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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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LXXI.

Dieses ist mit wenigen Worten die Ab-
bildung eines weisen Mannes und die Be-
schreibung: Er soll wollen ohne begehren/
nichts förchten/ und sich allezeit wol vorse-
hen: Vergnügt seyn und die Wolluste flie-
hen: Nur dasjenige lieben/ welches der
Vernunfft gemäß ist: Zu allem was noth-
wendig ist Versehung zu thun und sich nim-
mermehr beunruhigen: Keine Zeitvertreib
haben/ die nicht ehrlich ist: sich nicht beküm-
mern/ als wann er einen Fehler begangen/
ob er schon davon außgenommen seyn solte/
weil er Profession macht in allen der Ver-
nunfft zu folgen.

LXXII.

Ein rechtschaffener Mann hat diesen
Vortheil/ daß er sich vor glückselig schätzt
unter allen grausamsten Plagen/ und ge-
wißlich/ er irret sich nicht. Alles was seine
Tugend nicht beflecken kan/ das ist bey ihm
kein Unglück/ er fürchtet sich nur vor der
Sünde/ er leidet die Straffe standhafftig-
lich/ er fiiehet die Wollust/ er betrachtet die
grosse Weite des Königreichs der Fortun/
mit einer großmühtigen Verachtung/ und
setzt sich aller ihrer Macht entgegen/ ohne

eini-
F 6
LXXI.

Dieſes iſt mit wenigen Worten die Ab-
bildung eines weiſen Mannes und die Be-
ſchreibung: Er ſoll wollen ohne begehren/
nichts foͤrchten/ und ſich allezeit wol vorſe-
hen: Vergnuͤgt ſeyn und die Wolluſte flie-
hen: Nur dasjenige lieben/ welches der
Vernunfft gemaͤß iſt: Zu allem was noth-
wendig iſt Verſehung zu thun und ſich nim-
mermehr beunruhigen: Keine Zeitvertreib
haben/ die nicht ehrlich iſt: ſich nicht bekuͤm-
mern/ als wann er einen Fehler begangen/
ob er ſchon davon außgenommen ſeyn ſolte/
weil er Profesſion macht in allen der Ver-
nunfft zu folgen.

LXXII.

Ein rechtſchaffener Mann hat dieſen
Vortheil/ daß er ſich vor gluͤckſelig ſchaͤtzt
unter allen grauſamſten Plagen/ und ge-
wißlich/ er irret ſich nicht. Alles was ſeine
Tugend nicht beflecken kan/ das iſt bey ihm
kein Ungluͤck/ er fuͤrchtet ſich nur vor der
Suͤnde/ er leidet die Straffe ſtandhafftig-
lich/ er fiiehet die Wolluſt/ er betrachtet die
groſſe Weite des Koͤnigreichs der Fortun/
mit einer großmuͤhtigen Verachtung/ und
ſetzt ſich aller ihrer Macht entgegen/ ohne

eini-
F 6
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[141[131]/0142] LXXI. Dieſes iſt mit wenigen Worten die Ab- bildung eines weiſen Mannes und die Be- ſchreibung: Er ſoll wollen ohne begehren/ nichts foͤrchten/ und ſich allezeit wol vorſe- hen: Vergnuͤgt ſeyn und die Wolluſte flie- hen: Nur dasjenige lieben/ welches der Vernunfft gemaͤß iſt: Zu allem was noth- wendig iſt Verſehung zu thun und ſich nim- mermehr beunruhigen: Keine Zeitvertreib haben/ die nicht ehrlich iſt: ſich nicht bekuͤm- mern/ als wann er einen Fehler begangen/ ob er ſchon davon außgenommen ſeyn ſolte/ weil er Profesſion macht in allen der Ver- nunfft zu folgen. LXXII. Ein rechtſchaffener Mann hat dieſen Vortheil/ daß er ſich vor gluͤckſelig ſchaͤtzt unter allen grauſamſten Plagen/ und ge- wißlich/ er irret ſich nicht. Alles was ſeine Tugend nicht beflecken kan/ das iſt bey ihm kein Ungluͤck/ er fuͤrchtet ſich nur vor der Suͤnde/ er leidet die Straffe ſtandhafftig- lich/ er fiiehet die Wolluſt/ er betrachtet die groſſe Weite des Koͤnigreichs der Fortun/ mit einer großmuͤhtigen Verachtung/ und ſetzt ſich aller ihrer Macht entgegen/ ohne eini- F 6

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 141[131]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/142>, abgerufen am 29.03.2024.