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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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Mensch/ der sich befleist/ seine Boßheit zu
verbergen/ ob er sich aber schon verdeckt/ so
wird doch die Zeit die Larve/ damit er sich
bedeckt/ von seinem Angesicht hinweg tuhn.
Die Erwartung hat ihren Platz nach der
Vernunfft/ und mit einem geringen Ver-
zug und Gedult kan man die Boßheit und
Lüste/ welche gegen dem Liecht der grössesten
Geister/ undurchdringlich zu seyn scheinen/
entdecken.

XXVII.

Wann du etwas gutes von deinen
Freunden zu sagen hast/ so rede es vor der
gantzen Welt/ aber wann du davor hälst/
du seyest verpflichtet sie zu bestraffen/ so muß
solches in geheim gesch[e]hen/ derjenige/ wel-
cher zu der Unordnung und Sünde seines
Freundes durch die Finger siehet/ oder/ der
das Hertz nicht hat/ ihn davon abzuhalten/
machet sich eben desselben Lasters theilhaff-
tig. Der Käyser Domitianus, welcher
schien/ als wäre er umb keiner andern Ur-
sach/ als Ubels zu thun/ in die Welt kom-
men/ hat doch diesen Vernunfft-Spruch/
welcher der menschlichen Gesellschafft hoch-
nützlich ist/ gegeben: Das Stillschweigen
der frommen Leute macht den bösen Mäu-

lern
A 7

Menſch/ der ſich befleiſt/ ſeine Boßheit zu
verbergen/ ob er ſich aber ſchon verdeckt/ ſo
wird doch die Zeit die Larve/ damit er ſich
bedeckt/ von ſeinem Angeſicht hinweg tuhn.
Die Erwartung hat ihren Platz nach der
Vernunfft/ und mit einem geringen Ver-
zug und Gedult kan man die Boßheit und
Luͤſte/ welche gegen dem Liecht der groͤſſeſten
Geiſter/ undurchdringlich zu ſeyn ſcheinen/
entdecken.

XXVII.

Wann du etwas gutes von deinen
Freunden zu ſagen haſt/ ſo rede es vor der
gantzen Welt/ aber wann du davor haͤlſt/
du ſeyeſt verpflichtet ſie zu beſtraffen/ ſo muß
ſolches in geheim geſch[e]hen/ derjenige/ wel-
cher zu der Unordnung und Suͤnde ſeines
Freundes durch die Finger ſiehet/ oder/ der
das Hertz nicht hat/ ihn davon abzuhalten/
machet ſich eben deſſelben Laſters theilhaff-
tig. Der Kaͤyſer Domitianus, welcher
ſchien/ als waͤre er umb keiner andern Ur-
ſach/ als Ubels zu thun/ in die Welt kom-
men/ hat doch dieſen Vernunfft-Spruch/
welcher der menſchlichen Geſellſchafft hoch-
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A 7
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[13/0024] Menſch/ der ſich befleiſt/ ſeine Boßheit zu verbergen/ ob er ſich aber ſchon verdeckt/ ſo wird doch die Zeit die Larve/ damit er ſich bedeckt/ von ſeinem Angeſicht hinweg tuhn. Die Erwartung hat ihren Platz nach der Vernunfft/ und mit einem geringen Ver- zug und Gedult kan man die Boßheit und Luͤſte/ welche gegen dem Liecht der groͤſſeſten Geiſter/ undurchdringlich zu ſeyn ſcheinen/ entdecken. XXVII. Wann du etwas gutes von deinen Freunden zu ſagen haſt/ ſo rede es vor der gantzen Welt/ aber wann du davor haͤlſt/ du ſeyeſt verpflichtet ſie zu beſtraffen/ ſo muß ſolches in geheim geſchehen/ derjenige/ wel- cher zu der Unordnung und Suͤnde ſeines Freundes durch die Finger ſiehet/ oder/ der das Hertz nicht hat/ ihn davon abzuhalten/ machet ſich eben deſſelben Laſters theilhaff- tig. Der Kaͤyſer Domitianus, welcher ſchien/ als waͤre er umb keiner andern Ur- ſach/ als Ubels zu thun/ in die Welt kom- men/ hat doch dieſen Vernunfft-Spruch/ welcher der menſchlichen Geſellſchafft hoch- nuͤtzlich iſt/ gegeben: Das Stillſchweigen der frommen Leute macht den boͤſen Maͤu- lern A 7

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/24>, abgerufen am 28.03.2024.