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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Drittes Buch. Drittes Hauptstück.
1742. 4. I. W. de Neumann ius priu. principum T. I. L. II. Tit.
9. p.
168.
e) Sehr sonderbar war es daher, wenn in mittleren Zeiten nicht
nur päbstliche, sondern selbst kaiserliche Notarien ihr Amt in
fremden Landen ausübten, s. du Fresne glosscrium unter dem W.
Notarius; Mascardus de probatiouibus Vol. II. Concl 926. n. 19.
Erst nach und nach waren diese Staaten bemühet, diesem Miß-
brauch Einhalt zu thun, und alle Amtsverrichtungen der kaiser-
lichen Notarien in ihren Landen zu verbieten, wie dieß Eng-
land
1320 s. Rymer federa T. III. S. 829. Schottland 1469
s. Pütter specim. iur. publ. medii aeui cap. XI. § 113. Frankreich
1490 gethan s. du Fresne a. a. O. Auch die Amtsverwaltun-
gen der päbstlichen Notarien sind jetzt in vielen Landen einge-
schränkt s. Stöber de notariis inuentaria conficientibus. Argentorati
1778. p.
16.
§. 86.
Verbot fremde Dienste zu nehmen.

Wiefern ein Staat seinen eigenen Unterthanen er-
lauben wolle in fremde Civil- oder Militairdienste zu treten,
hängt von seinem eigenen Ermessen ab, und sobald ein
Verbot der Art allgemein und nicht wider einen gewissen
Staat gerichtet ist, kann kein fremdes Volk sich hierüber
beschweren. Doch pflegt in Friedenszeiten nicht leicht im
allgemeinen den Unterthanen, welche noch nicht in Diensten
ihres Vaterlandes sind, untersagt zu werden, Civil- und
selbst Militärdienste bey Auswärtigen zu suchen a). Da
übrigens diese dadurch nicht aufhören Unterthanen ihres
Vaterlandes zu seyn, und mithin auch die Unterthanen-
Pflichten zu erfüllen verbunden sind, so behält der Staat
das Recht sie, im Nothfall zurückzuberufen, und insonder-
heit ihnen zu verbieten, wider ihr Vaterland zu dienen b).

a) S. jedoch z. B. die russische Verordnung von 1762. Moser
Versuch
Th. VI. S. 25.
b) Ob aber dieß noch anwendbar sey, wenn Unterthanen sich mit
ihren gesammten Gütern aus dem Lande begeben haben, hängt
von der oben berührten Frage ab, ob der Character eines Unter-
thanen indelebilis sey. Wo der Staat z. B. durch Erhebung der
Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
1742. 4. I. W. de Neumann ius priu. principum T. I. L. II. Tit.
9. p.
168.
e) Sehr ſonderbar war es daher, wenn in mittleren Zeiten nicht
nur paͤbſtliche, ſondern ſelbſt kaiſerliche Notarien ihr Amt in
fremden Landen ausuͤbten, ſ. du Fresne gloſſcrium unter dem W.
Notarius; Mascardus de probatiouibus Vol. II. Concl 926. n. 19.
Erſt nach und nach waren dieſe Staaten bemuͤhet, dieſem Miß-
brauch Einhalt zu thun, und alle Amtsverrichtungen der kaiſer-
lichen Notarien in ihren Landen zu verbieten, wie dieß Eng-
land
1320 ſ. Rymer federa T. III. S. 829. Schottland 1469
ſ. Pütter ſpecim. iur. publ. medii aeui cap. XI. § 113. Frankreich
1490 gethan ſ. du Fresne a. a. O. Auch die Amtsverwaltun-
gen der paͤbſtlichen Notarien ſind jetzt in vielen Landen einge-
ſchraͤnkt ſ. Stöber de notariis inuentaria conficientibus. Argentorati
1778. p.
16.
§. 86.
Verbot fremde Dienſte zu nehmen.

Wiefern ein Staat ſeinen eigenen Unterthanen er-
lauben wolle in fremde Civil- oder Militairdienſte zu treten,
haͤngt von ſeinem eigenen Ermeſſen ab, und ſobald ein
Verbot der Art allgemein und nicht wider einen gewiſſen
Staat gerichtet iſt, kann kein fremdes Volk ſich hieruͤber
beſchweren. Doch pflegt in Friedenszeiten nicht leicht im
allgemeinen den Unterthanen, welche noch nicht in Dienſten
ihres Vaterlandes ſind, unterſagt zu werden, Civil- und
ſelbſt Militaͤrdienſte bey Auswaͤrtigen zu ſuchen a). Da
uͤbrigens dieſe dadurch nicht aufhoͤren Unterthanen ihres
Vaterlandes zu ſeyn, und mithin auch die Unterthanen-
Pflichten zu erfuͤllen verbunden ſind, ſo behaͤlt der Staat
das Recht ſie, im Nothfall zuruͤckzuberufen, und inſonder-
heit ihnen zu verbieten, wider ihr Vaterland zu dienen b).

a) S. jedoch z. B. die ruſſiſche Verordnung von 1762. Moſer
Verſuch
Th. VI. S. 25.
b) Ob aber dieß noch anwendbar ſey, wenn Unterthanen ſich mit
ihren geſammten Guͤtern aus dem Lande begeben haben, haͤngt
von der oben beruͤhrten Frage ab, ob der Character eines Unter-
thanen indelebilis ſey. Wo der Staat z. B. durch Erhebung der
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[108/0136] Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck. d⁾ 1742. 4. I. W. de Neumann ius priu. principum T. I. L. II. Tit. 9. p. 168. e⁾ Sehr ſonderbar war es daher, wenn in mittleren Zeiten nicht nur paͤbſtliche, ſondern ſelbſt kaiſerliche Notarien ihr Amt in fremden Landen ausuͤbten, ſ. du Fresne gloſſcrium unter dem W. Notarius; Mascardus de probatiouibus Vol. II. Concl 926. n. 19. Erſt nach und nach waren dieſe Staaten bemuͤhet, dieſem Miß- brauch Einhalt zu thun, und alle Amtsverrichtungen der kaiſer- lichen Notarien in ihren Landen zu verbieten, wie dieß Eng- land 1320 ſ. Rymer federa T. III. S. 829. Schottland 1469 ſ. Pütter ſpecim. iur. publ. medii aeui cap. XI. § 113. Frankreich 1490 gethan ſ. du Fresne a. a. O. Auch die Amtsverwaltun- gen der paͤbſtlichen Notarien ſind jetzt in vielen Landen einge- ſchraͤnkt ſ. Stöber de notariis inuentaria conficientibus. Argentorati 1778. p. 16. §. 86. Verbot fremde Dienſte zu nehmen. Wiefern ein Staat ſeinen eigenen Unterthanen er- lauben wolle in fremde Civil- oder Militairdienſte zu treten, haͤngt von ſeinem eigenen Ermeſſen ab, und ſobald ein Verbot der Art allgemein und nicht wider einen gewiſſen Staat gerichtet iſt, kann kein fremdes Volk ſich hieruͤber beſchweren. Doch pflegt in Friedenszeiten nicht leicht im allgemeinen den Unterthanen, welche noch nicht in Dienſten ihres Vaterlandes ſind, unterſagt zu werden, Civil- und ſelbſt Militaͤrdienſte bey Auswaͤrtigen zu ſuchen a). Da uͤbrigens dieſe dadurch nicht aufhoͤren Unterthanen ihres Vaterlandes zu ſeyn, und mithin auch die Unterthanen- Pflichten zu erfuͤllen verbunden ſind, ſo behaͤlt der Staat das Recht ſie, im Nothfall zuruͤckzuberufen, und inſonder- heit ihnen zu verbieten, wider ihr Vaterland zu dienen b). a⁾ S. jedoch z. B. die ruſſiſche Verordnung von 1762. Moſer Verſuch Th. VI. S. 25. b⁾ Ob aber dieß noch anwendbar ſey, wenn Unterthanen ſich mit ihren geſammten Guͤtern aus dem Lande begeben haben, haͤngt von der oben beruͤhrten Frage ab, ob der Character eines Unter- thanen indelebilis ſey. Wo der Staat z. B. durch Erhebung der Abzugs-

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/136>, abgerufen am 19.04.2024.