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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Unverletzlichkeit u. Unabhängigkeit des Gesandten.
d) Grotius L. II. cap. 18. §. 9. Kulpis Colleg. Grotianum l. c. §. 3.
p.
109.
e) Es fehlt zwar nicht an Beyspielen daß Gesandte theils während,
theils insonderheit nach geendigter Gesandschaft, Schulden wegen
arretirt worden, aber gemeiniglich lag dabey persönlicher Wider-
wille gegen den Gesandten und dessen übriges Betragen zum
Grunde. Ein Beyspiel verweigerter Pässe findet sich in Moser
Versuch
Th. IV. St. 545. 555. Merc. h. et pol. 1772. T. I. p. 266.
f) V. der Gen. Staaten der verein. Niederlande vom 9. Sept. 1679.
Brittische Parlementsacte 10 Anna cap. 7. Portugiesische V.
von 1748.
§. 214.
Befreyung seiner Güter von der Gerichtbarkeit.

Auch diejenigen Güter des Gesandten welche zur ge-
sandschaftlichen Function desselben gehören, wohin im zwei-
felhaften Fall alle bewegliche Güter desselben gerechnet wer-
den müssen, werden, mehr nach dem Herkommen als nach
dem allgemeinen Völkerrecht von aller Gerichtbarkeit des
Staats bey dem er residirt, folglich auch vom Arrest be-
freyet. Doch sind hievon 1) alle unbewegliche Güter aus-
genommen, in Ansehung deren er die Gerichtbarkeit des
Staats anerkennen muß, 2) auch solche bewegliche Güter die
ihm offenbar in einer andren als seiner gesandschaftlichen Ei-
genschaft gehören, z. B. wenn er zugleich Handel treibt a)
seine unstreitige Kaufmannswaaren, oder wenn er eine
fremde Erbschaft verwaltet diese Erbschaftsgüter u. s. f. so
daß er wegen der in dieser Eigenschaft wider ihn entstehenden
Klagen durch verfügten Real-Arrest zur Einlassung genöthi-
get werden kann. 3) Dingliche Klagen wider einen Ge-
sandten der Unterthan des Staats ist wo er residirt, können
bey den Landesgerichten angebracht werden b). Obgleich
übrigens auch der Arrest der Güter eines Gesandten der nach-
dem er Abschied genommen folglich seine gesandschaftliche
Functionen beendiget sind, dann wenn er ohne sich mit sei-
nen Gläubigern abzufinden das Land verlassen wollte, gar

wohl
Unverletzlichkeit u. Unabhaͤngigkeit des Geſandten.
d) Grotius L. II. cap. 18. §. 9. Kulpis Colleg. Grotianum l. c. §. 3.
p.
109.
e) Es fehlt zwar nicht an Beyſpielen daß Geſandte theils waͤhrend,
theils inſonderheit nach geendigter Geſandſchaft, Schulden wegen
arretirt worden, aber gemeiniglich lag dabey perſoͤnlicher Wider-
wille gegen den Geſandten und deſſen uͤbriges Betragen zum
Grunde. Ein Beyſpiel verweigerter Paͤſſe findet ſich in Moſer
Verſuch
Th. IV. St. 545. 555. Merc. h. et pol. 1772. T. I. p. 266.
f) V. der Gen. Staaten der verein. Niederlande vom 9. Sept. 1679.
Brittiſche Parlementsacte 10 Anna cap. 7. Portugieſiſche V.
von 1748.
§. 214.
Befreyung ſeiner Guͤter von der Gerichtbarkeit.

Auch diejenigen Guͤter des Geſandten welche zur ge-
ſandſchaftlichen Function deſſelben gehoͤren, wohin im zwei-
felhaften Fall alle bewegliche Guͤter deſſelben gerechnet wer-
den muͤſſen, werden, mehr nach dem Herkommen als nach
dem allgemeinen Voͤlkerrecht von aller Gerichtbarkeit des
Staats bey dem er reſidirt, folglich auch vom Arreſt be-
freyet. Doch ſind hievon 1) alle unbewegliche Guͤter aus-
genommen, in Anſehung deren er die Gerichtbarkeit des
Staats anerkennen muß, 2) auch ſolche bewegliche Guͤter die
ihm offenbar in einer andren als ſeiner geſandſchaftlichen Ei-
genſchaft gehoͤren, z. B. wenn er zugleich Handel treibt a)
ſeine unſtreitige Kaufmannswaaren, oder wenn er eine
fremde Erbſchaft verwaltet dieſe Erbſchaftsguͤter u. ſ. f. ſo
daß er wegen der in dieſer Eigenſchaft wider ihn entſtehenden
Klagen durch verfuͤgten Real-Arreſt zur Einlaſſung genoͤthi-
get werden kann. 3) Dingliche Klagen wider einen Ge-
ſandten der Unterthan des Staats iſt wo er reſidirt, koͤnnen
bey den Landesgerichten angebracht werden b). Obgleich
uͤbrigens auch der Arreſt der Guͤter eines Geſandten der nach-
dem er Abſchied genommen folglich ſeine geſandſchaftliche
Functionen beendiget ſind, dann wenn er ohne ſich mit ſei-
nen Glaͤubigern abzufinden das Land verlaſſen wollte, gar

wohl
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[253/0281] Unverletzlichkeit u. Unabhaͤngigkeit des Geſandten. d⁾ Grotius L. II. cap. 18. §. 9. Kulpis Colleg. Grotianum l. c. §. 3. p. 109. e⁾ Es fehlt zwar nicht an Beyſpielen daß Geſandte theils waͤhrend, theils inſonderheit nach geendigter Geſandſchaft, Schulden wegen arretirt worden, aber gemeiniglich lag dabey perſoͤnlicher Wider- wille gegen den Geſandten und deſſen uͤbriges Betragen zum Grunde. Ein Beyſpiel verweigerter Paͤſſe findet ſich in Moſer Verſuch Th. IV. St. 545. 555. Merc. h. et pol. 1772. T. I. p. 266. f⁾ V. der Gen. Staaten der verein. Niederlande vom 9. Sept. 1679. Brittiſche Parlementsacte 10 Anna cap. 7. Portugieſiſche V. von 1748. §. 214. Befreyung ſeiner Guͤter von der Gerichtbarkeit. Auch diejenigen Guͤter des Geſandten welche zur ge- ſandſchaftlichen Function deſſelben gehoͤren, wohin im zwei- felhaften Fall alle bewegliche Guͤter deſſelben gerechnet wer- den muͤſſen, werden, mehr nach dem Herkommen als nach dem allgemeinen Voͤlkerrecht von aller Gerichtbarkeit des Staats bey dem er reſidirt, folglich auch vom Arreſt be- freyet. Doch ſind hievon 1) alle unbewegliche Guͤter aus- genommen, in Anſehung deren er die Gerichtbarkeit des Staats anerkennen muß, 2) auch ſolche bewegliche Guͤter die ihm offenbar in einer andren als ſeiner geſandſchaftlichen Ei- genſchaft gehoͤren, z. B. wenn er zugleich Handel treibt a) ſeine unſtreitige Kaufmannswaaren, oder wenn er eine fremde Erbſchaft verwaltet dieſe Erbſchaftsguͤter u. ſ. f. ſo daß er wegen der in dieſer Eigenſchaft wider ihn entſtehenden Klagen durch verfuͤgten Real-Arreſt zur Einlaſſung genoͤthi- get werden kann. 3) Dingliche Klagen wider einen Ge- ſandten der Unterthan des Staats iſt wo er reſidirt, koͤnnen bey den Landesgerichten angebracht werden b). Obgleich uͤbrigens auch der Arreſt der Guͤter eines Geſandten der nach- dem er Abſchied genommen folglich ſeine geſandſchaftliche Functionen beendiget ſind, dann wenn er ohne ſich mit ſei- nen Glaͤubigern abzufinden das Land verlaſſen wollte, gar wohl

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/281>, abgerufen am 29.03.2024.