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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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erklären; Man muß nichts Gutes thun
aus Zuneigung/ noch böses aus Begierden.
Verordne niemahls eine Straffe/ wann
du erzörnet bist/ und denck nicht an die Be-
lohnung/ wann du etwa mit Freuden über-
nommen bist. Nicht als wann man nicht
mit Lust Gutes thun solte/ sondern weil es
sich nicht geziemet/ daß die Freude und Lust
die Wolthaten austheilen sollen.

V.

Sich nicht allzusehr auf das Glück ver-
lassen/ und die Klugheit allezeit zu Raht zie-
hen/ ist ein gewisses Mittel in demjenigen/
welches man ihm vornimt/ wohl fortzukom-
men. Es ist eine grössere Geschicklichkeit/
wann ein guter Raht schon seinen Zweck
nicht erreichet/ als wann man sein Vorha-
ben mit Verwegenheit ins Werck setzet.

VI.

Die Heimlichkeit ist nichts anders als
der Schlüssel der Klugheit. Derjenige/
welcher einer einigen Persohn seine Heim-
lichkeit offenbahret/ darff sich nicht beklagen/
wann es die gantze Welt erfähret. Wann
du nicht wilt/ daß ein Ding vielen bewust
seyn solle/ so entdecke es keinem Menschen.
Man thut nicht wol/ daß man seinem Nach-

barn
A 2

erklaͤren; Man muß nichts Gutes thun
aus Zuneigung/ noch boͤſes aus Begierden.
Verordne niemahls eine Straffe/ wann
du erzoͤrnet biſt/ und denck nicht an die Be-
lohnung/ wann du etwa mit Freuden uͤber-
nommen biſt. Nicht als wann man nicht
mit Luſt Gutes thun ſolte/ ſondern weil es
ſich nicht geziemet/ daß die Freude und Luſt
die Wolthaten austheilen ſollen.

V.

Sich nicht allzuſehr auf das Gluͤck ver-
laſſen/ und die Klugheit allezeit zu Raht zie-
hen/ iſt ein gewiſſes Mittel in demjenigen/
welches man ihm vornimt/ wohl fortzukom-
men. Es iſt eine groͤſſere Geſchicklichkeit/
wann ein guter Raht ſchon ſeinen Zweck
nicht erreichet/ als wann man ſein Vorha-
ben mit Verwegenheit ins Werck ſetzet.

VI.

Die Heimlichkeit iſt nichts anders als
der Schluͤſſel der Klugheit. Derjenige/
welcher einer einigen Perſohn ſeine Heim-
lichkeit offenbahret/ darff ſich nicht beklagen/
wann es die gantze Welt erfaͤhret. Wann
du nicht wilt/ daß ein Ding vielen bewuſt
ſeyn ſolle/ ſo entdecke es keinem Menſchen.
Man thut nicht wol/ daß man ſeinem Nach-

barn
A 2
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[3/0014] erklaͤren; Man muß nichts Gutes thun aus Zuneigung/ noch boͤſes aus Begierden. Verordne niemahls eine Straffe/ wann du erzoͤrnet biſt/ und denck nicht an die Be- lohnung/ wann du etwa mit Freuden uͤber- nommen biſt. Nicht als wann man nicht mit Luſt Gutes thun ſolte/ ſondern weil es ſich nicht geziemet/ daß die Freude und Luſt die Wolthaten austheilen ſollen. V. Sich nicht allzuſehr auf das Gluͤck ver- laſſen/ und die Klugheit allezeit zu Raht zie- hen/ iſt ein gewiſſes Mittel in demjenigen/ welches man ihm vornimt/ wohl fortzukom- men. Es iſt eine groͤſſere Geſchicklichkeit/ wann ein guter Raht ſchon ſeinen Zweck nicht erreichet/ als wann man ſein Vorha- ben mit Verwegenheit ins Werck ſetzet. VI. Die Heimlichkeit iſt nichts anders als der Schluͤſſel der Klugheit. Derjenige/ welcher einer einigen Perſohn ſeine Heim- lichkeit offenbahret/ darff ſich nicht beklagen/ wann es die gantze Welt erfaͤhret. Wann du nicht wilt/ daß ein Ding vielen bewuſt ſeyn ſolle/ ſo entdecke es keinem Menſchen. Man thut nicht wol/ daß man ſeinem Nach- barn A 2

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/14>, abgerufen am 29.03.2024.