Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Achtes Buch. Siebentes Hauptstück.
not. l. Ob das Schiff confiscirt werden könne wenn der größeste Theil
der Ladung Contrebande gewesen s. Bouchaud theorie p. 352, auch
darüber pflegen die Handelsverträge Bestimmungen zu enthalten.
c) Nur in einem einzigen Vertrage ist bisher festgesetzt worden, daß
sogar die eigentliche Contrebande nicht solle confiscirt sondern nur
angehalten werden dürfen. Vertrag zwischen Preußen und den
Americanischen Freystaaten 1785. art. 13. m. Recueil T. II. p. 566.
§. 315.
2) Handel mit blockirten Orten.

Daß aber blockirten Häsen, Lägern u. s. f. weder
Kriegsmunition noch andere Waaren, insonderheit Lebens-
mittel zugeführt werden dürsen, wird nach dem Herkommen
und den Verträgen so wenig als nach dem allgemeinen
Völkerrecht bezweifelt, und in diesen Fällen wird nicht nur die
Consiscation des Schiffes samt den Gütern, sondern auch
selbst Leib und Lebensstrafe gegen den der diesen Handel vor-
sätzlich treibt verhängt. Nur daß oft und auf mannigfaltige
Weise über die Frage gestritten wird, von welcher Zeit an
ein Hafen für blockirt zu achten sey a); daß die bloß wört-
liche Erklärung einer kriegführenden, oft noch sehr entfernten
Macht dazu nicht hinreichen könne, ist in die Augen fallend.

a) Pestel selecta capita iur. gent. mar. §. 11. nicht nur vor dem Ur-
sprunge des Systems der bewaffneten Neutralität, sondern auch
jetzt noch wird oft über die Frage gestritten; s. einen merkwürdi-
gen Fall in Morning Chronicle 1795. n. 8052.
§. 316.
3) Freyer Handel neutraler Mächte.

Mit diesen Ausnahmen hingegen ist jetzt, nach einzel-
nen vergeblichen Versuchen a) den neutralen Mächten allen
Handel mit dem Feinde zu untersagen, der Grundsatz aner-
kannt: daß diesen der Handel und die Schiffart nach allen
offenen feindlichen Plätzen und Küsten freystehe.

Da indeß eine kriegführende Macht bey dem Anschein
der neutralen Flagge eines ihr begegnenden Schiffes sich

nicht
Achtes Buch. Siebentes Hauptſtuͤck.
not. l. Ob das Schiff confiſcirt werden koͤnne wenn der groͤßeſte Theil
der Ladung Contrebande geweſen ſ. Bouchaud theorie p. 352, auch
daruͤber pflegen die Handelsvertraͤge Beſtimmungen zu enthalten.
c) Nur in einem einzigen Vertrage iſt bisher feſtgeſetzt worden, daß
ſogar die eigentliche Contrebande nicht ſolle confiſcirt ſondern nur
angehalten werden duͤrfen. Vertrag zwiſchen Preußen und den
Americaniſchen Freyſtaaten 1785. art. 13. m. Recueil T. II. p. 566.
§. 315.
2) Handel mit blockirten Orten.

Daß aber blockirten Haͤſen, Laͤgern u. ſ. f. weder
Kriegsmunition noch andere Waaren, inſonderheit Lebens-
mittel zugefuͤhrt werden duͤrſen, wird nach dem Herkommen
und den Vertraͤgen ſo wenig als nach dem allgemeinen
Voͤlkerrecht bezweifelt, und in dieſen Faͤllen wird nicht nur die
Conſiscation des Schiffes ſamt den Guͤtern, ſondern auch
ſelbſt Leib und Lebensſtrafe gegen den der dieſen Handel vor-
ſaͤtzlich treibt verhaͤngt. Nur daß oft und auf mannigfaltige
Weiſe uͤber die Frage geſtritten wird, von welcher Zeit an
ein Hafen fuͤr blockirt zu achten ſey a); daß die bloß woͤrt-
liche Erklaͤrung einer kriegfuͤhrenden, oft noch ſehr entfernten
Macht dazu nicht hinreichen koͤnne, iſt in die Augen fallend.

a) Pestel ſelecta capita iur. gent. mar. §. 11. nicht nur vor dem Ur-
ſprunge des Syſtems der bewaffneten Neutralitaͤt, ſondern auch
jetzt noch wird oft uͤber die Frage geſtritten; ſ. einen merkwuͤrdi-
gen Fall in Morning Chronicle 1795. n. 8052.
§. 316.
3) Freyer Handel neutraler Maͤchte.

Mit dieſen Ausnahmen hingegen iſt jetzt, nach einzel-
nen vergeblichen Verſuchen a) den neutralen Maͤchten allen
Handel mit dem Feinde zu unterſagen, der Grundſatz aner-
kannt: daß dieſen der Handel und die Schiffart nach allen
offenen feindlichen Plaͤtzen und Kuͤſten freyſtehe.

Da indeß eine kriegfuͤhrende Macht bey dem Anſchein
der neutralen Flagge eines ihr begegnenden Schiffes ſich

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <note place="end" n="b)"><pb facs="#f0384" n="356"/><fw place="top" type="header">Achtes Buch. Siebentes Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</fw><lb/><hi rendition="#aq">not.</hi> l. Ob das Schiff confi&#x017F;cirt werden ko&#x0364;nne wenn der gro&#x0364;ße&#x017F;te Theil<lb/>
der Ladung Contrebande gewe&#x017F;en &#x017F;. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Bouchaud</hi><hi rendition="#i">theorie</hi> p.</hi> 352, auch<lb/>
daru&#x0364;ber pflegen die Handelsvertra&#x0364;ge Be&#x017F;timmungen zu enthalten.</note><lb/>
            <note place="end" n="c)">Nur in einem einzigen Vertrage i&#x017F;t bisher fe&#x017F;tge&#x017F;etzt worden, daß<lb/>
&#x017F;ogar die eigentliche Contrebande nicht &#x017F;olle confi&#x017F;cirt &#x017F;ondern nur<lb/>
angehalten werden du&#x0364;rfen. Vertrag zwi&#x017F;chen <hi rendition="#fr">Preußen</hi> und den<lb/><hi rendition="#fr">Americani&#x017F;chen Frey&#x017F;taaten</hi> 1785. <hi rendition="#aq">art. 13. m. <hi rendition="#i">Recueil</hi> T. II. p. 566.</hi></note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 315.<lb/>
2) <hi rendition="#fr">Handel mit blockirten Orten.</hi></head><lb/>
            <p>Daß aber blockirten Ha&#x0364;&#x017F;en, La&#x0364;gern u. &#x017F;. f. weder<lb/>
Kriegsmunition noch andere Waaren, in&#x017F;onderheit Lebens-<lb/>
mittel zugefu&#x0364;hrt werden du&#x0364;r&#x017F;en, wird nach dem Herkommen<lb/>
und den Vertra&#x0364;gen &#x017F;o wenig als nach dem allgemeinen<lb/>
Vo&#x0364;lkerrecht bezweifelt, und in die&#x017F;en Fa&#x0364;llen wird nicht nur die<lb/>
Con&#x017F;iscation des Schiffes &#x017F;amt den Gu&#x0364;tern, &#x017F;ondern auch<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t Leib und Lebens&#x017F;trafe gegen den der die&#x017F;en Handel vor-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;tzlich treibt verha&#x0364;ngt. Nur daß oft und auf mannigfaltige<lb/>
Wei&#x017F;e u&#x0364;ber die Frage ge&#x017F;tritten wird, von welcher Zeit an<lb/>
ein Hafen fu&#x0364;r blockirt zu achten &#x017F;ey <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>); daß die bloß wo&#x0364;rt-<lb/>
liche Erkla&#x0364;rung einer kriegfu&#x0364;hrenden, oft noch &#x017F;ehr entfernten<lb/>
Macht dazu nicht hinreichen ko&#x0364;nne, i&#x017F;t in die Augen fallend.</p><lb/>
            <note place="end" n="a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Pestel</hi><hi rendition="#i">&#x017F;electa capita iur. gent. mar.</hi> §. 11.</hi> nicht nur vor dem Ur-<lb/>
&#x017F;prunge des Sy&#x017F;tems der bewaffneten Neutralita&#x0364;t, &#x017F;ondern auch<lb/>
jetzt noch wird oft u&#x0364;ber die Frage ge&#x017F;tritten; &#x017F;. einen merkwu&#x0364;rdi-<lb/>
gen Fall in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Morning</hi><hi rendition="#i">Chronicle</hi> 1795. n. 8052.</hi></note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 316.<lb/>
3) <hi rendition="#fr">Freyer Handel neutraler Ma&#x0364;chte.</hi></head><lb/>
            <p>Mit die&#x017F;en Ausnahmen hingegen i&#x017F;t jetzt, nach einzel-<lb/>
nen vergeblichen Ver&#x017F;uchen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>) den neutralen Ma&#x0364;chten allen<lb/>
Handel mit dem Feinde zu unter&#x017F;agen, der Grund&#x017F;atz aner-<lb/>
kannt: daß die&#x017F;en der Handel und die Schiffart nach allen<lb/>
offenen feindlichen Pla&#x0364;tzen und Ku&#x0364;&#x017F;ten frey&#x017F;tehe.</p><lb/>
            <p>Da indeß eine kriegfu&#x0364;hrende Macht bey dem An&#x017F;chein<lb/>
der neutralen Flagge eines ihr begegnenden Schiffes &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[356/0384] Achtes Buch. Siebentes Hauptſtuͤck. b⁾ not. l. Ob das Schiff confiſcirt werden koͤnne wenn der groͤßeſte Theil der Ladung Contrebande geweſen ſ. Bouchaud theorie p. 352, auch daruͤber pflegen die Handelsvertraͤge Beſtimmungen zu enthalten. c⁾ Nur in einem einzigen Vertrage iſt bisher feſtgeſetzt worden, daß ſogar die eigentliche Contrebande nicht ſolle confiſcirt ſondern nur angehalten werden duͤrfen. Vertrag zwiſchen Preußen und den Americaniſchen Freyſtaaten 1785. art. 13. m. Recueil T. II. p. 566. §. 315. 2) Handel mit blockirten Orten. Daß aber blockirten Haͤſen, Laͤgern u. ſ. f. weder Kriegsmunition noch andere Waaren, inſonderheit Lebens- mittel zugefuͤhrt werden duͤrſen, wird nach dem Herkommen und den Vertraͤgen ſo wenig als nach dem allgemeinen Voͤlkerrecht bezweifelt, und in dieſen Faͤllen wird nicht nur die Conſiscation des Schiffes ſamt den Guͤtern, ſondern auch ſelbſt Leib und Lebensſtrafe gegen den der dieſen Handel vor- ſaͤtzlich treibt verhaͤngt. Nur daß oft und auf mannigfaltige Weiſe uͤber die Frage geſtritten wird, von welcher Zeit an ein Hafen fuͤr blockirt zu achten ſey a); daß die bloß woͤrt- liche Erklaͤrung einer kriegfuͤhrenden, oft noch ſehr entfernten Macht dazu nicht hinreichen koͤnne, iſt in die Augen fallend. a⁾ Pestel ſelecta capita iur. gent. mar. §. 11. nicht nur vor dem Ur- ſprunge des Syſtems der bewaffneten Neutralitaͤt, ſondern auch jetzt noch wird oft uͤber die Frage geſtritten; ſ. einen merkwuͤrdi- gen Fall in Morning Chronicle 1795. n. 8052. §. 316. 3) Freyer Handel neutraler Maͤchte. Mit dieſen Ausnahmen hingegen iſt jetzt, nach einzel- nen vergeblichen Verſuchen a) den neutralen Maͤchten allen Handel mit dem Feinde zu unterſagen, der Grundſatz aner- kannt: daß dieſen der Handel und die Schiffart nach allen offenen feindlichen Plaͤtzen und Kuͤſten freyſtehe. Da indeß eine kriegfuͤhrende Macht bey dem Anſchein der neutralen Flagge eines ihr begegnenden Schiffes ſich nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/384
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/384>, abgerufen am 23.04.2024.