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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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VIII.

Der Geschmack bestehet in Erfüllung
der Begierde/ derowegen must du deinen
Willen also reguliren, daß er nichts wün-
sche/ als solche Sachen/ damit er kan zu
recht kommen/ und sich nicht mit solchen
Sachen bemühe/ so unmöglich sind zu er-
langen. Du wirst der allerglückseligste
seyn unter allen Menschen/ wann du deine
inclinationen, deine Lieb und Begierde
nach deinem Vermögen missest; Wann
du dich von dieser Regul entfernest/ so wirst
du elendig seyn/ so offt du etwas begehren
wirst.

IX.

Wann du dein Gemüth vergnugen
kanst/ in dem du wenig issest/ so wird man
dich vor einen Narren halten/ wann du
wilt viel essen/ den Hunger zu mehren/ und
deinen Appetit zu reitzen. Also gehet es
dir/ wann du vergnügt seyn kanst/ indem
du wenig begehrest/ und deinen Willen un-
bedächtlich den Zaum lässest/ welcher nicht
zu frieden ist/ weil er sich mit einem wunder-
bahren Excess übernehmen läst/ alle das-
jenige zu begehren/ was seiner Ruhe zu wi-
der ist. Die Begierde ist eine sehr weite

Ku-
E 3
VIII.

Der Geſchmack beſtehet in Erfuͤllung
der Begierde/ derowegen muſt du deinen
Willen alſo reguliren, daß er nichts wuͤn-
ſche/ als ſolche Sachen/ damit er kan zu
recht kommen/ und ſich nicht mit ſolchen
Sachen bemuͤhe/ ſo unmoͤglich ſind zu er-
langen. Du wirſt der allergluͤckſeligſte
ſeyn unter allen Menſchen/ wann du deine
inclinationen, deine Lieb und Begierde
nach deinem Vermoͤgen miſſeſt; Wann
du dich von dieſer Regul entferneſt/ ſo wirſt
du elendig ſeyn/ ſo offt du etwas begehren
wirſt.

IX.

Wann du dein Gemuͤth vergnůgen
kanſt/ in dem du wenig iſſeſt/ ſo wird man
dich vor einen Narren halten/ wann du
wilt viel eſſen/ den Hunger zu mehren/ und
deinen Appetit zu reitzen. Alſo gehet es
dir/ wann du vergnuͤgt ſeyn kanſt/ indem
du wenig begehreſt/ und deinen Willen un-
bedaͤchtlich den Zaum laͤſſeſt/ welcher nicht
zu frieden iſt/ weil er ſich mit einem wunder-
bahren Exceſs uͤbernehmen laͤſt/ alle das-
jenige zu begehren/ was ſeiner Ruhe zu wi-
der iſt. Die Begierde iſt eine ſehr weite

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[111[101]/0112] VIII. Der Geſchmack beſtehet in Erfuͤllung der Begierde/ derowegen muſt du deinen Willen alſo reguliren, daß er nichts wuͤn- ſche/ als ſolche Sachen/ damit er kan zu recht kommen/ und ſich nicht mit ſolchen Sachen bemuͤhe/ ſo unmoͤglich ſind zu er- langen. Du wirſt der allergluͤckſeligſte ſeyn unter allen Menſchen/ wann du deine inclinationen, deine Lieb und Begierde nach deinem Vermoͤgen miſſeſt; Wann du dich von dieſer Regul entferneſt/ ſo wirſt du elendig ſeyn/ ſo offt du etwas begehren wirſt. IX. Wann du dein Gemuͤth vergnůgen kanſt/ in dem du wenig iſſeſt/ ſo wird man dich vor einen Narren halten/ wann du wilt viel eſſen/ den Hunger zu mehren/ und deinen Appetit zu reitzen. Alſo gehet es dir/ wann du vergnuͤgt ſeyn kanſt/ indem du wenig begehreſt/ und deinen Willen un- bedaͤchtlich den Zaum laͤſſeſt/ welcher nicht zu frieden iſt/ weil er ſich mit einem wunder- bahren Exceſs uͤbernehmen laͤſt/ alle das- jenige zu begehren/ was ſeiner Ruhe zu wi- der iſt. Die Begierde iſt eine ſehr weite Ku- E 3

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 111[101]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/112>, abgerufen am 16.04.2024.