Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

nes Potentaten durch seine Fortun/ sondern
nur durch seine Tugend/ durch seine Ge-
schäffte und durch sein herliches und schönes
Leben urtheilen. Wann er klug und tu-
gendhafft ist/ so soltu ihn ansehen als einen
sehr grossen Fürsten/ ob er schon in seinen An-
schlägen unglücklich ist. Lerne vor einmahl/
daß nicht der Fortgang/ sondern nur die An-
schläge/ die Anstalt und Resolution, die Ge-
schicklichkeit und die Klugheit eines Monar-
chen an den Tag geben.

XIX.

Die Tugenden eines Fürsten sollen nicht
falsch/ angemasst und betrüglich/ sondern
würcklich/ und wachafftig seyn; sintemahl
weder der Ehrgeitz/ noch die Dependentz/
in demjenigen Grad/ darin er ist/ seyn kön-
nen. Dieses sind zwar die Vorwände/ da-
mit sich diejenigen bedecken/ welche ihr Glück
sehr weit fortzustossen begehren: dann sie
begnügen sich gemeiniglich mit dem Schein
der Tugend/ und warten ihr nicht anders
auff/ als damit sie von ihrem Reichthum ei-
nen Nutzen schöpffen: sie reissen ihr den
Schleyer ab/ sie nehmen ihren Mantel/ da-
mit sie sich damit zieren/ und lassen sie allein
und als gleichsam gefangen. Auch ist die Tu-

gend

nes Potentaten durch ſeine Fortun/ ſondern
nur durch ſeine Tugend/ durch ſeine Ge-
ſchaͤffte und durch ſein herliches und ſchoͤnes
Leben urtheilen. Wann er klug und tu-
gendhafft iſt/ ſo ſoltu ihn anſehen als einen
ſehr groſſen Fuͤrſten/ ob er ſchon in ſeinen An-
ſchlaͤgen ungluͤcklich iſt. Lerne vor einmahl/
daß nicht der Fortgang/ ſondern nur die An-
ſchlaͤge/ die Anſtalt und Reſolution, die Ge-
ſchicklichkeit und die Klugheit eines Monar-
chen an den Tag geben.

XIX.

Die Tugenden eines Fuͤrſten ſollen nicht
falſch/ angemaſſt und betruͤglich/ ſondern
wuͤrcklich/ und wachafftig ſeyn; ſintemahl
weder der Ehrgeitz/ noch die Dependentz/
in demjenigen Grad/ darin er iſt/ ſeyn koͤn-
nen. Dieſes ſind zwar die Vorwaͤnde/ da-
mit ſich diejenigen bedecken/ welche ihr Gluͤck
ſehr weit fortzuſtoſſen begehren: dann ſie
begnuͤgen ſich gemeiniglich mit dem Schein
der Tugend/ und warten ihr nicht anders
auff/ als damit ſie von ihrem Reichthum ei-
nen Nutzen ſchoͤpffen: ſie reiſſen ihr den
Schleyer ab/ ſie nehmen ihren Mantel/ da-
mit ſie ſich damit zieren/ und laſſen ſie allein
und als gleichſam gefangen. Auch iſt die Tu-

gend
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0171" n="170[160]"/>
nes Potentaten durch &#x017F;eine Fortun/ &#x017F;ondern<lb/>
nur durch &#x017F;eine Tugend/ durch &#x017F;eine Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ffte und durch &#x017F;ein herliches und &#x017F;cho&#x0364;nes<lb/>
Leben urtheilen. Wann er klug und tu-<lb/>
gendhafft i&#x017F;t/ &#x017F;o &#x017F;oltu ihn an&#x017F;ehen als einen<lb/>
&#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;en Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ ob er &#x017F;chon in &#x017F;einen An-<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;gen unglu&#x0364;cklich i&#x017F;t. Lerne vor einmahl/<lb/>
daß nicht der Fortgang/ &#x017F;ondern nur die An-<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;ge/ die An&#x017F;talt und <hi rendition="#aq">Re&#x017F;olution,</hi> die Ge-<lb/>
&#x017F;chicklichkeit und die Klugheit eines Monar-<lb/>
chen an den Tag geben.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XIX.</hi> </head><lb/>
          <p>Die Tugenden eines Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;ollen nicht<lb/>
fal&#x017F;ch/ angema&#x017F;&#x017F;t und betru&#x0364;glich/ &#x017F;ondern<lb/>
wu&#x0364;rcklich/ und wachafftig &#x017F;eyn; &#x017F;intemahl<lb/>
weder der Ehrgeitz/ noch die <hi rendition="#aq">Dependen</hi>tz/<lb/>
in demjenigen Grad/ darin er i&#x017F;t/ &#x017F;eyn ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Die&#x017F;es &#x017F;ind zwar die Vorwa&#x0364;nde/ da-<lb/>
mit &#x017F;ich diejenigen bedecken/ welche ihr Glu&#x0364;ck<lb/>
&#x017F;ehr weit fortzu&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en begehren: dann &#x017F;ie<lb/>
begnu&#x0364;gen &#x017F;ich gemeiniglich mit dem Schein<lb/>
der Tugend/ und warten ihr nicht anders<lb/>
auff/ als damit &#x017F;ie von ihrem Reichthum ei-<lb/>
nen Nutzen &#x017F;cho&#x0364;pffen: &#x017F;ie rei&#x017F;&#x017F;en ihr den<lb/>
Schleyer ab/ &#x017F;ie nehmen ihren Mantel/ da-<lb/>
mit &#x017F;ie &#x017F;ich damit zieren/ und la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie allein<lb/>
und als gleich&#x017F;am gefangen. Auch i&#x017F;t die Tu-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gend</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170[160]/0171] nes Potentaten durch ſeine Fortun/ ſondern nur durch ſeine Tugend/ durch ſeine Ge- ſchaͤffte und durch ſein herliches und ſchoͤnes Leben urtheilen. Wann er klug und tu- gendhafft iſt/ ſo ſoltu ihn anſehen als einen ſehr groſſen Fuͤrſten/ ob er ſchon in ſeinen An- ſchlaͤgen ungluͤcklich iſt. Lerne vor einmahl/ daß nicht der Fortgang/ ſondern nur die An- ſchlaͤge/ die Anſtalt und Reſolution, die Ge- ſchicklichkeit und die Klugheit eines Monar- chen an den Tag geben. XIX. Die Tugenden eines Fuͤrſten ſollen nicht falſch/ angemaſſt und betruͤglich/ ſondern wuͤrcklich/ und wachafftig ſeyn; ſintemahl weder der Ehrgeitz/ noch die Dependentz/ in demjenigen Grad/ darin er iſt/ ſeyn koͤn- nen. Dieſes ſind zwar die Vorwaͤnde/ da- mit ſich diejenigen bedecken/ welche ihr Gluͤck ſehr weit fortzuſtoſſen begehren: dann ſie begnuͤgen ſich gemeiniglich mit dem Schein der Tugend/ und warten ihr nicht anders auff/ als damit ſie von ihrem Reichthum ei- nen Nutzen ſchoͤpffen: ſie reiſſen ihr den Schleyer ab/ ſie nehmen ihren Mantel/ da- mit ſie ſich damit zieren/ und laſſen ſie allein und als gleichſam gefangen. Auch iſt die Tu- gend

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/171
Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 170[160]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/171>, abgerufen am 23.04.2024.