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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Verschiedene Klassen von Gesandten.
denz kein Unterschied gemacht d); an den mehresten aber
gehn die Gesandten der zweyten Klasse denen der dritten
vor. Unter den Gesandten der zweyten Klasse unter einander
haben zwar die Envoyes extraordinaires einige Vorzüge
vor den bloßen Ministres plenipotentiaires, aber die Prä-
cedenz steht ihnen über diese wenigstens nicht allgemein zu,
und in diesem Punct kann auch ihre Geburt so wenig als
andere Aemter die sie bekleiden etwas entscheiden. Auch die
Gesandten der dritten Klasse behaupten ohne Unterschied der
Benennung ihrer Würde die Präcedenz auf den Fuß ihrer
Höfe, und selbst der Charge d'affaires weicht dem Mini-
ster nicht, wenn sein Hof dem Hofe des letzteren nicht den
Rang einräumt.

a) So räumen z. B. die kaiserlichen und catholischen Bothschafter
den päbstlichen Nuntien den Rang ein; die protestantischen aber
gestehn ihnen diesen nicht zu s. Wahl- und Krönungs-Diarium
Carls VI. S. 77.
b) Zwischen zween Bothschaftern desselben Hofes geht zwar gemei-
niglich der außerordentliche dem ordentlichen vor; doch hängt
dieß von der Bestimmung seines Hofes ab. Auf fremde Both-
schafter hat dieser Unterschied keinen Einfluß.
c) Moser Versuch Th. III. S. 504.
d) Noch im 17ten Jahrhundert erklärte einmal Frankreich, qu'elle
n'entendoit point que l'envoye extraordinaire qui etoit de sa part
a Vienne fut autrement considere qu'un resident ordinaire
s. Discours
sur le rang
§. 7. Moser Vorrede zu dem Belgrader Frie-
densschluß
S. 41. Doch scheint der Französische und der Wiener
Hof besonders seit dem Anfang dieses Jahrhunderts am ersten zu
Festsetzung eines Unterschieds beygetragen zu haben. Noch jetzt
macht Venedig keinen Unterschied zwischen Gesandte der zweyten
und dritten Klasse und schickt immer nur Bothschafter oder Rest-
denten, fordert aber für letztere eben die Vorrechte deren an
andren Höfen Gesandte der 2ten Klasse genießen.
§. 193.
Agenten u. s. f.

Bloße Agenten für Privat-Angelegenheiten eines
Fürsten a), Titular-Residenten, Legationsräthe b), Agen-

ten
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Verſchiedene Klaſſen von Geſandten.
denz kein Unterſchied gemacht d); an den mehreſten aber
gehn die Geſandten der zweyten Klaſſe denen der dritten
vor. Unter den Geſandten der zweyten Klaſſe unter einander
haben zwar die Envoyés extraordinaires einige Vorzuͤge
vor den bloßen Miniſtres plenipotentiaires, aber die Praͤ-
cedenz ſteht ihnen uͤber dieſe wenigſtens nicht allgemein zu,
und in dieſem Punct kann auch ihre Geburt ſo wenig als
andere Aemter die ſie bekleiden etwas entſcheiden. Auch die
Geſandten der dritten Klaſſe behaupten ohne Unterſchied der
Benennung ihrer Wuͤrde die Praͤcedenz auf den Fuß ihrer
Hoͤfe, und ſelbſt der Chargé d’affaires weicht dem Mini-
ſter nicht, wenn ſein Hof dem Hofe des letzteren nicht den
Rang einraͤumt.

a) So raͤumen z. B. die kaiſerlichen und catholiſchen Bothſchafter
den paͤbſtlichen Nuntien den Rang ein; die proteſtantiſchen aber
geſtehn ihnen dieſen nicht zu ſ. Wahl- und Kroͤnungs-Diarium
Carls VI. S. 77.
b) Zwiſchen zween Bothſchaftern deſſelben Hofes geht zwar gemei-
niglich der außerordentliche dem ordentlichen vor; doch haͤngt
dieß von der Beſtimmung ſeines Hofes ab. Auf fremde Both-
ſchafter hat dieſer Unterſchied keinen Einfluß.
c) Moſer Verſuch Th. III. S. 504.
d) Noch im 17ten Jahrhundert erklaͤrte einmal Frankreich, qu’elle
n’entendoit point que l’envoyé extraordinaire qui étoit de ſa part
à Vienne fut autrement conſidéré qu’un reſident ordinaire
ſ. Diſcours
ſur le rang
§. 7. Moſer Vorrede zu dem Belgrader Frie-
densſchluß
S. 41. Doch ſcheint der Franzoͤſiſche und der Wiener
Hof beſonders ſeit dem Anfang dieſes Jahrhunderts am erſten zu
Feſtſetzung eines Unterſchieds beygetragen zu haben. Noch jetzt
macht Venedig keinen Unterſchied zwiſchen Geſandte der zweyten
und dritten Klaſſe und ſchickt immer nur Bothſchafter oder Reſt-
denten, fordert aber fuͤr letztere eben die Vorrechte deren an
andren Hoͤfen Geſandte der 2ten Klaſſe genießen.
§. 193.
Agenten u. ſ. f.

Bloße Agenten fuͤr Privat-Angelegenheiten eines
Fuͤrſten a), Titular-Reſidenten, Legationsraͤthe b), Agen-

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[229/0257] Verſchiedene Klaſſen von Geſandten. denz kein Unterſchied gemacht d); an den mehreſten aber gehn die Geſandten der zweyten Klaſſe denen der dritten vor. Unter den Geſandten der zweyten Klaſſe unter einander haben zwar die Envoyés extraordinaires einige Vorzuͤge vor den bloßen Miniſtres plenipotentiaires, aber die Praͤ- cedenz ſteht ihnen uͤber dieſe wenigſtens nicht allgemein zu, und in dieſem Punct kann auch ihre Geburt ſo wenig als andere Aemter die ſie bekleiden etwas entſcheiden. Auch die Geſandten der dritten Klaſſe behaupten ohne Unterſchied der Benennung ihrer Wuͤrde die Praͤcedenz auf den Fuß ihrer Hoͤfe, und ſelbſt der Chargé d’affaires weicht dem Mini- ſter nicht, wenn ſein Hof dem Hofe des letzteren nicht den Rang einraͤumt. a⁾ So raͤumen z. B. die kaiſerlichen und catholiſchen Bothſchafter den paͤbſtlichen Nuntien den Rang ein; die proteſtantiſchen aber geſtehn ihnen dieſen nicht zu ſ. Wahl- und Kroͤnungs-Diarium Carls VI. S. 77. b⁾ Zwiſchen zween Bothſchaftern deſſelben Hofes geht zwar gemei- niglich der außerordentliche dem ordentlichen vor; doch haͤngt dieß von der Beſtimmung ſeines Hofes ab. Auf fremde Both- ſchafter hat dieſer Unterſchied keinen Einfluß. c⁾ Moſer Verſuch Th. III. S. 504. d⁾ Noch im 17ten Jahrhundert erklaͤrte einmal Frankreich, qu’elle n’entendoit point que l’envoyé extraordinaire qui étoit de ſa part à Vienne fut autrement conſidéré qu’un reſident ordinaire ſ. Diſcours ſur le rang §. 7. Moſer Vorrede zu dem Belgrader Frie- densſchluß S. 41. Doch ſcheint der Franzoͤſiſche und der Wiener Hof beſonders ſeit dem Anfang dieſes Jahrhunderts am erſten zu Feſtſetzung eines Unterſchieds beygetragen zu haben. Noch jetzt macht Venedig keinen Unterſchied zwiſchen Geſandte der zweyten und dritten Klaſſe und ſchickt immer nur Bothſchafter oder Reſt- denten, fordert aber fuͤr letztere eben die Vorrechte deren an andren Hoͤfen Geſandte der 2ten Klaſſe genießen. §. 193. Agenten u. ſ. f. Bloße Agenten fuͤr Privat-Angelegenheiten eines Fuͤrſten a), Titular-Reſidenten, Legationsraͤthe b), Agen- ten P 3

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/257>, abgerufen am 29.03.2024.