Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

die Klugheit dem Mann gegeben ist an statt
einer Vestung/ Mauren und Wall.

XIIX.

Es ist kein gefährlichers Laster/ als das-
jenige/ welches der Tugend am ähnlichsten
ist/ iedoch gedencket man nicht/ wie man
dasselbige vermeiden wolle. Das ist auch
ein grosses/ samt einer sonderbahren Thor-
heit/ wann man sich mit dem Laster eines
andern beladen will/ damit man ihn dar-
stelle/ als wäre er unschuldig an dem Laster/
dessen er von andern beschuldiget wird.
Derjenige/ der einer Missethat beystehet/ ist
straffwürdiger/ als der sie begehet/ dann ob
schon etwan in jenem Schwachheit seyn
kan/ so kan doch in diesem nichts anders/ als
eine besondere Boßheit seyn.

XIX.

Wann man die Vernunfft/ mit welcher
es dem Autori der Natur gefallen hat/ die
Menschen zu erleuchten/ abbilden will/ so
muß man sagen/ daß der gute Gebrauch
derselben allen Tugenden ihre Geburth/
Schön- und Vollkommenheit giebet/ und
weil es keine Laster gibt/ als weil man der-
selben mißbraucht. Kan man sich einen
grössern Mißbrauch der Vernunfft einbil-

den/
C 3

die Klugheit dem Mann gegeben iſt an ſtatt
einer Veſtung/ Mauren und Wall.

XIIX.

Es iſt kein gefaͤhrlichers Laſter/ als das-
jenige/ welches der Tugend am aͤhnlichſten
iſt/ iedoch gedencket man nicht/ wie man
daſſelbige vermeiden wolle. Das iſt auch
ein groſſes/ ſamt einer ſonderbahren Thor-
heit/ wann man ſich mit dem Laſter eines
andern beladen will/ damit man ihn dar-
ſtelle/ als waͤre er unſchuldig an dem Laſter/
deſſen er von andern beſchuldiget wird.
Derjenige/ der einer Miſſethat beyſtehet/ iſt
ſtraffwuͤrdiger/ als der ſie begehet/ dann ob
ſchon etwan in jenem Schwachheit ſeyn
kan/ ſo kan doch in dieſem nichts anders/ als
eine beſondere Boßheit ſeyn.

XIX.

Wann man die Vernunfft/ mit welcher
es dem Autori der Natur gefallen hat/ die
Menſchen zu erleuchten/ abbilden will/ ſo
muß man ſagen/ daß der gute Gebrauch
derſelben allen Tugenden ihre Geburth/
Schoͤn- und Vollkommenheit giebet/ und
weil es keine Laſter gibt/ als weil man der-
ſelben mißbraucht. Kan man ſich einen
groͤſſern Mißbrauch der Vernunfft einbil-

den/
C 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0064" n="63[53]"/>
die Klugheit dem Mann gegeben i&#x017F;t an &#x017F;tatt<lb/>
einer Ve&#x017F;tung/ Mauren und Wall.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XIIX.</hi> </head><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t kein gefa&#x0364;hrlichers La&#x017F;ter/ als das-<lb/>
jenige/ welches der Tugend am a&#x0364;hnlich&#x017F;ten<lb/>
i&#x017F;t/ iedoch gedencket man nicht/ wie man<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbige vermeiden wolle. Das i&#x017F;t auch<lb/>
ein gro&#x017F;&#x017F;es/ &#x017F;amt einer &#x017F;onderbahren Thor-<lb/>
heit/ wann man &#x017F;ich mit dem La&#x017F;ter eines<lb/>
andern beladen will/ damit man ihn dar-<lb/>
&#x017F;telle/ als wa&#x0364;re er un&#x017F;chuldig an dem La&#x017F;ter/<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en er von andern be&#x017F;chuldiget wird.<lb/>
Derjenige/ der einer Mi&#x017F;&#x017F;ethat bey&#x017F;tehet/ i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;traffwu&#x0364;rdiger/ als der &#x017F;ie begehet/ dann ob<lb/>
&#x017F;chon etwan in jenem Schwachheit &#x017F;eyn<lb/>
kan/ &#x017F;o kan doch in die&#x017F;em nichts anders/ als<lb/>
eine be&#x017F;ondere Boßheit &#x017F;eyn.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XIX.</hi> </head><lb/>
          <p>Wann man die Vernunfft/ mit welcher<lb/>
es dem <hi rendition="#aq">Autori</hi> der Natur gefallen hat/ die<lb/>
Men&#x017F;chen zu erleuchten/ abbilden will/ &#x017F;o<lb/>
muß man &#x017F;agen/ daß der gute Gebrauch<lb/>
der&#x017F;elben allen Tugenden ihre Geburth/<lb/>
Scho&#x0364;n- und Vollkommenheit giebet/ und<lb/>
weil es keine La&#x017F;ter gibt/ als weil man der-<lb/>
&#x017F;elben mißbraucht. Kan man &#x017F;ich einen<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern Mißbrauch der Vernunfft einbil-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 3</fw><fw place="bottom" type="catch">den/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63[53]/0064] die Klugheit dem Mann gegeben iſt an ſtatt einer Veſtung/ Mauren und Wall. XIIX. Es iſt kein gefaͤhrlichers Laſter/ als das- jenige/ welches der Tugend am aͤhnlichſten iſt/ iedoch gedencket man nicht/ wie man daſſelbige vermeiden wolle. Das iſt auch ein groſſes/ ſamt einer ſonderbahren Thor- heit/ wann man ſich mit dem Laſter eines andern beladen will/ damit man ihn dar- ſtelle/ als waͤre er unſchuldig an dem Laſter/ deſſen er von andern beſchuldiget wird. Derjenige/ der einer Miſſethat beyſtehet/ iſt ſtraffwuͤrdiger/ als der ſie begehet/ dann ob ſchon etwan in jenem Schwachheit ſeyn kan/ ſo kan doch in dieſem nichts anders/ als eine beſondere Boßheit ſeyn. XIX. Wann man die Vernunfft/ mit welcher es dem Autori der Natur gefallen hat/ die Menſchen zu erleuchten/ abbilden will/ ſo muß man ſagen/ daß der gute Gebrauch derſelben allen Tugenden ihre Geburth/ Schoͤn- und Vollkommenheit giebet/ und weil es keine Laſter gibt/ als weil man der- ſelben mißbraucht. Kan man ſich einen groͤſſern Mißbrauch der Vernunfft einbil- den/ C 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/64
Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 63[53]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/64>, abgerufen am 29.03.2024.