Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

halten. Das ist wenig gesagt/ daß es eine
Gefahr sey/ böß zu werden/ man muß darzu
setzen/ daß man nicht ohne grossen Scha-
den darzu gelangt. Wer übel lebt/ der
leidet einen würcklichen und hochbeträcht-
lichen Verlust/ und der hat nicht nur die
Gefahr/ darin er sich begibt/ zu befürchten/
sondern wann er Verstand hat/ so soll er
ohne unterlaß zittern/ dann sein Ruin ist un-
vermeydlich/ wann er seinen Passionen Ge-
hör gibt.

XXIII.

Die Laster können wohl auf einige Wei-
se unser Leben einnehmen/ aber sie sind nicht
würdig dasselbe anzuwenden/ als daß man
das Leben der Libertiner recht zu beschrei-
ben/ sagen muß/ es sey nur ein Schatten des
Lebens. Wann man übel lebt/ so hat man
nichts als Mühe/ Arbeit/ und nicht den war-
hafftigen Gebrauch des Lebens. Der Müs-
siggang ist nichts anders als ein Verlust
des Lebens/ und sein gäntzlicher Ruin kompt
von den bösen Thaten/ in welche man fält.
Es ist ein grosser Unterscheyd unten auff der
Welt seyn und leben. Man kan wol von
einem Menschen/ so in dem Laster veraltet/
sagen/ er sey lang auff der Welt gewesen:

aber

halten. Das iſt wenig geſagt/ daß es eine
Gefahr ſey/ boͤß zu werden/ man muß darzu
ſetzen/ daß man nicht ohne groſſen Scha-
den darzu gelangt. Wer uͤbel lebt/ der
leidet einen wuͤrcklichen und hochbetraͤcht-
lichen Verluſt/ und der hat nicht nur die
Gefahr/ darin er ſich begibt/ zu befuͤrchten/
ſondern wann er Verſtand hat/ ſo ſoll er
ohne unterlaß zittern/ dann ſein Ruin iſt un-
vermeydlich/ wann er ſeinen Paſſionen Ge-
hoͤr gibt.

XXIII.

Die Laſter koͤnnen wohl auf einige Wei-
ſe unſer Leben einnehmen/ aber ſie ſind nicht
wuͤrdig daſſelbe anzuwenden/ als daß man
das Leben der Libertiner recht zu beſchrei-
ben/ ſagen muß/ es ſey nur ein Schatten des
Lebens. Wann man uͤbel lebt/ ſo hat man
nichts als Muͤhe/ Arbeit/ uñ nicht den war-
hafftigen Gebrauch des Lebens. Der Muͤs-
ſiggang iſt nichts anders als ein Verluſt
des Lebens/ und ſein gaͤntzlicher Ruin kompt
von den boͤſen Thaten/ in welche man faͤlt.
Es iſt ein groſſer Unterſcheyd unten auff der
Welt ſeyn und leben. Man kan wol von
einem Menſchen/ ſo in dem Laſter veraltet/
ſagen/ er ſey lang auff der Welt geweſen:

aber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0067" n="66[56]"/>
halten. Das i&#x017F;t wenig ge&#x017F;agt/ daß es eine<lb/>
Gefahr &#x017F;ey/ bo&#x0364;ß zu werden/ man muß darzu<lb/>
&#x017F;etzen/ daß man nicht ohne gro&#x017F;&#x017F;en Scha-<lb/>
den darzu gelangt. Wer u&#x0364;bel lebt/ der<lb/>
leidet einen wu&#x0364;rcklichen und hochbetra&#x0364;cht-<lb/>
lichen Verlu&#x017F;t/ und der hat nicht nur die<lb/>
Gefahr/ darin er &#x017F;ich begibt/ zu befu&#x0364;rchten/<lb/>
&#x017F;ondern wann er Ver&#x017F;tand hat/ &#x017F;o &#x017F;oll er<lb/>
ohne unterlaß zittern/ dann &#x017F;ein Ruin i&#x017F;t un-<lb/>
vermeydlich/ wann er &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Pa&#x017F;&#x017F;ionen</hi> Ge-<lb/>
ho&#x0364;r gibt.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XXIII.</hi> </head><lb/>
          <p>Die La&#x017F;ter ko&#x0364;nnen wohl auf einige Wei-<lb/>
&#x017F;e un&#x017F;er Leben einnehmen/ aber &#x017F;ie &#x017F;ind nicht<lb/>
wu&#x0364;rdig da&#x017F;&#x017F;elbe anzuwenden/ als daß man<lb/>
das Leben der <hi rendition="#aq">Libertiner</hi> recht zu be&#x017F;chrei-<lb/>
ben/ &#x017F;agen muß/ es &#x017F;ey nur ein Schatten des<lb/>
Lebens. Wann man u&#x0364;bel lebt/ &#x017F;o hat man<lb/>
nichts als Mu&#x0364;he/ Arbeit/ un&#x0303; nicht den war-<lb/>
hafftigen Gebrauch des Lebens. Der Mu&#x0364;s-<lb/>
&#x017F;iggang i&#x017F;t nichts anders als ein Verlu&#x017F;t<lb/>
des Lebens/ und &#x017F;ein ga&#x0364;ntzlicher Ruin kompt<lb/>
von den bo&#x0364;&#x017F;en Thaten/ in welche man fa&#x0364;lt.<lb/>
Es i&#x017F;t ein gro&#x017F;&#x017F;er Unter&#x017F;cheyd unten auff der<lb/>
Welt &#x017F;eyn und leben. Man kan wol von<lb/>
einem Men&#x017F;chen/ &#x017F;o in dem La&#x017F;ter veraltet/<lb/>
&#x017F;agen/ er &#x017F;ey lang auff der Welt gewe&#x017F;en:<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66[56]/0067] halten. Das iſt wenig geſagt/ daß es eine Gefahr ſey/ boͤß zu werden/ man muß darzu ſetzen/ daß man nicht ohne groſſen Scha- den darzu gelangt. Wer uͤbel lebt/ der leidet einen wuͤrcklichen und hochbetraͤcht- lichen Verluſt/ und der hat nicht nur die Gefahr/ darin er ſich begibt/ zu befuͤrchten/ ſondern wann er Verſtand hat/ ſo ſoll er ohne unterlaß zittern/ dann ſein Ruin iſt un- vermeydlich/ wann er ſeinen Paſſionen Ge- hoͤr gibt. XXIII. Die Laſter koͤnnen wohl auf einige Wei- ſe unſer Leben einnehmen/ aber ſie ſind nicht wuͤrdig daſſelbe anzuwenden/ als daß man das Leben der Libertiner recht zu beſchrei- ben/ ſagen muß/ es ſey nur ein Schatten des Lebens. Wann man uͤbel lebt/ ſo hat man nichts als Muͤhe/ Arbeit/ uñ nicht den war- hafftigen Gebrauch des Lebens. Der Muͤs- ſiggang iſt nichts anders als ein Verluſt des Lebens/ und ſein gaͤntzlicher Ruin kompt von den boͤſen Thaten/ in welche man faͤlt. Es iſt ein groſſer Unterſcheyd unten auff der Welt ſeyn und leben. Man kan wol von einem Menſchen/ ſo in dem Laſter veraltet/ ſagen/ er ſey lang auff der Welt geweſen: aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/67
Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 66[56]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/67>, abgerufen am 23.04.2024.