Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Neutralitär.
nicht beruhigen kann, so ist anerkannt, daß neutrale Schiffe
denen ein feindliches Kriegs- oder Caper-Schiff auf offener
See begegnet, sich auf ein gegebenes Zeichen (semonce)
der Visitation unterwerfen muß, die jedoch der Regel nach
auf die bloße Vorzeigung der Seebriefe b) sich beschränken
soll, so daß nur dann, wenn diese verdächtig befunden wer-
den, eine Durchsuchung des Schiffs Statt haben, auch falls
der Schiffer zu Abtretung der confiscablen Güter sich er-
bietet, das Schiff samt der ubrigen Ladung an ruhiger Fort-
setzung der Reise der Regel nach nicht gehindert werden sollte c).

In mehreren neueren Verträgen ist festgesetzt, daß,
falls das Schiff unter Convoy fährt, dem bloßen Ehrenwort
des commandirenden Officiers geglaubt, und alle fernere
Visitation eingestellt werden solle d).

a) Solche Versuche machten die verein. Niederländer zu Anfang
des 17ten Jahrhunderts Büsch über die Zerrüttung des See-
handels p. 151. Jenkinson discourse p. 115. England und Hol-
land
1689. s. Bouchaud theorie S. 252. 841. Nicht viel weni-
ger ausgedehnt waren die Anforderungen Großbritanniens und
Rußland an Frankreich in dem gegenwärtigen Kriege, welche mit
der besondren Beschaffenheit desselben entschuldiget werden sollten,
aber doch auch diesesmahl unerfüllt blieben. S. einige dahin ge-
hörige Staatsacten in m. Recueil T. V. p. 138-262.
b) Lampredi del commercio T. I. p. 187.
c) Von der Art wie diese Durchsuchung geschehen sollte, und wie
sie zu geschehn pflegt, habe ich ausführlich gehandelt in m. essai
concernant les armateurs
chap. II. §. 18
u. f.
d) m. Essai concernant les armateurs chap. II. §. 20.
§. 317.
Gerichtbarkeit in Prisen-Sachen.

In Fällen in welchen ein Schiff, es sey feindlich oder
neutral, auf offener See weggenommen worden, kann zwar
der Nehmer nicht ehr über dasselbe ein Eigenthumsrecht aus-
üben, bis er durch Urtheil und Recht eines Admiralitäts-
gerichts ihm zugesprochen worden; das Herkommen und viele

Ver-
Z 3

Von der Neutralitaͤr.
nicht beruhigen kann, ſo iſt anerkannt, daß neutrale Schiffe
denen ein feindliches Kriegs- oder Caper-Schiff auf offener
See begegnet, ſich auf ein gegebenes Zeichen (ſemonce)
der Viſitation unterwerfen muß, die jedoch der Regel nach
auf die bloße Vorzeigung der Seebriefe b) ſich beſchraͤnken
ſoll, ſo daß nur dann, wenn dieſe verdaͤchtig befunden wer-
den, eine Durchſuchung des Schiffs Statt haben, auch falls
der Schiffer zu Abtretung der confiscablen Guͤter ſich er-
bietet, das Schiff ſamt der ubrigen Ladung an ruhiger Fort-
ſetzung der Reiſe der Regel nach nicht gehindert werden ſollte c).

In mehreren neueren Vertraͤgen iſt feſtgeſetzt, daß,
falls das Schiff unter Convoy faͤhrt, dem bloßen Ehrenwort
des commandirenden Officiers geglaubt, und alle fernere
Viſitation eingeſtellt werden ſolle d).

a) Solche Verſuche machten die verein. Niederlaͤnder zu Anfang
des 17ten Jahrhunderts Buͤſch uͤber die Zerruͤttung des See-
handels p. 151. Jenkinson diſcourſe p. 115. England und Hol-
land
1689. ſ. Bouchaud theorie S. 252. 841. Nicht viel weni-
ger ausgedehnt waren die Anforderungen Großbritanniens und
Rußland an Frankreich in dem gegenwaͤrtigen Kriege, welche mit
der beſondren Beſchaffenheit deſſelben entſchuldiget werden ſollten,
aber doch auch dieſesmahl unerfuͤllt blieben. S. einige dahin ge-
hoͤrige Staatsacten in m. Recueil T. V. p. 138-262.
b) Lampredi del commercio T. I. p. 187.
c) Von der Art wie dieſe Durchſuchung geſchehen ſollte, und wie
ſie zu geſchehn pflegt, habe ich ausfuͤhrlich gehandelt in m. eſſai
concernant les armateurs
chap. II. §. 18
u. f.
d) m. Eſſai concernant les armateurs chap. II. §. 20.
§. 317.
Gerichtbarkeit in Priſen-Sachen.

In Faͤllen in welchen ein Schiff, es ſey feindlich oder
neutral, auf offener See weggenommen worden, kann zwar
der Nehmer nicht ehr uͤber daſſelbe ein Eigenthumsrecht aus-
uͤben, bis er durch Urtheil und Recht eines Admiralitaͤts-
gerichts ihm zugeſprochen worden; das Herkommen und viele

Ver-
Z 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0385" n="357"/><fw place="top" type="header">Von der Neutralita&#x0364;r.</fw><lb/>
nicht beruhigen kann, &#x017F;o i&#x017F;t anerkannt, daß neutrale Schiffe<lb/>
denen ein feindliches Kriegs- oder Caper-Schiff auf offener<lb/>
See begegnet, &#x017F;ich auf ein gegebenes Zeichen (<hi rendition="#aq">&#x017F;emonce</hi>)<lb/>
der Vi&#x017F;itation unterwerfen muß, die jedoch der Regel nach<lb/>
auf die bloße Vorzeigung der Seebriefe <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">b</hi></hi>) &#x017F;ich be&#x017F;chra&#x0364;nken<lb/>
&#x017F;oll, &#x017F;o daß nur dann, wenn die&#x017F;e verda&#x0364;chtig befunden wer-<lb/>
den, eine Durch&#x017F;uchung des Schiffs Statt haben, auch falls<lb/>
der Schiffer zu Abtretung der confiscablen Gu&#x0364;ter &#x017F;ich er-<lb/>
bietet, das Schiff &#x017F;amt der ubrigen Ladung an ruhiger Fort-<lb/>
&#x017F;etzung der Rei&#x017F;e der Regel nach nicht gehindert werden &#x017F;ollte <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">c</hi></hi>).</p><lb/>
            <p>In mehreren neueren Vertra&#x0364;gen i&#x017F;t fe&#x017F;tge&#x017F;etzt, daß,<lb/>
falls das Schiff unter Convoy fa&#x0364;hrt, dem bloßen Ehrenwort<lb/>
des commandirenden Officiers geglaubt, und alle fernere<lb/>
Vi&#x017F;itation einge&#x017F;tellt werden &#x017F;olle <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">d</hi></hi>).</p><lb/>
            <note place="end" n="a)">Solche Ver&#x017F;uche machten die verein. <hi rendition="#fr">Niederla&#x0364;nder</hi> zu Anfang<lb/>
des 17ten Jahrhunderts <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Bu&#x0364;&#x017F;ch</hi></hi> u&#x0364;ber die Zerru&#x0364;ttung des See-<lb/>
handels <hi rendition="#aq">p. 151. <hi rendition="#k">Jenkinson</hi> <hi rendition="#i">di&#x017F;cour&#x017F;e</hi> p. 115.</hi> <hi rendition="#fr">England</hi> und <hi rendition="#fr">Hol-<lb/>
land</hi> 1689. &#x017F;. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Bouchaud</hi><hi rendition="#i">theorie</hi></hi> S. 252. 841. Nicht viel weni-<lb/>
ger ausgedehnt waren die Anforderungen Großbritanniens und<lb/>
Rußland an Frankreich in dem gegenwa&#x0364;rtigen Kriege, welche mit<lb/>
der be&#x017F;ondren Be&#x017F;chaffenheit de&#x017F;&#x017F;elben ent&#x017F;chuldiget werden &#x017F;ollten,<lb/>
aber doch auch die&#x017F;esmahl unerfu&#x0364;llt blieben. S. einige dahin ge-<lb/>
ho&#x0364;rige Staatsacten in m. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Recueil</hi> T. V. p. 138-262.</hi></note><lb/>
            <note place="end" n="b)"> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Lampredi</hi><hi rendition="#i">del commercio</hi> T. I. p. 187.</hi> </note><lb/>
            <note place="end" n="c)">Von der Art wie die&#x017F;e Durch&#x017F;uchung ge&#x017F;chehen &#x017F;ollte, und wie<lb/>
&#x017F;ie zu ge&#x017F;chehn pflegt, habe ich ausfu&#x0364;hrlich gehandelt in m. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">e&#x017F;&#x017F;ai<lb/>
concernant les armateurs</hi> chap. II. §. 18</hi> u. f.</note><lb/>
            <note place="end" n="d)">m. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">E&#x017F;&#x017F;ai concernant les armateurs</hi> chap. II. §. 20.</hi></note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 317.<lb/><hi rendition="#fr">Gerichtbarkeit in Pri&#x017F;en-Sachen.</hi></head><lb/>
            <p>In Fa&#x0364;llen in welchen ein Schiff, es &#x017F;ey feindlich oder<lb/>
neutral, auf offener See weggenommen worden, kann zwar<lb/>
der Nehmer nicht ehr u&#x0364;ber da&#x017F;&#x017F;elbe ein Eigenthumsrecht aus-<lb/>
u&#x0364;ben, bis er durch Urtheil und Recht eines Admiralita&#x0364;ts-<lb/>
gerichts ihm zuge&#x017F;prochen worden; das Herkommen und viele<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[357/0385] Von der Neutralitaͤr. nicht beruhigen kann, ſo iſt anerkannt, daß neutrale Schiffe denen ein feindliches Kriegs- oder Caper-Schiff auf offener See begegnet, ſich auf ein gegebenes Zeichen (ſemonce) der Viſitation unterwerfen muß, die jedoch der Regel nach auf die bloße Vorzeigung der Seebriefe b) ſich beſchraͤnken ſoll, ſo daß nur dann, wenn dieſe verdaͤchtig befunden wer- den, eine Durchſuchung des Schiffs Statt haben, auch falls der Schiffer zu Abtretung der confiscablen Guͤter ſich er- bietet, das Schiff ſamt der ubrigen Ladung an ruhiger Fort- ſetzung der Reiſe der Regel nach nicht gehindert werden ſollte c). In mehreren neueren Vertraͤgen iſt feſtgeſetzt, daß, falls das Schiff unter Convoy faͤhrt, dem bloßen Ehrenwort des commandirenden Officiers geglaubt, und alle fernere Viſitation eingeſtellt werden ſolle d). a⁾ Solche Verſuche machten die verein. Niederlaͤnder zu Anfang des 17ten Jahrhunderts Buͤſch uͤber die Zerruͤttung des See- handels p. 151. Jenkinson diſcourſe p. 115. England und Hol- land 1689. ſ. Bouchaud theorie S. 252. 841. Nicht viel weni- ger ausgedehnt waren die Anforderungen Großbritanniens und Rußland an Frankreich in dem gegenwaͤrtigen Kriege, welche mit der beſondren Beſchaffenheit deſſelben entſchuldiget werden ſollten, aber doch auch dieſesmahl unerfuͤllt blieben. S. einige dahin ge- hoͤrige Staatsacten in m. Recueil T. V. p. 138-262. b⁾ Lampredi del commercio T. I. p. 187. c⁾ Von der Art wie dieſe Durchſuchung geſchehen ſollte, und wie ſie zu geſchehn pflegt, habe ich ausfuͤhrlich gehandelt in m. eſſai concernant les armateurs chap. II. §. 18 u. f. d⁾ m. Eſſai concernant les armateurs chap. II. §. 20. §. 317. Gerichtbarkeit in Priſen-Sachen. In Faͤllen in welchen ein Schiff, es ſey feindlich oder neutral, auf offener See weggenommen worden, kann zwar der Nehmer nicht ehr uͤber daſſelbe ein Eigenthumsrecht aus- uͤben, bis er durch Urtheil und Recht eines Admiralitaͤts- gerichts ihm zugeſprochen worden; das Herkommen und viele Ver- Z 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/385
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/385>, abgerufen am 18.04.2024.