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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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nöhten ist/ nicht befriedigen. Derjenige/
welcher sein Geld übel anlegen will/ hat nie-
mals nichts übrig. Es kostet schrecklich
viel/ ein Laster zu unterhalten.

XCVIII.

Du schmeichelst dir gar zur unrechten
Zeit/ daß du tugendhafft seyest/ darum/ die-
weil du eine Verachtung erlitten hast. Du
hast auffs meiste nicht mehr gethan/ als dei-
ne Gedult mit der Gedult eines Ehrgeitzi-
gen vergleichen/ welcher es nicht achtet/ ob
er schon durch tausenderley Widerwertig-
keiten zu seinem Zweck gelangen muß. Be-
gehrestu gelobt zu werden/ weil deine Tu-
gend dem Laster eines andern sehr gleichet?
Ach welch eine Schwachsinnigkeit/ wann
man nicht mehr leyden wil/ damit man ei-
ne ewige Belohnung empfange/ als dieje-
nige/ die der Welt nachfolgen umb ver-
gängliche Güter leiden?

XCIX.

Es ist besser keinen Verdruß erleiden/ als
einen grossen Trost empfangen. Alle Freu-
den der Welt können uns nicht ein graues
Haar vom Kopff nehmen/ aber man darff
sich nur ein wenig bekümmern/ so bekompt
man ein graues Haar/ und wird vor der

Zeit
G

noͤhten iſt/ nicht befriedigen. Derjenige/
welcher ſein Geld uͤbel anlegen will/ hat nie-
mals nichts uͤbrig. Es koſtet ſchrecklich
viel/ ein Laſter zu unterhalten.

XCVIII.

Du ſchmeichelſt dir gar zur unrechten
Zeit/ daß du tugendhafft ſeyeſt/ darum/ die-
weil du eine Verachtung erlitten haſt. Du
haſt auffs meiſte nicht mehr gethan/ als dei-
ne Gedult mit der Gedult eines Ehrgeitzi-
gen vergleichen/ welcher es nicht achtet/ ob
er ſchon durch tauſenderley Widerwertig-
keiten zu ſeinem Zweck gelangen muß. Be-
gehreſtu gelobt zu werden/ weil deine Tu-
gend dem Laſter eines andern ſehr gleichet?
Ach welch eine Schwachſinnigkeit/ wann
man nicht mehr leyden wil/ damit man ei-
ne ewige Belohnung empfange/ als dieje-
nige/ die der Welt nachfolgen umb ver-
gaͤngliche Guͤter leiden?

XCIX.

Es iſt beſſer keinen Verdruß erleiden/ als
einen groſſen Troſt empfangen. Alle Freu-
den der Welt koͤnnen uns nicht ein graues
Haar vom Kopff nehmen/ aber man darff
ſich nur ein wenig bekuͤmmern/ ſo bekompt
man ein graues Haar/ und wird vor der

Zeit
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[155[145]/0156] noͤhten iſt/ nicht befriedigen. Derjenige/ welcher ſein Geld uͤbel anlegen will/ hat nie- mals nichts uͤbrig. Es koſtet ſchrecklich viel/ ein Laſter zu unterhalten. XCVIII. Du ſchmeichelſt dir gar zur unrechten Zeit/ daß du tugendhafft ſeyeſt/ darum/ die- weil du eine Verachtung erlitten haſt. Du haſt auffs meiſte nicht mehr gethan/ als dei- ne Gedult mit der Gedult eines Ehrgeitzi- gen vergleichen/ welcher es nicht achtet/ ob er ſchon durch tauſenderley Widerwertig- keiten zu ſeinem Zweck gelangen muß. Be- gehreſtu gelobt zu werden/ weil deine Tu- gend dem Laſter eines andern ſehr gleichet? Ach welch eine Schwachſinnigkeit/ wann man nicht mehr leyden wil/ damit man ei- ne ewige Belohnung empfange/ als dieje- nige/ die der Welt nachfolgen umb ver- gaͤngliche Guͤter leiden? XCIX. Es iſt beſſer keinen Verdruß erleiden/ als einen groſſen Troſt empfangen. Alle Freu- den der Welt koͤnnen uns nicht ein graues Haar vom Kopff nehmen/ aber man darff ſich nur ein wenig bekuͤmmern/ ſo bekompt man ein graues Haar/ und wird vor der Zeit G

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 155[145]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/156>, abgerufen am 28.03.2024.