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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Gegenseitige Rechte während des Krieges.
daß sie den Hütten Frieden und nur den Pallästen Krieg brin-
gen wollen.
§. 274.
Betragen gegen feindliche Güter und Gerechtsame
überhaupt
.

Nach dem allgemeinen Befugniß welches der Feind
hat sich die ihm gebührende Genugthuung zu verschaffen,
kann er 1) dem Feinde alle die Rechte entziehn welche die-
ser aus vorhergehenden Staatsverträgen gegen ihn erlanget
hat, und daher nicht nur diese Verträge während des
Kriegs, sondern auch selbst diejenigen dem Feinde für im-
mer aufkündigen, die nicht durch den Krieg schon von selbst
zerfallen sind (§. 51.) er könnte auch 2) die Schulden ein-
ziehn mit welchen der Staat dem Feinde oder dessen Unter-
thanen verhaftet ist. Da aber hiedurch der Credit des
Staats zerstöret würde, so pflegt dies nur in außerordent-
[li]chen Fällen a) zu geschehn, und selbst die Zinszahlungen
werden nicht immer gehemmt. Er kann 3) dem Feinde so
viel Güter, es sey in seinem Gebiet (nur mit der § 263.
bemerkten Einschränkung) oder auf offener See, oder in
dem feindlichen Gebiet wegnehmen, als zu Erreichung seiner
Genugthuung, zur Entschädigung für seine Kriegskosten,
zur Schwächung des Feindes um ihn zum Frieden zu nö-
thigen, und zu seiner künftigen Sicherheit erforderlich ist.
Die Wegnahme unbeweglicher Güter wird Eroberung,
(conquete) die Wegnahme beweglicher, Beute (butin)
genannt.

a) Emerigon traite des assurances T. I. p. 567 u. f. So drohete
Oesterreich 1747 die Forderungen der Genueser an die Wiener
Bank einzuziehn, als diese Capitulationswidrig die Oesterreicher
verjagten. Mercure hist. et politique 1747. P. I. p. 536. P. II. p. 52.
Moser Versuch B. IX. Th. I. S. 301. 351.
§. 275.
In Landkriegen.

Wenn der Feind eine feindliche Provinz erobert, so ist er
daher 1) berechtiget sich alle Domainen, alle Landesrevenüen,

alle
U 5
Gegenſeitige Rechte waͤhrend des Krieges.
daß ſie den Huͤtten Frieden und nur den Pallaͤſten Krieg brin-
gen wollen.
§. 274.
Betragen gegen feindliche Guͤter und Gerechtſame
uͤberhaupt
.

Nach dem allgemeinen Befugniß welches der Feind
hat ſich die ihm gebuͤhrende Genugthuung zu verſchaffen,
kann er 1) dem Feinde alle die Rechte entziehn welche die-
ſer aus vorhergehenden Staatsvertraͤgen gegen ihn erlanget
hat, und daher nicht nur dieſe Vertraͤge waͤhrend des
Kriegs, ſondern auch ſelbſt diejenigen dem Feinde fuͤr im-
mer aufkuͤndigen, die nicht durch den Krieg ſchon von ſelbſt
zerfallen ſind (§. 51.) er koͤnnte auch 2) die Schulden ein-
ziehn mit welchen der Staat dem Feinde oder deſſen Unter-
thanen verhaftet iſt. Da aber hiedurch der Credit des
Staats zerſtoͤret wuͤrde, ſo pflegt dies nur in außerordent-
[li]chen Faͤllen a) zu geſchehn, und ſelbſt die Zinszahlungen
werden nicht immer gehemmt. Er kann 3) dem Feinde ſo
viel Guͤter, es ſey in ſeinem Gebiet (nur mit der § 263.
bemerkten Einſchraͤnkung) oder auf offener See, oder in
dem feindlichen Gebiet wegnehmen, als zu Erreichung ſeiner
Genugthuung, zur Entſchaͤdigung fuͤr ſeine Kriegskoſten,
zur Schwaͤchung des Feindes um ihn zum Frieden zu noͤ-
thigen, und zu ſeiner kuͤnftigen Sicherheit erforderlich iſt.
Die Wegnahme unbeweglicher Guͤter wird Eroberung,
(conquète) die Wegnahme beweglicher, Beute (butin)
genannt.

a) Emerigon traité des aſſurances T. I. p. 567 u. f. So drohete
Oeſterreich 1747 die Forderungen der Genueſer an die Wiener
Bank einzuziehn, als dieſe Capitulationswidrig die Oeſterreicher
verjagten. Mercure hiſt. et politique 1747. P. I. p. 536. P. II. p. 52.
Moſer Verſuch B. IX. Th. I. S. 301. 351.
§. 275.
In Landkriegen.

Wenn der Feind eine feindliche Provinz erobert, ſo iſt er
daher 1) berechtiget ſich alle Domainen, alle Landesrevenuͤen,

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[313/0341] Gegenſeitige Rechte waͤhrend des Krieges. c⁾ daß ſie den Huͤtten Frieden und nur den Pallaͤſten Krieg brin- gen wollen. §. 274. Betragen gegen feindliche Guͤter und Gerechtſame uͤberhaupt. Nach dem allgemeinen Befugniß welches der Feind hat ſich die ihm gebuͤhrende Genugthuung zu verſchaffen, kann er 1) dem Feinde alle die Rechte entziehn welche die- ſer aus vorhergehenden Staatsvertraͤgen gegen ihn erlanget hat, und daher nicht nur dieſe Vertraͤge waͤhrend des Kriegs, ſondern auch ſelbſt diejenigen dem Feinde fuͤr im- mer aufkuͤndigen, die nicht durch den Krieg ſchon von ſelbſt zerfallen ſind (§. 51.) er koͤnnte auch 2) die Schulden ein- ziehn mit welchen der Staat dem Feinde oder deſſen Unter- thanen verhaftet iſt. Da aber hiedurch der Credit des Staats zerſtoͤret wuͤrde, ſo pflegt dies nur in außerordent- lichen Faͤllen a) zu geſchehn, und ſelbſt die Zinszahlungen werden nicht immer gehemmt. Er kann 3) dem Feinde ſo viel Guͤter, es ſey in ſeinem Gebiet (nur mit der § 263. bemerkten Einſchraͤnkung) oder auf offener See, oder in dem feindlichen Gebiet wegnehmen, als zu Erreichung ſeiner Genugthuung, zur Entſchaͤdigung fuͤr ſeine Kriegskoſten, zur Schwaͤchung des Feindes um ihn zum Frieden zu noͤ- thigen, und zu ſeiner kuͤnftigen Sicherheit erforderlich iſt. Die Wegnahme unbeweglicher Guͤter wird Eroberung, (conquète) die Wegnahme beweglicher, Beute (butin) genannt. a⁾ Emerigon traité des aſſurances T. I. p. 567 u. f. So drohete Oeſterreich 1747 die Forderungen der Genueſer an die Wiener Bank einzuziehn, als dieſe Capitulationswidrig die Oeſterreicher verjagten. Mercure hiſt. et politique 1747. P. I. p. 536. P. II. p. 52. Moſer Verſuch B. IX. Th. I. S. 301. 351. §. 275. In Landkriegen. Wenn der Feind eine feindliche Provinz erobert, ſo iſt er daher 1) berechtiget ſich alle Domainen, alle Landesrevenuͤen, alle U 5

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/341>, abgerufen am 20.04.2024.