Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Buch. Drittes Hauptstück.
b) Hieher rechnet man insonderheit die gerichtliche Aufnahme eines
Testaments. Zweifelhafter ist es hingegen ob eine Hypothek in
einem andren Gerichte, als dem, wo die Güter gelegen sind,
gültig bestellet werden könne, und die positive Verfassung eines
Landes, insonderheit die Frage: ob daselbst auch hypothecae
quasi publicae
gelten, scheint dabey mit in Betracht gezogen wer-
den zu müssen. C. Schweder de auctoritate publica ad pignoris seu
hypothecae constitutionem necessaria
. Tub.
1716. 4. in dessen diss.
T. II. p. 311. Puffendorff obsern. T. III. obs.
53. Struben
rechtl. Bedenken Th. I. n. 18. S. 49.
c) So wird z. B. einer vor der Obrigkeit errichteten oder legali-
sirten Vollmacht überall Glauben beygemessen; so ist bey Füh-
rung eines Processes für einen Minderjährigen in einem Lande
worin er weder wohnt noch Güter hat, hinreichend, daß wenn
er einen Curator hat, dessen Curatorium, oder wenn er für voll-
jährig erkläret worden, die darüber in seinem Wohnort ausge-
fertigte Urkunden beygebracht werde u. s. f.
§. 99.
Criminal-Gewalt.

Der Zweck des Staats erfordert wesentlich, daß die
höchste Gewalt das Recht habe die dem Staat und dessen
Mitgliedern nachtheiligen Handlungen zu verbieten, diesen Ge-
setzen durch Strafen Kraft zu geben, gegen Verbrecher Un-
tersuchungen anzustellen, sie zu richten und die Urtheile zu
vollziehn. Aus dem Inbegriff dieser Rechte besteht die
Criminal-Gewalt. Sie erstreckt sich über alle in dem
Staat befindliche Personen, sie seyn Eingebohrne oder Fremde.
Und wenn gleich fremde Fürsten und Gesandte ihr nicht so
wie die übrigen Fremden unterworfen sind, so kann doch
aus andren Gründen wider diese alles das geschehn, was
die Sicherheit des Staats erheischt, wie unten näher er-
hellen wird.

§. 100.
Von dem Recht fremde Verbrecher zu strafen, oder sie
zurück zu schicken.

Nicht diejenigen Fremden allein, welche in unsrem
Staat Verbrechen begingen, sondern auch diejenigen die,

nachdem
Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
b) Hieher rechnet man inſonderheit die gerichtliche Aufnahme eines
Teſtaments. Zweifelhafter iſt es hingegen ob eine Hypothek in
einem andren Gerichte, als dem, wo die Guͤter gelegen ſind,
guͤltig beſtellet werden koͤnne, und die poſitive Verfaſſung eines
Landes, inſonderheit die Frage: ob daſelbſt auch hypothecae
quaſi publicae
gelten, ſcheint dabey mit in Betracht gezogen wer-
den zu muͤſſen. C. Schweder de auctoritate publica ad pignoris ſeu
hypothecae conſtitutionem neceſſaria
. Tub.
1716. 4. in deſſen diſſ.
T. II. p. 311. Puffendorff obſern. T. III. obſ.
53. Struben
rechtl. Bedenken Th. I. n. 18. S. 49.
c) So wird z. B. einer vor der Obrigkeit errichteten oder legali-
ſirten Vollmacht uͤberall Glauben beygemeſſen; ſo iſt bey Fuͤh-
rung eines Proceſſes fuͤr einen Minderjaͤhrigen in einem Lande
worin er weder wohnt noch Guͤter hat, hinreichend, daß wenn
er einen Curator hat, deſſen Curatorium, oder wenn er fuͤr voll-
jaͤhrig erklaͤret worden, die daruͤber in ſeinem Wohnort ausge-
fertigte Urkunden beygebracht werde u. ſ. f.
§. 99.
Criminal-Gewalt.

Der Zweck des Staats erfordert weſentlich, daß die
hoͤchſte Gewalt das Recht habe die dem Staat und deſſen
Mitgliedern nachtheiligen Handlungen zu verbieten, dieſen Ge-
ſetzen durch Strafen Kraft zu geben, gegen Verbrecher Un-
terſuchungen anzuſtellen, ſie zu richten und die Urtheile zu
vollziehn. Aus dem Inbegriff dieſer Rechte beſteht die
Criminal-Gewalt. Sie erſtreckt ſich uͤber alle in dem
Staat befindliche Perſonen, ſie ſeyn Eingebohrne oder Fremde.
Und wenn gleich fremde Fuͤrſten und Geſandte ihr nicht ſo
wie die uͤbrigen Fremden unterworfen ſind, ſo kann doch
aus andren Gruͤnden wider dieſe alles das geſchehn, was
die Sicherheit des Staats erheiſcht, wie unten naͤher er-
hellen wird.

§. 100.
Von dem Recht fremde Verbrecher zu ſtrafen, oder ſie
zuruͤck zu ſchicken.

Nicht diejenigen Fremden allein, welche in unſrem
Staat Verbrechen begingen, ſondern auch diejenigen die,

nachdem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0150" n="122"/>
            <fw place="top" type="header">Drittes Buch. Drittes Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</fw><lb/>
            <note place="end" n="b)">Hieher rechnet man in&#x017F;onderheit die gerichtliche Aufnahme eines<lb/>
Te&#x017F;taments. Zweifelhafter i&#x017F;t es hingegen ob eine Hypothek in<lb/>
einem andren Gerichte, als dem, wo die Gu&#x0364;ter gelegen &#x017F;ind,<lb/>
gu&#x0364;ltig be&#x017F;tellet werden ko&#x0364;nne, und die po&#x017F;itive Verfa&#x017F;&#x017F;ung eines<lb/>
Landes, in&#x017F;onderheit die Frage: ob da&#x017F;elb&#x017F;t auch <hi rendition="#aq">hypothecae<lb/>
qua&#x017F;i publicae</hi> gelten, &#x017F;cheint dabey mit in Betracht gezogen wer-<lb/>
den zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#aq">C. <hi rendition="#k">Schweder</hi> <hi rendition="#i">de auctoritate publica ad pignoris &#x017F;eu<lb/>
hypothecae con&#x017F;titutionem nece&#x017F;&#x017F;aria</hi>. Tub.</hi> 1716. 4. in de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">di&#x017F;&#x017F;.<lb/>
T. II. p. 311. <hi rendition="#k">Puffendorff</hi> <hi rendition="#i">ob&#x017F;ern</hi>. T. III. ob&#x017F;.</hi> 53. <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Struben</hi></hi><lb/>
rechtl. <hi rendition="#fr">Bedenken</hi> Th. <hi rendition="#aq">I. n.</hi> 18. S. 49.</note><lb/>
            <note place="end" n="c)">So wird z. B. einer vor der Obrigkeit errichteten oder legali-<lb/>
&#x017F;irten Vollmacht u&#x0364;berall Glauben beygeme&#x017F;&#x017F;en; &#x017F;o i&#x017F;t bey Fu&#x0364;h-<lb/>
rung eines Proce&#x017F;&#x017F;es fu&#x0364;r einen Minderja&#x0364;hrigen in einem Lande<lb/>
worin er weder wohnt noch Gu&#x0364;ter hat, hinreichend, daß wenn<lb/>
er einen Curator hat, de&#x017F;&#x017F;en Curatorium, oder wenn er fu&#x0364;r voll-<lb/>
ja&#x0364;hrig erkla&#x0364;ret worden, die daru&#x0364;ber in &#x017F;einem Wohnort ausge-<lb/>
fertigte Urkunden beygebracht werde u. &#x017F;. f.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 99.<lb/><hi rendition="#fr">Criminal-Gewalt.</hi></head><lb/>
            <p>Der Zweck des Staats erfordert we&#x017F;entlich, daß die<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;te Gewalt das Recht habe die dem Staat und de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Mitgliedern nachtheiligen Handlungen zu verbieten, die&#x017F;en Ge-<lb/>
&#x017F;etzen durch Strafen Kraft zu geben, gegen Verbrecher Un-<lb/>
ter&#x017F;uchungen anzu&#x017F;tellen, &#x017F;ie zu richten und die Urtheile zu<lb/>
vollziehn. Aus dem Inbegriff die&#x017F;er Rechte be&#x017F;teht die<lb/>
Criminal-Gewalt. Sie er&#x017F;treckt &#x017F;ich u&#x0364;ber alle in dem<lb/>
Staat befindliche Per&#x017F;onen, &#x017F;ie &#x017F;eyn Eingebohrne oder Fremde.<lb/>
Und wenn gleich fremde Fu&#x0364;r&#x017F;ten und Ge&#x017F;andte ihr nicht &#x017F;o<lb/>
wie die u&#x0364;brigen Fremden unterworfen &#x017F;ind, &#x017F;o kann doch<lb/>
aus andren Gru&#x0364;nden wider die&#x017F;e alles das ge&#x017F;chehn, was<lb/>
die Sicherheit des Staats erhei&#x017F;cht, wie unten na&#x0364;her er-<lb/>
hellen wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 100.<lb/><hi rendition="#fr">Von dem Recht fremde Verbrecher zu &#x017F;trafen, oder &#x017F;ie<lb/>
zuru&#x0364;ck zu &#x017F;chicken.</hi></head><lb/>
            <p>Nicht diejenigen Fremden allein, welche in un&#x017F;rem<lb/>
Staat Verbrechen begingen, &#x017F;ondern auch diejenigen die,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nachdem</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0150] Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck. b⁾ Hieher rechnet man inſonderheit die gerichtliche Aufnahme eines Teſtaments. Zweifelhafter iſt es hingegen ob eine Hypothek in einem andren Gerichte, als dem, wo die Guͤter gelegen ſind, guͤltig beſtellet werden koͤnne, und die poſitive Verfaſſung eines Landes, inſonderheit die Frage: ob daſelbſt auch hypothecae quaſi publicae gelten, ſcheint dabey mit in Betracht gezogen wer- den zu muͤſſen. C. Schweder de auctoritate publica ad pignoris ſeu hypothecae conſtitutionem neceſſaria. Tub. 1716. 4. in deſſen diſſ. T. II. p. 311. Puffendorff obſern. T. III. obſ. 53. Struben rechtl. Bedenken Th. I. n. 18. S. 49. c⁾ So wird z. B. einer vor der Obrigkeit errichteten oder legali- ſirten Vollmacht uͤberall Glauben beygemeſſen; ſo iſt bey Fuͤh- rung eines Proceſſes fuͤr einen Minderjaͤhrigen in einem Lande worin er weder wohnt noch Guͤter hat, hinreichend, daß wenn er einen Curator hat, deſſen Curatorium, oder wenn er fuͤr voll- jaͤhrig erklaͤret worden, die daruͤber in ſeinem Wohnort ausge- fertigte Urkunden beygebracht werde u. ſ. f. §. 99. Criminal-Gewalt. Der Zweck des Staats erfordert weſentlich, daß die hoͤchſte Gewalt das Recht habe die dem Staat und deſſen Mitgliedern nachtheiligen Handlungen zu verbieten, dieſen Ge- ſetzen durch Strafen Kraft zu geben, gegen Verbrecher Un- terſuchungen anzuſtellen, ſie zu richten und die Urtheile zu vollziehn. Aus dem Inbegriff dieſer Rechte beſteht die Criminal-Gewalt. Sie erſtreckt ſich uͤber alle in dem Staat befindliche Perſonen, ſie ſeyn Eingebohrne oder Fremde. Und wenn gleich fremde Fuͤrſten und Geſandte ihr nicht ſo wie die uͤbrigen Fremden unterworfen ſind, ſo kann doch aus andren Gruͤnden wider dieſe alles das geſchehn, was die Sicherheit des Staats erheiſcht, wie unten naͤher er- hellen wird. §. 100. Von dem Recht fremde Verbrecher zu ſtrafen, oder ſie zuruͤck zu ſchicken. Nicht diejenigen Fremden allein, welche in unſrem Staat Verbrechen begingen, ſondern auch diejenigen die, nachdem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/150
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/150>, abgerufen am 18.04.2024.