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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Gleichheit Würden und Rang.
§. 132.
Rang der übrigen, insonderheit der italienischen und
teutschen Staaten.

Ein ganzes Heer von Präcedenzstreitigkeiten zeigt
sich noch insonderheit in Ansehung der italienischen a) Für-
stenthümer und Republiken, theils unter einander, theils mit
den teutschen Staaten, theils mit anderen kleinen Staaten.

Die Präcedenz der Reichsstände unter einander ist
zwar für Reichstäge und andere Reichsversammlungen meh-
rentheils durch Verträge oder Herkommen bestimmt; da
aber weit nicht alle Stände die auf Reichsversammlungen
geltende Bestimmungen auch für andere Fälle außerhalb
derselben anerkennen, so bleibt noch eine unübersehbare
Menge Rangstreitigkeiten, zwischen den Churfürsten unter
einander, zwischen den altweltlichen Fürsten unter einander,
zwischen diesen und den geistlichen Fürsten, zwischen den
Prälaten unter einander, zwischen den Reichsgrafen unter
einander, zwischen den evangelischen Reichsgrafen und den
catholischen Prälaten, zwischen den Reichsstädten unter ein-
ander, und selbst -- zwischen den Reichsstädten und ein-
zelnen Reichsrittern, zu deren Ergründung ein Menschen-
leben verschwendet, kaum hinreichen würde b).

a) Zwanzig theatrum praecedentiae L. I. tit. 43. 49. So z. B. be-
gehrt Savoyen den Rang über alle andere italiänische Fürsten,
selbst über Mantua, Modena und Parma; so streiten Flo-
renz
und Venedig über den Rang; ein Theil dieser Streitig-
keiten ruhet jetzt wegen der zwiefachen oft unzertrennlichen Ei-
genschaften der Besitzer einiger dieser Lande.
b) S. Günther V. R. Th. I. S. 254. u. f. Moser nach-
barliches Staatsrecht
B. I. S. 11. u. f.
§. 133.
Ausnahmen in Ansehung der Präcedenz.

Unbeschadet dieser Rangstreitigkeiten räumen 1) Re-
genten gleicher Würde einem andren der sie besucht bey sich
zu Hause den Rang ein, so daß der König dem Könige a),

der
L
Gleichheit Wuͤrden und Rang.
§. 132.
Rang der uͤbrigen, inſonderheit der italieniſchen und
teutſchen Staaten.

Ein ganzes Heer von Praͤcedenzſtreitigkeiten zeigt
ſich noch inſonderheit in Anſehung der italieniſchen a) Fuͤr-
ſtenthuͤmer und Republiken, theils unter einander, theils mit
den teutſchen Staaten, theils mit anderen kleinen Staaten.

Die Praͤcedenz der Reichsſtaͤnde unter einander iſt
zwar fuͤr Reichstaͤge und andere Reichsverſammlungen meh-
rentheils durch Vertraͤge oder Herkommen beſtimmt; da
aber weit nicht alle Staͤnde die auf Reichsverſammlungen
geltende Beſtimmungen auch fuͤr andere Faͤlle außerhalb
derſelben anerkennen, ſo bleibt noch eine unuͤberſehbare
Menge Rangſtreitigkeiten, zwiſchen den Churfuͤrſten unter
einander, zwiſchen den altweltlichen Fuͤrſten unter einander,
zwiſchen dieſen und den geiſtlichen Fuͤrſten, zwiſchen den
Praͤlaten unter einander, zwiſchen den Reichsgrafen unter
einander, zwiſchen den evangeliſchen Reichsgrafen und den
catholiſchen Praͤlaten, zwiſchen den Reichsſtaͤdten unter ein-
ander, und ſelbſt — zwiſchen den Reichsſtaͤdten und ein-
zelnen Reichsrittern, zu deren Ergruͤndung ein Menſchen-
leben verſchwendet, kaum hinreichen wuͤrde b).

a) Zwanzig theatrum praecedentiae L. I. tit. 43. 49. So z. B. be-
gehrt Savoyen den Rang uͤber alle andere italiaͤniſche Fuͤrſten,
ſelbſt uͤber Mantua, Modena und Parma; ſo ſtreiten Flo-
renz
und Venedig uͤber den Rang; ein Theil dieſer Streitig-
keiten ruhet jetzt wegen der zwiefachen oft unzertrennlichen Ei-
genſchaften der Beſitzer einiger dieſer Lande.
b) S. Guͤnther V. R. Th. I. S. 254. u. f. Moſer nach-
barliches Staatsrecht
B. I. S. 11. u. f.
§. 133.
Ausnahmen in Anſehung der Praͤcedenz.

Unbeſchadet dieſer Rangſtreitigkeiten raͤumen 1) Re-
genten gleicher Wuͤrde einem andren der ſie beſucht bey ſich
zu Hauſe den Rang ein, ſo daß der Koͤnig dem Koͤnige a),

der
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[161/0189] Gleichheit Wuͤrden und Rang. §. 132. Rang der uͤbrigen, inſonderheit der italieniſchen und teutſchen Staaten. Ein ganzes Heer von Praͤcedenzſtreitigkeiten zeigt ſich noch inſonderheit in Anſehung der italieniſchen a) Fuͤr- ſtenthuͤmer und Republiken, theils unter einander, theils mit den teutſchen Staaten, theils mit anderen kleinen Staaten. Die Praͤcedenz der Reichsſtaͤnde unter einander iſt zwar fuͤr Reichstaͤge und andere Reichsverſammlungen meh- rentheils durch Vertraͤge oder Herkommen beſtimmt; da aber weit nicht alle Staͤnde die auf Reichsverſammlungen geltende Beſtimmungen auch fuͤr andere Faͤlle außerhalb derſelben anerkennen, ſo bleibt noch eine unuͤberſehbare Menge Rangſtreitigkeiten, zwiſchen den Churfuͤrſten unter einander, zwiſchen den altweltlichen Fuͤrſten unter einander, zwiſchen dieſen und den geiſtlichen Fuͤrſten, zwiſchen den Praͤlaten unter einander, zwiſchen den Reichsgrafen unter einander, zwiſchen den evangeliſchen Reichsgrafen und den catholiſchen Praͤlaten, zwiſchen den Reichsſtaͤdten unter ein- ander, und ſelbſt — zwiſchen den Reichsſtaͤdten und ein- zelnen Reichsrittern, zu deren Ergruͤndung ein Menſchen- leben verſchwendet, kaum hinreichen wuͤrde b). a⁾ Zwanzig theatrum praecedentiae L. I. tit. 43. 49. So z. B. be- gehrt Savoyen den Rang uͤber alle andere italiaͤniſche Fuͤrſten, ſelbſt uͤber Mantua, Modena und Parma; ſo ſtreiten Flo- renz und Venedig uͤber den Rang; ein Theil dieſer Streitig- keiten ruhet jetzt wegen der zwiefachen oft unzertrennlichen Ei- genſchaften der Beſitzer einiger dieſer Lande. b⁾ S. Guͤnther V. R. Th. I. S. 254. u. f. Moſer nach- barliches Staatsrecht B. I. S. 11. u. f. §. 133. Ausnahmen in Anſehung der Praͤcedenz. Unbeſchadet dieſer Rangſtreitigkeiten raͤumen 1) Re- genten gleicher Wuͤrde einem andren der ſie beſucht bey ſich zu Hauſe den Rang ein, ſo daß der Koͤnig dem Koͤnige a), der L

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/189>, abgerufen am 25.04.2024.