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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Erhaltung der Freyheit und Sicherheit.
e) Von der Art war das System der bewaffneten Neutralität, die
Convention zwischen Dänemark und Schweden vom 27. März
1794. u. s. f. aber wer fühlt nicht, daß hier nicht sowohl von
Erhaltung eines Gleichgewichts, als von der Beschützung der
behaupteten Rechte wider gegenwärtige Eingriffe die Rede war.
Zweytes Hauptstück.
Von der Gleichheit der Völker und den unter
ihnen eingeführten Würden, Rang, und anderen
Ehrenbezeugungen.
§. 122.
Grundsätze des natürlichen Rechts.

Wie im Naturstande alle Menschen unabhängig von
ihrer physischen und moralischen Verschiedenheit in Ansehung
ihrer vollkommenen absoluten Rechte einander völlig gleich
sind, so genießen auch Staaten unabhängig von der Ver-
schiedenheit ihrer Ausdehnung, ihrer Volksmenge, ihrer Macht
ihrer Religion, ihrer Verfassung, ihres Alters, einer völli-
gen Gleichheit der vollkommenen Rechte gegen einander,
es sey von den Rechten eines jeden Staats auf sich selbst
und auf seine Selbsterhaltung, oder von seiner Freyheit
und Unabhängigkeit, von dem Recht der Benutzung und
Erwerbung herrnloser Güter, oder endlich von dem Recht
auf seine Ehre die Rede.

Kraft dieses letzteren Rechts ist zwar jeder Staat
befugt zu fordern, daß kein anderer ihn lästere, oder positive
Zeichen seiner Verachtung blicken lasse, aber er hat auch
kein vollkommenes Recht auf irgend ein positives Zeichen
der Hochachtung, noch weniger auf irgend einen Vorzug
vor anderen Völkern.

Wenn daher eine Nation ihren Regenten durch die
Würde welche sie ihm beygelegt, und durch andere persön-
liche Vorzüge die sie ihm einräumt, zu ehren sucht, so kann

dies
K 2
Erhaltung der Freyheit und Sicherheit.
e) Von der Art war das Syſtem der bewaffneten Neutralitaͤt, die
Convention zwiſchen Daͤnemark und Schweden vom 27. Maͤrz
1794. u. ſ. f. aber wer fuͤhlt nicht, daß hier nicht ſowohl von
Erhaltung eines Gleichgewichts, als von der Beſchuͤtzung der
behaupteten Rechte wider gegenwaͤrtige Eingriffe die Rede war.
Zweytes Hauptſtuͤck.
Von der Gleichheit der Voͤlker und den unter
ihnen eingefuͤhrten Wuͤrden, Rang, und anderen
Ehrenbezeugungen.
§. 122.
Grundſaͤtze des natuͤrlichen Rechts.

Wie im Naturſtande alle Menſchen unabhaͤngig von
ihrer phyſiſchen und moraliſchen Verſchiedenheit in Anſehung
ihrer vollkommenen abſoluten Rechte einander voͤllig gleich
ſind, ſo genießen auch Staaten unabhaͤngig von der Ver-
ſchiedenheit ihrer Ausdehnung, ihrer Volksmenge, ihrer Macht
ihrer Religion, ihrer Verfaſſung, ihres Alters, einer voͤlli-
gen Gleichheit der vollkommenen Rechte gegen einander,
es ſey von den Rechten eines jeden Staats auf ſich ſelbſt
und auf ſeine Selbſterhaltung, oder von ſeiner Freyheit
und Unabhaͤngigkeit, von dem Recht der Benutzung und
Erwerbung herrnloſer Guͤter, oder endlich von dem Recht
auf ſeine Ehre die Rede.

Kraft dieſes letzteren Rechts iſt zwar jeder Staat
befugt zu fordern, daß kein anderer ihn laͤſtere, oder poſitive
Zeichen ſeiner Verachtung blicken laſſe, aber er hat auch
kein vollkommenes Recht auf irgend ein poſitives Zeichen
der Hochachtung, noch weniger auf irgend einen Vorzug
vor anderen Voͤlkern.

Wenn daher eine Nation ihren Regenten durch die
Wuͤrde welche ſie ihm beygelegt, und durch andere perſoͤn-
liche Vorzuͤge die ſie ihm einraͤumt, zu ehren ſucht, ſo kann

dies
K 2
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[147/0175] Erhaltung der Freyheit und Sicherheit. e⁾ Von der Art war das Syſtem der bewaffneten Neutralitaͤt, die Convention zwiſchen Daͤnemark und Schweden vom 27. Maͤrz 1794. u. ſ. f. aber wer fuͤhlt nicht, daß hier nicht ſowohl von Erhaltung eines Gleichgewichts, als von der Beſchuͤtzung der behaupteten Rechte wider gegenwaͤrtige Eingriffe die Rede war. Zweytes Hauptſtuͤck. Von der Gleichheit der Voͤlker und den unter ihnen eingefuͤhrten Wuͤrden, Rang, und anderen Ehrenbezeugungen. §. 122. Grundſaͤtze des natuͤrlichen Rechts. Wie im Naturſtande alle Menſchen unabhaͤngig von ihrer phyſiſchen und moraliſchen Verſchiedenheit in Anſehung ihrer vollkommenen abſoluten Rechte einander voͤllig gleich ſind, ſo genießen auch Staaten unabhaͤngig von der Ver- ſchiedenheit ihrer Ausdehnung, ihrer Volksmenge, ihrer Macht ihrer Religion, ihrer Verfaſſung, ihres Alters, einer voͤlli- gen Gleichheit der vollkommenen Rechte gegen einander, es ſey von den Rechten eines jeden Staats auf ſich ſelbſt und auf ſeine Selbſterhaltung, oder von ſeiner Freyheit und Unabhaͤngigkeit, von dem Recht der Benutzung und Erwerbung herrnloſer Guͤter, oder endlich von dem Recht auf ſeine Ehre die Rede. Kraft dieſes letzteren Rechts iſt zwar jeder Staat befugt zu fordern, daß kein anderer ihn laͤſtere, oder poſitive Zeichen ſeiner Verachtung blicken laſſe, aber er hat auch kein vollkommenes Recht auf irgend ein poſitives Zeichen der Hochachtung, noch weniger auf irgend einen Vorzug vor anderen Voͤlkern. Wenn daher eine Nation ihren Regenten durch die Wuͤrde welche ſie ihm beygelegt, und durch andere perſoͤn- liche Vorzuͤge die ſie ihm einraͤumt, zu ehren ſucht, ſo kann dies K 2

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/175>, abgerufen am 25.04.2024.