlung ersehen/ was ich meines Orts werde da-
zu helffen und beytragen können/ soll mit höchstem
Fleiß geschehen/ etc. Jch muß bekennen/ daß/ da mir
die meisten Sprachen Europae bekandt/ ich eine Ehre
davon mache/ einen reinen Teutschen Brief zu schrei-
ben/ ausser wo mich die Nohtwendigkeit zwinget/ ein
fremdes Wort/ welches im Teutschen nicht füglich
kan exprimiret werden/ aus einer fremden Sprache
anzuführen: Und zwar geschiehet das billig unserer
Teutschen Helden-Sprache zu Ehren/ als welche an
sich selbst so vollkommen/ daß wir nicht nöthig haben/
selbige mit fremden Flick-Wörtern zu beflecken/ mit
ausländischen Anstrich zu beschmincken/ oder mit
dem Frantzösisch-Jtaliänisch- und Lateinischen Bett-
lers-Mantel zu verhüllen; da wir uns doch sonst der

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Arten der Briefe.
daß inſonderheit unſere Teutſche Contoiriſten mey-
nen/ daß ſie keine verſtaͤndige Zeile in den Brief
ſchreiben koͤnnen/ wo ſie nicht allerhand fremde/ un-
gereimte/ und bey den Haaren herbey gezogene/ Latei-
niſche/ Frantzoͤſiſche oder Jtaliaͤniſche Woͤrter mit
einmengen; Jnſonderheit/ wo ſie einen Monat 2 à 3
bey einem Sprach-Meiſter geweſen/ und etwan aus
dem Nomenclatore, oder eines andern Phantaſten
zugeſchriebenen Briefe/ ein fremdes Wort erſchnap-
pet haben; Da muß es gleich heiſſen: Monſieur, Deſ-
ſen agreables vom 6. corrente iſt wohl ricapitiret/
ich habe aus deſſen Contenu meines Herrn Opinion
zur Gnuͤge penetriret/ werde auch nicht manqui-
ren/ daß die proponirte Negotie gluͤcklich reuſſi-
re; Welches alles zu Teutſch haͤtte alſo gegeben wer-
den koͤnnen: Mein Herr/ deſſen angenehmes vom
6ten dieſes habe wohl erhalten/ und aus deſſen Jn-
halt des Herrn Meynung wegen der vorgeſchlagenen
Handlung erſehen/ was ich meines Orts werde da-
zu helffen und beytragen koͤnnen/ ſoll mit hoͤchſtem
Fleiß geſchehen/ ꝛc. Jch muß bekennen/ daß/ da mir
die meiſten Sprachen Europæ bekandt/ ich eine Ehre
davon mache/ einen reinen Teutſchen Brief zu ſchrei-
ben/ auſſer wo mich die Nohtwendigkeit zwinget/ ein
fremdes Wort/ welches im Teutſchen nicht fuͤglich
kan exprimiret werden/ aus einer fremden Sprache
anzufuͤhren: Und zwar geſchiehet das billig unſerer
Teutſchen Helden-Sprache zu Ehren/ als welche an
ſich ſelbſt ſo vollkommen/ daß wir nicht noͤthig haben/
ſelbige mit fremden Flick-Woͤrtern zu beflecken/ mit
auslaͤndiſchen Anſtrich zu beſchmincken/ oder mit
dem Frantzoͤſiſch-Jtaliaͤniſch- und Lateiniſchen Bett-
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[41/0061] Arten der Briefe. daß inſonderheit unſere Teutſche Contoiriſten mey- nen/ daß ſie keine verſtaͤndige Zeile in den Brief ſchreiben koͤnnen/ wo ſie nicht allerhand fremde/ un- gereimte/ und bey den Haaren herbey gezogene/ Latei- niſche/ Frantzoͤſiſche oder Jtaliaͤniſche Woͤrter mit einmengen; Jnſonderheit/ wo ſie einen Monat 2 à 3 bey einem Sprach-Meiſter geweſen/ und etwan aus dem Nomenclatore, oder eines andern Phantaſten zugeſchriebenen Briefe/ ein fremdes Wort erſchnap- pet haben; Da muß es gleich heiſſen: Monſieur, Deſ- ſen agreables vom 6. corrente iſt wohl ricapitiret/ ich habe aus deſſen Contenu meines Herrn Opinion zur Gnuͤge penetriret/ werde auch nicht manqui- ren/ daß die proponirte Negotie gluͤcklich reuſſi- re; Welches alles zu Teutſch haͤtte alſo gegeben wer- den koͤnnen: Mein Herr/ deſſen angenehmes vom 6ten dieſes habe wohl erhalten/ und aus deſſen Jn- halt des Herrn Meynung wegen der vorgeſchlagenen Handlung erſehen/ was ich meines Orts werde da- zu helffen und beytragen koͤnnen/ ſoll mit hoͤchſtem Fleiß geſchehen/ ꝛc. Jch muß bekennen/ daß/ da mir die meiſten Sprachen Europæ bekandt/ ich eine Ehre davon mache/ einen reinen Teutſchen Brief zu ſchrei- ben/ auſſer wo mich die Nohtwendigkeit zwinget/ ein fremdes Wort/ welches im Teutſchen nicht fuͤglich kan exprimiret werden/ aus einer fremden Sprache anzufuͤhren: Und zwar geſchiehet das billig unſerer Teutſchen Helden-Sprache zu Ehren/ als welche an ſich ſelbſt ſo vollkommen/ daß wir nicht noͤthig haben/ ſelbige mit fremden Flick-Woͤrtern zu beflecken/ mit auslaͤndiſchen Anſtrich zu beſchmincken/ oder mit dem Frantzoͤſiſch-Jtaliaͤniſch- und Lateiniſchen Bett- lers-Mantel zu verhuͤllen; da wir uns doch ſonſt der Lum- C 5

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Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Der allzeit-fertige Handels-Correspondent. 4. Aufl. Hamburg, 1717, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_correspondent_1717/61>, abgerufen am 25.04.2024.