So hat zwar auch ein Staat kein vollkommnes Recht von dem andren zu fordern, daß er die von ihm gegebe- nen Gesetze und Verordnungen öffentlich bekannt mache, oder die Einrückung derselben in die Zeitungen u. s. f. gestatte; doch wird, sowohl unter den Europäischen als den Teutschen Staaten unter einander, ein solches Gesuch nicht leicht ab- geschlagen, falls der Inhalt der Verordnungen nicht ihre Bekanntmachung bedenklich macht a).
a)Moser Versuch Th. VIII. S. 51.
§. 82. Privilegia.
Das Recht Privilegia zu ertheilen ist als ein An- hang der gesetzgebenden Gewalt anzusehn. Da jedes gün- stige Privilegium ein Recht des damit begnadigten, eine Verbindlichkeit aber für die welche es beobachten sollen ent- hält, so ergiebt sich hieraus wiefern sich das Recht Privi- legia zu ertheilen auf Fremde erstrecke. Da nemlich der Staat nur seinen Unterthanen Verbindlichkeiten auflegen kann, so kann er zwar Fremden Privilegia ertheilen, welche seine Unterthanen zu beobachten schuldig sind a), auch kann seyn, daß ein selbst einem Unterthanen ertheiltes Privile- gium sofern Auswärtigen entgegengesetzt werden kann, als diese vor den Gerichten des Privilegiirten sich nach den Verordnungen des Landes richten zu lassen verbunden sind. Außerhalb seines Gebiets kann hingegen kein Staat frem- den Unterthanen durch ertheilte Privilegia Verbindlichkei- ten auflegen, wenn ihn nicht etwa eine Staatsdienstbar- keit dazu berechtiget. Auffallend war es daher, wenn in mittleren Zeiten die Päbste und Kaiser b) so oft Privilegia in fremden Landen zu ertheilen versuchet haben. Jetzt be- schränkt sich das Recht des Pabsts nicht nur bloß auf geist- liche Gegenstände, sondern es ist auch hier fast eben den Beschränkungen der landesherrlichen Genehmigung als die
gesetzge-
Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
§. 81. Bekanntmachung der Geſetze.
So hat zwar auch ein Staat kein vollkommnes Recht von dem andren zu fordern, daß er die von ihm gegebe- nen Geſetze und Verordnungen oͤffentlich bekannt mache, oder die Einruͤckung derſelben in die Zeitungen u. ſ. f. geſtatte; doch wird, ſowohl unter den Europaͤiſchen als den Teutſchen Staaten unter einander, ein ſolches Geſuch nicht leicht ab- geſchlagen, falls der Inhalt der Verordnungen nicht ihre Bekanntmachung bedenklich macht a).
a)Moſer Verſuch Th. VIII. S. 51.
§. 82. Privilegia.
Das Recht Privilegia zu ertheilen iſt als ein An- hang der geſetzgebenden Gewalt anzuſehn. Da jedes guͤn- ſtige Privilegium ein Recht des damit begnadigten, eine Verbindlichkeit aber fuͤr die welche es beobachten ſollen ent- haͤlt, ſo ergiebt ſich hieraus wiefern ſich das Recht Privi- legia zu ertheilen auf Fremde erſtrecke. Da nemlich der Staat nur ſeinen Unterthanen Verbindlichkeiten auflegen kann, ſo kann er zwar Fremden Privilegia ertheilen, welche ſeine Unterthanen zu beobachten ſchuldig ſind a), auch kann ſeyn, daß ein ſelbſt einem Unterthanen ertheiltes Privile- gium ſofern Auswaͤrtigen entgegengeſetzt werden kann, als dieſe vor den Gerichten des Privilegiirten ſich nach den Verordnungen des Landes richten zu laſſen verbunden ſind. Außerhalb ſeines Gebiets kann hingegen kein Staat frem- den Unterthanen durch ertheilte Privilegia Verbindlichkei- ten auflegen, wenn ihn nicht etwa eine Staatsdienſtbar- keit dazu berechtiget. Auffallend war es daher, wenn in mittleren Zeiten die Paͤbſte und Kaiſer b) ſo oft Privilegia in fremden Landen zu ertheilen verſuchet haben. Jetzt be- ſchraͤnkt ſich das Recht des Pabſts nicht nur bloß auf geiſt- liche Gegenſtaͤnde, ſondern es iſt auch hier faſt eben den Beſchraͤnkungen der landesherrlichen Genehmigung als die
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Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
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So hat zwar auch ein Staat kein vollkommnes Recht
von dem andren zu fordern, daß er die von ihm gegebe-
nen Geſetze und Verordnungen oͤffentlich bekannt mache, oder
die Einruͤckung derſelben in die Zeitungen u. ſ. f. geſtatte;
doch wird, ſowohl unter den Europaͤiſchen als den Teutſchen
Staaten unter einander, ein ſolches Geſuch nicht leicht ab-
geſchlagen, falls der Inhalt der Verordnungen nicht ihre
Bekanntmachung bedenklich macht a).
a⁾ Moſer Verſuch Th. VIII. S. 51.
§. 82.
Privilegia.
Das Recht Privilegia zu ertheilen iſt als ein An-
hang der geſetzgebenden Gewalt anzuſehn. Da jedes guͤn-
ſtige Privilegium ein Recht des damit begnadigten, eine
Verbindlichkeit aber fuͤr die welche es beobachten ſollen ent-
haͤlt, ſo ergiebt ſich hieraus wiefern ſich das Recht Privi-
legia zu ertheilen auf Fremde erſtrecke. Da nemlich der
Staat nur ſeinen Unterthanen Verbindlichkeiten auflegen
kann, ſo kann er zwar Fremden Privilegia ertheilen, welche
ſeine Unterthanen zu beobachten ſchuldig ſind a), auch kann
ſeyn, daß ein ſelbſt einem Unterthanen ertheiltes Privile-
gium ſofern Auswaͤrtigen entgegengeſetzt werden kann, als
dieſe vor den Gerichten des Privilegiirten ſich nach den
Verordnungen des Landes richten zu laſſen verbunden ſind.
Außerhalb ſeines Gebiets kann hingegen kein Staat frem-
den Unterthanen durch ertheilte Privilegia Verbindlichkei-
ten auflegen, wenn ihn nicht etwa eine Staatsdienſtbar-
keit dazu berechtiget. Auffallend war es daher, wenn in
mittleren Zeiten die Paͤbſte und Kaiſer b) ſo oft Privilegia
in fremden Landen zu ertheilen verſuchet haben. Jetzt be-
ſchraͤnkt ſich das Recht des Pabſts nicht nur bloß auf geiſt-
liche Gegenſtaͤnde, ſondern es iſt auch hier faſt eben den
Beſchraͤnkungen der landesherrlichen Genehmigung als die
geſetzge-
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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/132>, abgerufen am 20.04.2024.
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