Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

gantze Welt weiß/ so ist er doch auff einige
weise gerecht. Dieses hat einer Erklä-
rung von nöthen. Nichts ist so unbillig als
der Neid/ sintemahl ein Mensch/ der davon
angegriffen wird/ ihm einbildet/ er sey durch
andere verletzt: Aber andern theils ist
nichts gerechters als der Neid/ dann er
züchtiget denjenigen/ welcher ihm folget und
anhört/ und verdammt ihn zu einer erschröck-
lichen Straffe/ die man ihm kaum einbil-
den kan.

LVIII.

Es ist schier kein Unterscheid zwischen
einem Schmeichler/ der den Leuten liebko-
set/ und einem Wolff/ der ein Schaff suchet;
Er liebt es nicht/ sondern sucht es ihm zu ei-
nem Raub. Derowegen entschlage dich
eines Schmeichlers/ als deines ärgsten
Feindes: Der Geitzige kennet ihn besser/
als ein anderer; Das ist nicht genug/ wann
man sagt/ die Schmeicheley sey eine sehr
subtile Lügen/ sondern man muß sagen/ sie
sey eine schändliche Verrätherey/ dann auch
der allerböseste Mensch auf der Welt hat
keine Mühe gutes von andern zu reden/ und
ihnen über seine Gewalt gutes zu thun/
wann es seinen Nutz angehet: Zu solcher

Zeit
D

gantze Welt weiß/ ſo iſt er doch auff einige
weiſe gerecht. Dieſes hat einer Erklaͤ-
rung von noͤthen. Nichts iſt ſo unbillig als
der Neid/ ſintemahl ein Menſch/ der davon
angegriffen wird/ ihm einbildet/ er ſey durch
andere verletzt: Aber andern theils iſt
nichts gerechters als der Neid/ dann er
zuͤchtiget denjenigen/ welcher ihm folget und
anhoͤrt/ und verdam̃t ihn zu einer erſchroͤck-
lichen Straffe/ die man ihm kaum einbil-
den kan.

LVIII.

Es iſt ſchier kein Unterſcheid zwiſchen
einem Schmeichler/ der den Leuten liebko-
ſet/ und einem Wolff/ der ein Schaff ſuchet;
Er liebt es nicht/ ſondern ſucht es ihm zu ei-
nem Raub. Derowegen entſchlage dich
eines Schmeichlers/ als deines aͤrgſten
Feindes: Der Geitzige kennet ihn beſſer/
als ein anderer; Das iſt nicht genug/ wann
man ſagt/ die Schmeicheley ſey eine ſehr
ſubtile Luͤgen/ ſondern man muß ſagen/ ſie
ſey eine ſchaͤndliche Verraͤtherey/ dann auch
der allerboͤſeſte Menſch auf der Welt hat
keine Muͤhe gutes von andern zu reden/ und
ihnen uͤber ſeine Gewalt gutes zu thun/
wann es ſeinen Nutz angehet: Zu ſolcher

Zeit
D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0084" n="83[73]"/>
gantze Welt weiß/ &#x017F;o i&#x017F;t er doch auff einige<lb/>
wei&#x017F;e gerecht. Die&#x017F;es hat einer Erkla&#x0364;-<lb/>
rung von no&#x0364;then. Nichts i&#x017F;t &#x017F;o unbillig als<lb/>
der Neid/ &#x017F;intemahl ein Men&#x017F;ch/ der davon<lb/>
angegriffen wird/ ihm einbildet/ er &#x017F;ey durch<lb/>
andere verletzt: Aber andern theils i&#x017F;t<lb/>
nichts gerechters als der Neid/ dann er<lb/>
zu&#x0364;chtiget denjenigen/ welcher ihm folget und<lb/>
anho&#x0364;rt/ und verdam&#x0303;t ihn zu einer er&#x017F;chro&#x0364;ck-<lb/>
lichen Straffe/ die man ihm kaum einbil-<lb/>
den kan.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">LVIII.</hi> </head><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t &#x017F;chier kein Unter&#x017F;cheid zwi&#x017F;chen<lb/>
einem Schmeichler/ der den Leuten liebko-<lb/>
&#x017F;et/ und einem Wolff/ der ein Schaff &#x017F;uchet;<lb/>
Er liebt es nicht/ &#x017F;ondern &#x017F;ucht es ihm zu ei-<lb/>
nem Raub. Derowegen ent&#x017F;chlage dich<lb/>
eines Schmeichlers/ als deines a&#x0364;rg&#x017F;ten<lb/>
Feindes: Der Geitzige kennet ihn be&#x017F;&#x017F;er/<lb/>
als ein anderer; Das i&#x017F;t nicht genug/ wann<lb/>
man &#x017F;agt/ die Schmeicheley &#x017F;ey eine &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;ubtile Lu&#x0364;gen/ &#x017F;ondern man muß &#x017F;agen/ &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ey eine &#x017F;cha&#x0364;ndliche Verra&#x0364;therey/ dann auch<lb/>
der allerbo&#x0364;&#x017F;e&#x017F;te Men&#x017F;ch auf der Welt hat<lb/>
keine Mu&#x0364;he gutes von andern zu reden/ und<lb/>
ihnen u&#x0364;ber &#x017F;eine Gewalt gutes zu thun/<lb/>
wann es &#x017F;einen Nutz angehet: Zu &#x017F;olcher<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D</fw><fw place="bottom" type="catch">Zeit</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83[73]/0084] gantze Welt weiß/ ſo iſt er doch auff einige weiſe gerecht. Dieſes hat einer Erklaͤ- rung von noͤthen. Nichts iſt ſo unbillig als der Neid/ ſintemahl ein Menſch/ der davon angegriffen wird/ ihm einbildet/ er ſey durch andere verletzt: Aber andern theils iſt nichts gerechters als der Neid/ dann er zuͤchtiget denjenigen/ welcher ihm folget und anhoͤrt/ und verdam̃t ihn zu einer erſchroͤck- lichen Straffe/ die man ihm kaum einbil- den kan. LVIII. Es iſt ſchier kein Unterſcheid zwiſchen einem Schmeichler/ der den Leuten liebko- ſet/ und einem Wolff/ der ein Schaff ſuchet; Er liebt es nicht/ ſondern ſucht es ihm zu ei- nem Raub. Derowegen entſchlage dich eines Schmeichlers/ als deines aͤrgſten Feindes: Der Geitzige kennet ihn beſſer/ als ein anderer; Das iſt nicht genug/ wann man ſagt/ die Schmeicheley ſey eine ſehr ſubtile Luͤgen/ ſondern man muß ſagen/ ſie ſey eine ſchaͤndliche Verraͤtherey/ dann auch der allerboͤſeſte Menſch auf der Welt hat keine Muͤhe gutes von andern zu reden/ und ihnen uͤber ſeine Gewalt gutes zu thun/ wann es ſeinen Nutz angehet: Zu ſolcher Zeit D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/84
Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 83[73]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/84>, abgerufen am 29.03.2024.