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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Achtes Buch. Drittes Hauptstück.
chen Macht fortzuleben. Wie aber der Zweck der Repre-
salien dahin geht, durch selbige den verletzenden Staat zur
Genugthuung zu bewegen, oder uns diese selbst zu verschaffen,
so können, wenn eine Gattung derselben nicht hinreicht, meh-
rere derselben einzeln geübt werden. Beschließt aber ein
Staat allgemeine Represalien, so geht er aus dem fried-
lichen Zustande in den Stand des Kriegs über a).

a) Vattel T. II. L. II. §. 345.
Drittes Hauptstück.
Vom Krieg und dessen nächsten Folgen.
§. 258.
Begriff des Kriegs.

Krieg ist der Zustand fortdaurender und unbestimmter
Gewaltthätigkeiten der Menschen unter einander. Er ist
entweder Privatkrieg, wie er zwischen einzelnen Menschen
im Naturstande sich gedenken läßt, oder öffentlicher Krieg
(bellum publicum). Letzterer wird wiederum in den bür-
gerlichen, der zwischen den in einem Staat unter den Mit-
bürgern entstandenen Partheyen (bellum civile) und in
den Völkerkrieg eingetheilt. Der bürgerliche Krieg kann
in einfachen Staaten nur in den äußersten Fällen gerechtfer-
tiget werden, wo die höchste Gewalt ihn führt, um rebelli-
sche Unterthanen zum Gehorsam zu bringen, Executions-
krieg, oder wo ein Theil der Unterthanen in seinen bürger-
lichen Rechten so gekränkt worden, daß er dem Regenten den
Gehorsam aufkündigen und seine Freyheit mit den Woffen
vertheidigen kann; unter den Mitgliedern eines zusammenge-
setzten Staats hat der Krieg außerdem auch in den Fällen statt,
in welchen sich die Mitglieder auf den Fuß freyer Völker be-
handeln dürfen. Der Völkerkrieg wird zwischen freyen Völ-
kern unter einander geführt.


§. 259.

Achtes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
chen Macht fortzuleben. Wie aber der Zweck der Repre-
ſalien dahin geht, durch ſelbige den verletzenden Staat zur
Genugthuung zu bewegen, oder uns dieſe ſelbſt zu verſchaffen,
ſo koͤnnen, wenn eine Gattung derſelben nicht hinreicht, meh-
rere derſelben einzeln geuͤbt werden. Beſchließt aber ein
Staat allgemeine Repreſalien, ſo geht er aus dem fried-
lichen Zuſtande in den Stand des Kriegs uͤber a).

a) Vattel T. II. L. II. §. 345.
Drittes Hauptſtuͤck.
Vom Krieg und deſſen naͤchſten Folgen.
§. 258.
Begriff des Kriegs.

Krieg iſt der Zuſtand fortdaurender und unbeſtimmter
Gewaltthaͤtigkeiten der Menſchen unter einander. Er iſt
entweder Privatkrieg, wie er zwiſchen einzelnen Menſchen
im Naturſtande ſich gedenken laͤßt, oder oͤffentlicher Krieg
(bellum publicum). Letzterer wird wiederum in den buͤr-
gerlichen, der zwiſchen den in einem Staat unter den Mit-
buͤrgern entſtandenen Partheyen (bellum civile) und in
den Voͤlkerkrieg eingetheilt. Der buͤrgerliche Krieg kann
in einfachen Staaten nur in den aͤußerſten Faͤllen gerechtfer-
tiget werden, wo die hoͤchſte Gewalt ihn fuͤhrt, um rebelli-
ſche Unterthanen zum Gehorſam zu bringen, Executions-
krieg, oder wo ein Theil der Unterthanen in ſeinen buͤrger-
lichen Rechten ſo gekraͤnkt worden, daß er dem Regenten den
Gehorſam aufkuͤndigen und ſeine Freyheit mit den Woffen
vertheidigen kann; unter den Mitgliedern eines zuſammenge-
ſetzten Staats hat der Krieg außerdem auch in den Faͤllen ſtatt,
in welchen ſich die Mitglieder auf den Fuß freyer Voͤlker be-
handeln duͤrfen. Der Voͤlkerkrieg wird zwiſchen freyen Voͤl-
kern unter einander gefuͤhrt.


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[296/0324] Achtes Buch. Drittes Hauptſtuͤck. chen Macht fortzuleben. Wie aber der Zweck der Repre- ſalien dahin geht, durch ſelbige den verletzenden Staat zur Genugthuung zu bewegen, oder uns dieſe ſelbſt zu verſchaffen, ſo koͤnnen, wenn eine Gattung derſelben nicht hinreicht, meh- rere derſelben einzeln geuͤbt werden. Beſchließt aber ein Staat allgemeine Repreſalien, ſo geht er aus dem fried- lichen Zuſtande in den Stand des Kriegs uͤber a). a⁾ Vattel T. II. L. II. §. 345. Drittes Hauptſtuͤck. Vom Krieg und deſſen naͤchſten Folgen. §. 258. Begriff des Kriegs. Krieg iſt der Zuſtand fortdaurender und unbeſtimmter Gewaltthaͤtigkeiten der Menſchen unter einander. Er iſt entweder Privatkrieg, wie er zwiſchen einzelnen Menſchen im Naturſtande ſich gedenken laͤßt, oder oͤffentlicher Krieg (bellum publicum). Letzterer wird wiederum in den buͤr- gerlichen, der zwiſchen den in einem Staat unter den Mit- buͤrgern entſtandenen Partheyen (bellum civile) und in den Voͤlkerkrieg eingetheilt. Der buͤrgerliche Krieg kann in einfachen Staaten nur in den aͤußerſten Faͤllen gerechtfer- tiget werden, wo die hoͤchſte Gewalt ihn fuͤhrt, um rebelli- ſche Unterthanen zum Gehorſam zu bringen, Executions- krieg, oder wo ein Theil der Unterthanen in ſeinen buͤrger- lichen Rechten ſo gekraͤnkt worden, daß er dem Regenten den Gehorſam aufkuͤndigen und ſeine Freyheit mit den Woffen vertheidigen kann; unter den Mitgliedern eines zuſammenge- ſetzten Staats hat der Krieg außerdem auch in den Faͤllen ſtatt, in welchen ſich die Mitglieder auf den Fuß freyer Voͤlker be- handeln duͤrfen. Der Voͤlkerkrieg wird zwiſchen freyen Voͤl- kern unter einander gefuͤhrt. §. 259.

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/324>, abgerufen am 25.04.2024.