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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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sehr verdächtig; es ist gläublich/ daß derje-
nige/ der sie thut/ anderer Leute spotten will/
oder daß er sich zur Unzeit verpflichtet. Die
raren Dinge sollen vielmehr gegeben/ als
versprochen werden. Thue grosse Dinge/
aber verspreche sie nicht.

LXXXI.

Man gibt zweyfältig/ wann man ge-
schwind gibt. Der Wille ist das köstlich-
ste an allen Geschencken/ und läst sich der-
selbe am meisten sehen/ wann man eylet das-
jenige anzubieten/ was man in seinem Ver-
mögen hat. Die guten Dienste müssen
die Unbillichkeiten übertreffen/ und die
Dancksagung muß allezeit grösser seyn/ als
die Wolthaten.

LXXXII.

Es ist ein Glück/ wann man kan bestraf-
fet werden/ da man fehlet/ die Glückselig-
sten in der Welt haben solches nicht/ und
Socrates sagt vor gewiß/ daß an der Köni-
ge Höfe keiner gefunden werde. Die Leute
von mittelmäßigem Zustande geniessen der
Lebens-Lüste nicht so sehr/ wie dieselbe/ und
bekümmern sich nicht viel umb die Wollust/
wann sie zu leben haben; aber sie haben auch
diesen Vortheil/ daß man sie ohne Furcht

erin-

ſehr verdaͤchtig; es iſt glaͤublich/ daß derje-
nige/ der ſie thut/ anderer Leute ſpotten will/
oder daß er ſich zur Unzeit verpflichtet. Die
raren Dinge ſollen vielmehr gegeben/ als
verſprochen werden. Thue groſſe Dinge/
aber verſpreche ſie nicht.

LXXXI.

Man gibt zweyfaͤltig/ wann man ge-
ſchwind gibt. Der Wille iſt das koͤſtlich-
ſte an allen Geſchencken/ und laͤſt ſich der-
ſelbe am meiſten ſehen/ wann man eylet das-
jenige anzubieten/ was man in ſeinem Ver-
moͤgen hat. Die guten Dienſte muͤſſen
die Unbillichkeiten uͤbertreffen/ und die
Danckſagung muß allezeit groͤſſer ſeyn/ als
die Wolthaten.

LXXXII.

Es iſt ein Gluͤck/ wann man kan beſtraf-
fet werden/ da man fehlet/ die Gluͤckſelig-
ſten in der Welt haben ſolches nicht/ und
Socrates ſagt vor gewiß/ daß an der Koͤni-
ge Hoͤfe keiner gefunden werde. Die Leute
von mittelmaͤßigem Zuſtande genieſſen der
Lebens-Luͤſte nicht ſo ſehr/ wie dieſelbe/ und
bekuͤmmern ſich nicht viel umb die Wolluſt/
wann ſie zu leben haben; aber ſie haben auch
dieſen Vortheil/ daß man ſie ohne Furcht

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[36/0047] ſehr verdaͤchtig; es iſt glaͤublich/ daß derje- nige/ der ſie thut/ anderer Leute ſpotten will/ oder daß er ſich zur Unzeit verpflichtet. Die raren Dinge ſollen vielmehr gegeben/ als verſprochen werden. Thue groſſe Dinge/ aber verſpreche ſie nicht. LXXXI. Man gibt zweyfaͤltig/ wann man ge- ſchwind gibt. Der Wille iſt das koͤſtlich- ſte an allen Geſchencken/ und laͤſt ſich der- ſelbe am meiſten ſehen/ wann man eylet das- jenige anzubieten/ was man in ſeinem Ver- moͤgen hat. Die guten Dienſte muͤſſen die Unbillichkeiten uͤbertreffen/ und die Danckſagung muß allezeit groͤſſer ſeyn/ als die Wolthaten. LXXXII. Es iſt ein Gluͤck/ wann man kan beſtraf- fet werden/ da man fehlet/ die Gluͤckſelig- ſten in der Welt haben ſolches nicht/ und Socrates ſagt vor gewiß/ daß an der Koͤni- ge Hoͤfe keiner gefunden werde. Die Leute von mittelmaͤßigem Zuſtande genieſſen der Lebens-Luͤſte nicht ſo ſehr/ wie dieſelbe/ und bekuͤmmern ſich nicht viel umb die Wolluſt/ wann ſie zu leben haben; aber ſie haben auch dieſen Vortheil/ daß man ſie ohne Furcht erin-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/47>, abgerufen am 29.03.2024.