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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Viertes Buch. Viertes Hauptstück.
natürliche Völkerrecht jeder Nation an herrenlose Dinge
beylegt, oder hier gewisse herkommliche Vorzüge, insonder-
heit in Ansehung des See-Ceremoniels, begehren zu kön-
nen glaubt.

§. 149.
Ius littoris.

Da Flüsse, Landseen, kleine Meerengen und Meer-
busen, und überhaupt alle unterhalb der Kanonen welche an
dem Ufer aufgepflanzet sind, (oder werden könnten) gelegene
Theile des Meeres der Regel nach dem Oberherrn des Ufers
unterworfen sind, und sein Fluß- oder Seegebiet ausmachen,
so stehn ihm über dasselbe alle Rechte des Eigenthums und
der Oberherrschaft zu, und der Inbegriff dieser Rechte wird
zuweilen mit dem Nahmen des Strandrechts (ius littoris)
im aller allgemeinsten Sinn a) belegt. Es gehören dahin
insonderheit:

1) die ausschließliche Benutzung der Producte dieser Ge-
wässer, theils derer welche aus den Flüssen oder dem Meer
gefischet werden, wie Fische, Perlen u. s. f. theils derer
welche das Meer an den Strand auswirft, (eiecta) wie
Bernstein, Corallen, auch zuweilen große Fische u. s. f.
und obgleich die Verfassung eines jeden Staats entschei-
det, wiefern auch Privat-Unterthanen z. B. Gutsbesitzer
oder andere Bewohner des Ufers daran Antheil haben
können b), so sind doch der Regel nach alle Fremden
von dieser Benutzung ausgeschlossen.
2) Das ausschließliche Recht der Schiffahrt, es sey von
der Durchfahrt unterhalb der Kanonen, oder von dem Ein-
laufen und dem Aufenthalt in den Hafen und auf der
Rhede des Staats die Rede. Doch ist als eine Folge
der oben in Ansehung der Freyheit des Durchgangs, des
Aufenthalts und des Handels angeführten Grundsätze, und
selbst der Furcht vor Retorsionen anzusehn, daß [wenn
man einige Flüsse ausnimmt c)] in Friedenszeiten, so-
wohl die Durchfahrt auf Flüssen Meerengen und den
nächst

Viertes Buch. Viertes Hauptſtuͤck.
natuͤrliche Voͤlkerrecht jeder Nation an herrenloſe Dinge
beylegt, oder hier gewiſſe herkommliche Vorzuͤge, inſonder-
heit in Anſehung des See-Ceremoniels, begehren zu koͤn-
nen glaubt.

§. 149.
Ius littoris.

Da Fluͤſſe, Landſeen, kleine Meerengen und Meer-
buſen, und uͤberhaupt alle unterhalb der Kanonen welche an
dem Ufer aufgepflanzet ſind, (oder werden koͤnnten) gelegene
Theile des Meeres der Regel nach dem Oberherrn des Ufers
unterworfen ſind, und ſein Fluß- oder Seegebiet ausmachen,
ſo ſtehn ihm uͤber daſſelbe alle Rechte des Eigenthums und
der Oberherrſchaft zu, und der Inbegriff dieſer Rechte wird
zuweilen mit dem Nahmen des Strandrechts (ius littoris)
im aller allgemeinſten Sinn a) belegt. Es gehoͤren dahin
inſonderheit:

1) die ausſchließliche Benutzung der Producte dieſer Ge-
waͤſſer, theils derer welche aus den Fluͤſſen oder dem Meer
gefiſchet werden, wie Fiſche, Perlen u. ſ. f. theils derer
welche das Meer an den Strand auswirft, (eiecta) wie
Bernſtein, Corallen, auch zuweilen große Fiſche u. ſ. f.
und obgleich die Verfaſſung eines jeden Staats entſchei-
det, wiefern auch Privat-Unterthanen z. B. Gutsbeſitzer
oder andere Bewohner des Ufers daran Antheil haben
koͤnnen b), ſo ſind doch der Regel nach alle Fremden
von dieſer Benutzung ausgeſchloſſen.
2) Das ausſchließliche Recht der Schiffahrt, es ſey von
der Durchfahrt unterhalb der Kanonen, oder von dem Ein-
laufen und dem Aufenthalt in den Hafen und auf der
Rhede des Staats die Rede. Doch iſt als eine Folge
der oben in Anſehung der Freyheit des Durchgangs, des
Aufenthalts und des Handels angefuͤhrten Grundſaͤtze, und
ſelbſt der Furcht vor Retorſionen anzuſehn, daß [wenn
man einige Fluͤſſe ausnimmt c)] in Friedenszeiten, ſo-
wohl die Durchfahrt auf Fluͤſſen Meerengen und den
naͤchſt
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[180/0208] Viertes Buch. Viertes Hauptſtuͤck. natuͤrliche Voͤlkerrecht jeder Nation an herrenloſe Dinge beylegt, oder hier gewiſſe herkommliche Vorzuͤge, inſonder- heit in Anſehung des See-Ceremoniels, begehren zu koͤn- nen glaubt. §. 149. Ius littoris. Da Fluͤſſe, Landſeen, kleine Meerengen und Meer- buſen, und uͤberhaupt alle unterhalb der Kanonen welche an dem Ufer aufgepflanzet ſind, (oder werden koͤnnten) gelegene Theile des Meeres der Regel nach dem Oberherrn des Ufers unterworfen ſind, und ſein Fluß- oder Seegebiet ausmachen, ſo ſtehn ihm uͤber daſſelbe alle Rechte des Eigenthums und der Oberherrſchaft zu, und der Inbegriff dieſer Rechte wird zuweilen mit dem Nahmen des Strandrechts (ius littoris) im aller allgemeinſten Sinn a) belegt. Es gehoͤren dahin inſonderheit: 1) die ausſchließliche Benutzung der Producte dieſer Ge- waͤſſer, theils derer welche aus den Fluͤſſen oder dem Meer gefiſchet werden, wie Fiſche, Perlen u. ſ. f. theils derer welche das Meer an den Strand auswirft, (eiecta) wie Bernſtein, Corallen, auch zuweilen große Fiſche u. ſ. f. und obgleich die Verfaſſung eines jeden Staats entſchei- det, wiefern auch Privat-Unterthanen z. B. Gutsbeſitzer oder andere Bewohner des Ufers daran Antheil haben koͤnnen b), ſo ſind doch der Regel nach alle Fremden von dieſer Benutzung ausgeſchloſſen. 2) Das ausſchließliche Recht der Schiffahrt, es ſey von der Durchfahrt unterhalb der Kanonen, oder von dem Ein- laufen und dem Aufenthalt in den Hafen und auf der Rhede des Staats die Rede. Doch iſt als eine Folge der oben in Anſehung der Freyheit des Durchgangs, des Aufenthalts und des Handels angefuͤhrten Grundſaͤtze, und ſelbſt der Furcht vor Retorſionen anzuſehn, daß [wenn man einige Fluͤſſe ausnimmt c)] in Friedenszeiten, ſo- wohl die Durchfahrt auf Fluͤſſen Meerengen und den naͤchſt

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/208>, abgerufen am 20.04.2024.