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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Drittes Buch. Drittes Hauptstück.
§. 76.
Von der Policey über Fremde.

Mit dem Recht der höchsten Aussicht ist das Recht
alle diejenigen Nachforschungen, Gesetze und Anordnungen
zu machen, welche auf die Erhaltung der inneren Sicher-
heit, Ruhe und Ordnung im allgemeinen abzwecken, oder
das Recht der Policey genau verbunden. Und da auch
Fremde diesem Zweck nicht entgegen handeln dürfen, so
sind sie, und selbst diejenigen unter ihnen, welche sich der
Exterritorialität zu erfreuen haben, verbunden, die dahin
abzielende Verordnungen a) zu beobachten, wenn schon ge-
gen letztere im Uebertretungsfall nicht immer so wie gegen
die übrigen Fremden und Eingebohrne des Landes verfah-
ren werden kann.

a) Z. B. Verboth des Fahrens mit Fackeln; schwedische V. vom
28. Sept. 1748. in Modee Utdrag T. IV. p. 2799. Verboth
öffentlicher Lustbarkeiten, Bälle u. s. f in Fasten Zeiten; nur
wenn das Polizey-Gesetz in die Ausübung der gesandschaftlichen
Functionen, z. B. Präcedenz Einfluß hätte, kann die Sache
zweifelhafter werden; s. ein merkwürdiges Beyspiel in memoires
d'Estrades T. II. p.
445.
§. 77.
Von der Sorge für die Ehre der Fremden in und
außerhalb Landes
.

Auch dahin hat unter unzähligen andren Puncten die
Policey zu wachen, daß nicht durch beleidigende Gerüchte,
Druckschriften u. s. f. die Ehre, nicht nur der im Lande be-
findlichen Fremden, welche ohnehin des Schutzes des Staats
genießen, sondern auch auswärtiger Regenten und ihrer
Unterthanen ungestraft angetastet werde. Und diese Pflicht
wird auch von freundschaftlichen Mächten anerkannt, und
theils von freyen Stücken, theils auf desfalls geführte Be-
schwerde erfüllet a). Doch können auswärtige hierinn nicht
mehr verlangen, als nach der Verfassung des Landes ge-
schehn könnte, wenn der Fall den eigenen Souverain oder

dessen
Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
§. 76.
Von der Policey uͤber Fremde.

Mit dem Recht der hoͤchſten Auſſicht iſt das Recht
alle diejenigen Nachforſchungen, Geſetze und Anordnungen
zu machen, welche auf die Erhaltung der inneren Sicher-
heit, Ruhe und Ordnung im allgemeinen abzwecken, oder
das Recht der Policey genau verbunden. Und da auch
Fremde dieſem Zweck nicht entgegen handeln duͤrfen, ſo
ſind ſie, und ſelbſt diejenigen unter ihnen, welche ſich der
Exterritorialitaͤt zu erfreuen haben, verbunden, die dahin
abzielende Verordnungen a) zu beobachten, wenn ſchon ge-
gen letztere im Uebertretungsfall nicht immer ſo wie gegen
die uͤbrigen Fremden und Eingebohrne des Landes verfah-
ren werden kann.

a) Z. B. Verboth des Fahrens mit Fackeln; ſchwediſche V. vom
28. Sept. 1748. in Modee Utdrag T. IV. p. 2799. Verboth
oͤffentlicher Luſtbarkeiten, Baͤlle u. ſ. f in Faſten Zeiten; nur
wenn das Polizey-Geſetz in die Ausuͤbung der geſandſchaftlichen
Functionen, z. B. Praͤcedenz Einfluß haͤtte, kann die Sache
zweifelhafter werden; ſ. ein merkwuͤrdiges Beyſpiel in memoires
d’Estrades T. II. p.
445.
§. 77.
Von der Sorge fuͤr die Ehre der Fremden in und
außerhalb Landes
.

Auch dahin hat unter unzaͤhligen andren Puncten die
Policey zu wachen, daß nicht durch beleidigende Geruͤchte,
Druckſchriften u. ſ. f. die Ehre, nicht nur der im Lande be-
findlichen Fremden, welche ohnehin des Schutzes des Staats
genießen, ſondern auch auswaͤrtiger Regenten und ihrer
Unterthanen ungeſtraft angetaſtet werde. Und dieſe Pflicht
wird auch von freundſchaftlichen Maͤchten anerkannt, und
theils von freyen Stuͤcken, theils auf desfalls gefuͤhrte Be-
ſchwerde erfuͤllet a). Doch koͤnnen auswaͤrtige hierinn nicht
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[98/0126] Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck. §. 76. Von der Policey uͤber Fremde. Mit dem Recht der hoͤchſten Auſſicht iſt das Recht alle diejenigen Nachforſchungen, Geſetze und Anordnungen zu machen, welche auf die Erhaltung der inneren Sicher- heit, Ruhe und Ordnung im allgemeinen abzwecken, oder das Recht der Policey genau verbunden. Und da auch Fremde dieſem Zweck nicht entgegen handeln duͤrfen, ſo ſind ſie, und ſelbſt diejenigen unter ihnen, welche ſich der Exterritorialitaͤt zu erfreuen haben, verbunden, die dahin abzielende Verordnungen a) zu beobachten, wenn ſchon ge- gen letztere im Uebertretungsfall nicht immer ſo wie gegen die uͤbrigen Fremden und Eingebohrne des Landes verfah- ren werden kann. a⁾ Z. B. Verboth des Fahrens mit Fackeln; ſchwediſche V. vom 28. Sept. 1748. in Modee Utdrag T. IV. p. 2799. Verboth oͤffentlicher Luſtbarkeiten, Baͤlle u. ſ. f in Faſten Zeiten; nur wenn das Polizey-Geſetz in die Ausuͤbung der geſandſchaftlichen Functionen, z. B. Praͤcedenz Einfluß haͤtte, kann die Sache zweifelhafter werden; ſ. ein merkwuͤrdiges Beyſpiel in memoires d’Estrades T. II. p. 445. §. 77. Von der Sorge fuͤr die Ehre der Fremden in und außerhalb Landes. Auch dahin hat unter unzaͤhligen andren Puncten die Policey zu wachen, daß nicht durch beleidigende Geruͤchte, Druckſchriften u. ſ. f. die Ehre, nicht nur der im Lande be- findlichen Fremden, welche ohnehin des Schutzes des Staats genießen, ſondern auch auswaͤrtiger Regenten und ihrer Unterthanen ungeſtraft angetaſtet werde. Und dieſe Pflicht wird auch von freundſchaftlichen Maͤchten anerkannt, und theils von freyen Stuͤcken, theils auf desfalls gefuͤhrte Be- ſchwerde erfuͤllet a). Doch koͤnnen auswaͤrtige hierinn nicht mehr verlangen, als nach der Verfaſſung des Landes ge- ſchehn koͤnnte, wenn der Fall den eigenen Souverain oder deſſen

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/126>, abgerufen am 19.04.2024.