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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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let/ und seine Worte und Anschläge in acht
nimt. Es ist ein grosses Zeichen der Weiß-
heit/ sich an dasjenige zu binden/ was gut in
sich selber ist/ an statt daß man sich auffhält/
die Geheimnüß der Natur zu erforschen/
die Hefftigkeiten der Paßionen zu mäßigen/
an statt daß man unnützliche Discurs und
Schluß-Reden führet: sich mit ihm selber
vergnügen/ und machen/ daß man nicht von
der Fortun dependire.

LXXIX.

Ich halte einen Mann vor glücklich/ wel-
cher weniger von nöthen hat ruhig und still/
als nur schlechthin zu leben. Er hat der
Nahrung/ Kleider/ und vieler anderer
Dinge von nöthen zum Leben: aber ver-
gnügt zu leben ist es genug/ daß er eine er-
habene Seele habe/ welche die gute und
böse Fortun ohne Unterscheid betrachte/
auch nichts achte/ als dasjenige/ was ewig
währen soll/ welche allen möglichsten Fleiß
anwende/ sich GOtt gleich zu machen/ wel-
che ihre Ruhe/ Freude und Glückseeligkeit
finde in Verachtung aller Güter/ so von dem
Glück herkommen.

LXXX.

Es ist leichter/ als man meinet/ sich zum

Herrn

let/ und ſeine Worte und Anſchlaͤge in acht
nimt. Es iſt ein groſſes Zeichen der Weiß-
heit/ ſich an dasjenige zu binden/ was gut in
ſich ſelber iſt/ an ſtatt daß man ſich auffhaͤlt/
die Geheimnuͤß der Natur zu erforſchen/
die Hefftigkeiten der Paßionen zu maͤßigen/
an ſtatt daß man unnuͤtzliche Diſcurs und
Schluß-Reden fuͤhret: ſich mit ihm ſelber
vergnuͤgen/ und machen/ daß man nicht von
der Fortun dependire.

LXXIX.

Ich halte einen Mann vor gluͤcklich/ wel-
cher weniger von noͤthen hat ruhig und ſtill/
als nur ſchlechthin zu leben. Er hat der
Nahrung/ Kleider/ und vieler anderer
Dinge von noͤthen zum Leben: aber ver-
gnuͤgt zu leben iſt es genug/ daß er eine er-
habene Seele habe/ welche die gute und
boͤſe Fortun ohne Unterſcheid betrachte/
auch nichts achte/ als dasjenige/ was ewig
waͤhren ſoll/ welche allen moͤglichſten Fleiß
anwende/ ſich GOtt gleich zu machen/ wel-
che ihre Ruhe/ Freude und Gluͤckſeeligkeit
finde in Verachtung aller Guͤter/ ſo von dem
Gluͤck herkommen.

LXXX.

Es iſt leichter/ als man meinet/ ſich zum

Herrn
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[145[135]/0146] let/ und ſeine Worte und Anſchlaͤge in acht nimt. Es iſt ein groſſes Zeichen der Weiß- heit/ ſich an dasjenige zu binden/ was gut in ſich ſelber iſt/ an ſtatt daß man ſich auffhaͤlt/ die Geheimnuͤß der Natur zu erforſchen/ die Hefftigkeiten der Paßionen zu maͤßigen/ an ſtatt daß man unnuͤtzliche Diſcurs und Schluß-Reden fuͤhret: ſich mit ihm ſelber vergnuͤgen/ und machen/ daß man nicht von der Fortun dependire. LXXIX. Ich halte einen Mann vor gluͤcklich/ wel- cher weniger von noͤthen hat ruhig und ſtill/ als nur ſchlechthin zu leben. Er hat der Nahrung/ Kleider/ und vieler anderer Dinge von noͤthen zum Leben: aber ver- gnuͤgt zu leben iſt es genug/ daß er eine er- habene Seele habe/ welche die gute und boͤſe Fortun ohne Unterſcheid betrachte/ auch nichts achte/ als dasjenige/ was ewig waͤhren ſoll/ welche allen moͤglichſten Fleiß anwende/ ſich GOtt gleich zu machen/ wel- che ihre Ruhe/ Freude und Gluͤckſeeligkeit finde in Verachtung aller Guͤter/ ſo von dem Gluͤck herkommen. LXXX. Es iſt leichter/ als man meinet/ ſich zum Herrn

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 145[135]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/146>, abgerufen am 25.04.2024.