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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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Zeit weiß. Es muß ein Mensch einen gros-
sen Verstand haben/ wann er sich niemals
von nichts läst verunruhigen/ und in einer
allgemeinen Beraubung der Lust und Er-
getzlichkeit/ welche der meiste theil der Leute
mit einer unglaublichen Hitze suchen/ ver-
gnügt lebt.

C.

Man beklagt sich in dem Unglück/ und in
dem Glück wird man stoltz und auffgebla-
sen. Es ist kein eintziger Stand/ der nicht
einigem Laster unterworffen ist/ außgenom-
men derjenige/ welcher der Tugend nach-
folget/ und das Mittel hält/ auch sich gar
fleissig vor allen Extremitäten hütet. So
siehestu nun/ daß es nicht so schwer ist/ als
man sich gemeiniglich einbildet/ die Tugend
zu erlangen; Es ist nicht mehr darzu von
nöthen/ als daß man das Unglück mit
Gedult ertrage/ und in dem Glück
ohne Hochmuth lebe.



Kö-

Zeit weiß. Es muß ein Menſch einen groſ-
ſen Verſtand haben/ wann er ſich niemals
von nichts laͤſt verunruhigen/ und in einer
allgemeinen Beraubung der Luſt und Er-
getzlichkeit/ welche der meiſte theil der Leute
mit einer unglaublichen Hitze ſuchen/ ver-
gnuͤgt lebt.

C.

Man beklagt ſich in dem Ungluͤck/ und in
dem Gluͤck wird man ſtoltz und auffgebla-
ſen. Es iſt kein eintziger Stand/ der nicht
einigem Laſter unterworffen iſt/ außgenom-
men derjenige/ welcher der Tugend nach-
folget/ und das Mittel haͤlt/ auch ſich gar
fleisſig vor allen Extremitaͤten huͤtet. So
ſieheſtu nun/ daß es nicht ſo ſchwer iſt/ als
man ſich gemeiniglich einbildet/ die Tugend
zu erlangen; Es iſt nicht mehr darzu von
noͤthen/ als daß man das Ungluͤck mit
Gedult ertrage/ und in dem Gluͤck
ohne Hochmuth lebe.



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[156[146]/0157] Zeit weiß. Es muß ein Menſch einen groſ- ſen Verſtand haben/ wann er ſich niemals von nichts laͤſt verunruhigen/ und in einer allgemeinen Beraubung der Luſt und Er- getzlichkeit/ welche der meiſte theil der Leute mit einer unglaublichen Hitze ſuchen/ ver- gnuͤgt lebt. C. Man beklagt ſich in dem Ungluͤck/ und in dem Gluͤck wird man ſtoltz und auffgebla- ſen. Es iſt kein eintziger Stand/ der nicht einigem Laſter unterworffen iſt/ außgenom- men derjenige/ welcher der Tugend nach- folget/ und das Mittel haͤlt/ auch ſich gar fleisſig vor allen Extremitaͤten huͤtet. So ſieheſtu nun/ daß es nicht ſo ſchwer iſt/ als man ſich gemeiniglich einbildet/ die Tugend zu erlangen; Es iſt nicht mehr darzu von noͤthen/ als daß man das Ungluͤck mit Gedult ertrage/ und in dem Gluͤck ohne Hochmuth lebe. Koͤ-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 156[146]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/157>, abgerufen am 28.03.2024.