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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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gelobt zu werden/ soll sich nicht sehr beküm-
mern/ wann man ihm solches Recht nicht
wiederfahren läst; Aber man muß wohl
Achtung geben/ daß man kein Lob begehret/
dessen man nicht werth ist. Wann man
schon einen Mann lobt/ so ist er doch nicht
desto tugendhaffter/ aber wann man die
Gutheissung frommer Leute verdienet/ so ist
ers in der That. Eine Persohn/ die weder
Tugend noch Vollkommenheit an sich hat/
heist dieselbe schmähen. Der Verdienst al-
lein ohn Lob ist eine rare Tugend/ und eine
sonderbahre Gütigkeit. Der Neid henckt
sich nur an edle und grosse Qvalitäten.

XXXVII.

Deine Mühseligkeit wird dir nicht so ver-
drießlich vorkommen/ wann du sie mit der
Mühseligkeit anderer Leute vergleichest.
Begehrest du nicht so viel zu leyden/ so leide
das Unglück/ so dir begegnet/ mit Gedult;
Wann deine Schwachheit sich auff deine
Seite begibt/ so befestige deine Seite mit
der Vernunfft. Wann das Unglück von
deiner Schuld herkompt/ so nim es an als
ein Ding/ so dir gebühret; wann du nichts
darzu gethan hast/ so thue dir selbst ein Ge-
nügen wegen deiner Unschuld in deinen Ge-

dan-

gelobt zu werden/ ſoll ſich nicht ſehr bekuͤm-
mern/ wann man ihm ſolches Recht nicht
wiederfahren laͤſt; Aber man muß wohl
Achtung geben/ daß man kein Lob begehret/
deſſen man nicht werth iſt. Wann man
ſchon einen Mann lobt/ ſo iſt er doch nicht
deſto tugendhaffter/ aber wann man die
Gutheiſſung frommer Leute verdienet/ ſo iſt
ers in der That. Eine Perſohn/ die weder
Tugend noch Vollkommenheit an ſich hat/
heiſt dieſelbe ſchmaͤhen. Der Verdienſt al-
lein ohn Lob iſt eine rare Tugend/ und eine
ſonderbahre Guͤtigkeit. Der Neid henckt
ſich nur an edle und groſſe Qvalitaͤten.

XXXVII.

Deine Muͤhſeligkeit wird dir nicht ſo ver-
drießlich vorkommen/ wann du ſie mit der
Muͤhſeligkeit anderer Leute vergleicheſt.
Begehreſt du nicht ſo viel zu leyden/ ſo leide
das Ungluͤck/ ſo dir begegnet/ mit Gedult;
Wann deine Schwachheit ſich auff deine
Seite begibt/ ſo befeſtige deine Seite mit
der Vernunfft. Wann das Ungluͤck von
deiner Schuld herkompt/ ſo nim es an als
ein Ding/ ſo dir gebuͤhret; wann du nichts
darzu gethan haſt/ ſo thue dir ſelbſt ein Ge-
nuͤgen wegen deiner Unſchuld in deinen Ge-

dan-
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[124[114]/0125] gelobt zu werden/ ſoll ſich nicht ſehr bekuͤm- mern/ wann man ihm ſolches Recht nicht wiederfahren laͤſt; Aber man muß wohl Achtung geben/ daß man kein Lob begehret/ deſſen man nicht werth iſt. Wann man ſchon einen Mann lobt/ ſo iſt er doch nicht deſto tugendhaffter/ aber wann man die Gutheiſſung frommer Leute verdienet/ ſo iſt ers in der That. Eine Perſohn/ die weder Tugend noch Vollkommenheit an ſich hat/ heiſt dieſelbe ſchmaͤhen. Der Verdienſt al- lein ohn Lob iſt eine rare Tugend/ und eine ſonderbahre Guͤtigkeit. Der Neid henckt ſich nur an edle und groſſe Qvalitaͤten. XXXVII. Deine Muͤhſeligkeit wird dir nicht ſo ver- drießlich vorkommen/ wann du ſie mit der Muͤhſeligkeit anderer Leute vergleicheſt. Begehreſt du nicht ſo viel zu leyden/ ſo leide das Ungluͤck/ ſo dir begegnet/ mit Gedult; Wann deine Schwachheit ſich auff deine Seite begibt/ ſo befeſtige deine Seite mit der Vernunfft. Wann das Ungluͤck von deiner Schuld herkompt/ ſo nim es an als ein Ding/ ſo dir gebuͤhret; wann du nichts darzu gethan haſt/ ſo thue dir ſelbſt ein Ge- nuͤgen wegen deiner Unſchuld in deinen Ge- dan-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 124[114]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/125>, abgerufen am 29.03.2024.