Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

leichtesten Verdacht/ vor eine sehr gewisse
Warheit halten.

LXXIII.

Man muß von der Grösse der Gefahr
nicht durch die Furcht/ welche man davor
hat/ urtheilen. Es ist bißweilen gefährlich/
eine grosse Zuversicht zu haben. Wann
du begehrest ruhiglich zu leben/ so sürchte
dich mäßiglich/ und folge nicht der Mey-
nung etlicher Leute/ die ihnen einbilden/ daß
man sich um nichts anders bekümmern soll/
wann man nur glücklich in der Welt ist.

LXXIV.

Es ist eine geringe Klugheit/ in dem Lauff
dieses Lebens etwas zu hoffen/ als mit Ver-
stand zu fürchten; Das Böse hat eine
grössere Zahl/ und ist gewisser als das Gute.
Die Kranckheiten/ Schaden/ Unglück/ Be-
kümmernüß sind so gemein/ daß man schier
von nichts anders höret/ und es ist rar/ ei-
nen solchen Menschen anzutreffen/ der da-
von befreyt ist. Wie viel Arme gibt es/
da es einen Reichen gibt? Die Zahl der
Glückseligen ist gar klein/ aber die Zahl der
Elenden ist unzehlich.

LXXV.

Es ist wahr/ daß die Furcht alle Sachen

sehr
D 5

leichteſten Verdacht/ vor eine ſehr gewiſſe
Warheit halten.

LXXIII.

Man muß von der Groͤſſe der Gefahr
nicht durch die Furcht/ welche man davor
hat/ urtheilen. Es iſt bißweilen gefaͤhrlich/
eine groſſe Zuverſicht zu haben. Wann
du begehreſt ruhiglich zu leben/ ſo ſuͤrchte
dich maͤßiglich/ und folge nicht der Mey-
nung etlicher Leute/ die ihnen einbilden/ daß
man ſich um nichts anders bekuͤmmern ſoll/
wann man nur gluͤcklich in der Welt iſt.

LXXIV.

Es iſt eine geringe Klugheit/ in dem Lauff
dieſes Lebens etwas zu hoffen/ als mit Ver-
ſtand zu fuͤrchten; Das Boͤſe hat eine
groͤſſere Zahl/ und iſt gewiſſer als das Gute.
Die Kranckheiten/ Schaden/ Ungluͤck/ Be-
kuͤmmernuͤß ſind ſo gemein/ daß man ſchier
von nichts anders hoͤret/ und es iſt rar/ ei-
nen ſolchen Menſchen anzutreffen/ der da-
von befreyt iſt. Wie viel Arme gibt es/
da es einen Reichen gibt? Die Zahl der
Gluͤckſeligen iſt gar klein/ aber die Zahl der
Elenden iſt unzehlich.

LXXV.

Es iſt wahr/ daß die Furcht alle Sachen

ſehr
D 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0092" n="91[81]"/>
leichte&#x017F;ten Verdacht/ vor eine &#x017F;ehr gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Warheit halten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">LXXIII.</hi> </head><lb/>
          <p>Man muß von der Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Gefahr<lb/>
nicht durch die Furcht/ welche man davor<lb/>
hat/ urtheilen. Es i&#x017F;t bißweilen gefa&#x0364;hrlich/<lb/>
eine gro&#x017F;&#x017F;e Zuver&#x017F;icht zu haben. Wann<lb/>
du begehre&#x017F;t ruhiglich zu leben/ &#x017F;o &#x017F;u&#x0364;rchte<lb/>
dich ma&#x0364;ßiglich/ und folge nicht der Mey-<lb/>
nung etlicher Leute/ die ihnen einbilden/ daß<lb/>
man &#x017F;ich um nichts anders beku&#x0364;mmern &#x017F;oll/<lb/>
wann man nur glu&#x0364;cklich in der Welt i&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">LXXIV.</hi> </head><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t eine geringe Klugheit/ in dem Lauff<lb/>
die&#x017F;es Lebens etwas zu hoffen/ als mit Ver-<lb/>
&#x017F;tand zu fu&#x0364;rchten; Das Bo&#x0364;&#x017F;e hat eine<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Zahl/ und i&#x017F;t gewi&#x017F;&#x017F;er als das Gute.<lb/>
Die Kranckheiten/ Schaden/ Unglu&#x0364;ck/ Be-<lb/>
ku&#x0364;mmernu&#x0364;ß &#x017F;ind &#x017F;o gemein/ daß man &#x017F;chier<lb/>
von nichts anders ho&#x0364;ret/ und es i&#x017F;t rar/ ei-<lb/>
nen &#x017F;olchen Men&#x017F;chen anzutreffen/ der da-<lb/>
von befreyt i&#x017F;t. Wie viel Arme gibt es/<lb/>
da es einen Reichen gibt? Die Zahl der<lb/>
Glu&#x0364;ck&#x017F;eligen i&#x017F;t gar klein/ aber die Zahl der<lb/>
Elenden i&#x017F;t unzehlich.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">LXXV.</hi> </head><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t wahr/ daß die Furcht alle Sachen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 5</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ehr</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91[81]/0092] leichteſten Verdacht/ vor eine ſehr gewiſſe Warheit halten. LXXIII. Man muß von der Groͤſſe der Gefahr nicht durch die Furcht/ welche man davor hat/ urtheilen. Es iſt bißweilen gefaͤhrlich/ eine groſſe Zuverſicht zu haben. Wann du begehreſt ruhiglich zu leben/ ſo ſuͤrchte dich maͤßiglich/ und folge nicht der Mey- nung etlicher Leute/ die ihnen einbilden/ daß man ſich um nichts anders bekuͤmmern ſoll/ wann man nur gluͤcklich in der Welt iſt. LXXIV. Es iſt eine geringe Klugheit/ in dem Lauff dieſes Lebens etwas zu hoffen/ als mit Ver- ſtand zu fuͤrchten; Das Boͤſe hat eine groͤſſere Zahl/ und iſt gewiſſer als das Gute. Die Kranckheiten/ Schaden/ Ungluͤck/ Be- kuͤmmernuͤß ſind ſo gemein/ daß man ſchier von nichts anders hoͤret/ und es iſt rar/ ei- nen ſolchen Menſchen anzutreffen/ der da- von befreyt iſt. Wie viel Arme gibt es/ da es einen Reichen gibt? Die Zahl der Gluͤckſeligen iſt gar klein/ aber die Zahl der Elenden iſt unzehlich. LXXV. Es iſt wahr/ daß die Furcht alle Sachen ſehr D 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/92
Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 91[81]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/92>, abgerufen am 28.03.2024.