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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Sechstes Buch.
§. 177.
Wahl der Briefform.

Wann Canzley- und wann Cabinets-Schreiben ge-
wählet werden müssen, läßt sich nicht auf sichere Vorschriften
zurückführen, da Umstände und Geschmack des Fürsten
hier entscheiden; doch kann man anmerken, daß 1) in wich-
tigen und sehr feyerlichen Gelegenheiten zumahl zwischen Hö-
fen die nicht auf sehr vertrauetem Fuß stehn Canzley-Schrei-
ben üblicher sind, obgleich in einem sehr ungleichen Verhält-
niß der geringere sich an den höheren nicht in Canzley Schrei-
ben wendet; 2) es für unhöflich gehalten werden würde ein
Cabinets oder gar ein eigenhändiges Schreiben durch ein
Canzley Schreiben zu beantworten, selbst wenn jenes von
einem geringeren herkäme. 3) Fürsten die ein Cabinet ha-
ben sich nicht leicht zuerst in einem vertraulicheren eigenhän-
digen Schreiben an einen höheren wenden.

§. 178.
Canzley-Fehler.

Daß in Schreiben großer Herrn mancherley Fehler
wider das Ceremoniel einschleichen können, ergiebt sich aus
dem bisher gesagten. Wird in diesem Fall der Fehler nicht
von dem Schreibenden selbst, sobald er ihn bemerkt, ent-
schuldiget, so kann der welcher den Brief empfängt, wenn
er sich dabey nicht beruhigen will, entweder blos den Fehler
rügen, oder dawider für die Zukunft protestiren, oder erklä-
ren, daß er vor erfolgter Verbesserung ihn nicht beantworten,
oder in ähnlichem Falle den Brief zurückschicken werde, oder
ihn wirklich zurückschicken. Gemeiniglich begnüget man sich
mit den beiden ersten Mitteln so lange man vermuthet, daß
der Fehler nur aus Nachlässigkeit begangen worden a).

a) Mancherley Beyspiele aller Art finden sich in F. C. Moser
von Ahndung fehlerhaften Schreiben
. Frankfurt 1750. 8.

§. 179.
Sechstes Buch.
§. 177.
Wahl der Briefform.

Wann Canzley- und wann Cabinets-Schreiben ge-
waͤhlet werden muͤſſen, laͤßt ſich nicht auf ſichere Vorſchriften
zuruͤckfuͤhren, da Umſtaͤnde und Geſchmack des Fuͤrſten
hier entſcheiden; doch kann man anmerken, daß 1) in wich-
tigen und ſehr feyerlichen Gelegenheiten zumahl zwiſchen Hoͤ-
fen die nicht auf ſehr vertrauetem Fuß ſtehn Canzley-Schrei-
ben uͤblicher ſind, obgleich in einem ſehr ungleichen Verhaͤlt-
niß der geringere ſich an den hoͤheren nicht in Canzley Schrei-
ben wendet; 2) es fuͤr unhoͤflich gehalten werden wuͤrde ein
Cabinets oder gar ein eigenhaͤndiges Schreiben durch ein
Canzley Schreiben zu beantworten, ſelbſt wenn jenes von
einem geringeren herkaͤme. 3) Fuͤrſten die ein Cabinet ha-
ben ſich nicht leicht zuerſt in einem vertraulicheren eigenhaͤn-
digen Schreiben an einen hoͤheren wenden.

§. 178.
Canzley-Fehler.

Daß in Schreiben großer Herrn mancherley Fehler
wider das Ceremoniel einſchleichen koͤnnen, ergiebt ſich aus
dem bisher geſagten. Wird in dieſem Fall der Fehler nicht
von dem Schreibenden ſelbſt, ſobald er ihn bemerkt, ent-
ſchuldiget, ſo kann der welcher den Brief empfaͤngt, wenn
er ſich dabey nicht beruhigen will, entweder blos den Fehler
ruͤgen, oder dawider fuͤr die Zukunft proteſtiren, oder erklaͤ-
ren, daß er vor erfolgter Verbeſſerung ihn nicht beantworten,
oder in aͤhnlichem Falle den Brief zuruͤckſchicken werde, oder
ihn wirklich zuruͤckſchicken. Gemeiniglich begnuͤget man ſich
mit den beiden erſten Mitteln ſo lange man vermuthet, daß
der Fehler nur aus Nachlaͤſſigkeit begangen worden a).

a) Mancherley Beyſpiele aller Art finden ſich in F. C. Moſer
von Ahndung fehlerhaften Schreiben
. Frankfurt 1750. 8.

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[214/0242] Sechstes Buch. §. 177. Wahl der Briefform. Wann Canzley- und wann Cabinets-Schreiben ge- waͤhlet werden muͤſſen, laͤßt ſich nicht auf ſichere Vorſchriften zuruͤckfuͤhren, da Umſtaͤnde und Geſchmack des Fuͤrſten hier entſcheiden; doch kann man anmerken, daß 1) in wich- tigen und ſehr feyerlichen Gelegenheiten zumahl zwiſchen Hoͤ- fen die nicht auf ſehr vertrauetem Fuß ſtehn Canzley-Schrei- ben uͤblicher ſind, obgleich in einem ſehr ungleichen Verhaͤlt- niß der geringere ſich an den hoͤheren nicht in Canzley Schrei- ben wendet; 2) es fuͤr unhoͤflich gehalten werden wuͤrde ein Cabinets oder gar ein eigenhaͤndiges Schreiben durch ein Canzley Schreiben zu beantworten, ſelbſt wenn jenes von einem geringeren herkaͤme. 3) Fuͤrſten die ein Cabinet ha- ben ſich nicht leicht zuerſt in einem vertraulicheren eigenhaͤn- digen Schreiben an einen hoͤheren wenden. §. 178. Canzley-Fehler. Daß in Schreiben großer Herrn mancherley Fehler wider das Ceremoniel einſchleichen koͤnnen, ergiebt ſich aus dem bisher geſagten. Wird in dieſem Fall der Fehler nicht von dem Schreibenden ſelbſt, ſobald er ihn bemerkt, ent- ſchuldiget, ſo kann der welcher den Brief empfaͤngt, wenn er ſich dabey nicht beruhigen will, entweder blos den Fehler ruͤgen, oder dawider fuͤr die Zukunft proteſtiren, oder erklaͤ- ren, daß er vor erfolgter Verbeſſerung ihn nicht beantworten, oder in aͤhnlichem Falle den Brief zuruͤckſchicken werde, oder ihn wirklich zuruͤckſchicken. Gemeiniglich begnuͤget man ſich mit den beiden erſten Mitteln ſo lange man vermuthet, daß der Fehler nur aus Nachlaͤſſigkeit begangen worden a). a⁾ Mancherley Beyſpiele aller Art finden ſich in F. C. Moſer von Ahndung fehlerhaften Schreiben. Frankfurt 1750. 8. §. 179.

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/242>, abgerufen am 25.04.2024.