Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

haben muß/ wann man sich aus einer gros-
sen Gefahr/ so wol als wann man sich aus
der Thorheit ziehen will: Sage mir nun/
ist auch eine grössere Gefahr und eine seltza-
mere Thorheit zu erdencken/ als wann man
sich in Gefahr setzt/ das Leben zu verlieren/
um seiner Rache ein Genügen zu thun?

XCII.

Wann du/ nachdem du sehr gearbeitet/
eine zu der Rache rechte Zeit zu finden/ gros-
se Hindernüß bey deinen Anschlägen fin-
dest/ was hast du alsdann gefunden/ als Un-
muth/ Zorn und Verdruß? Man kan
auch noch darzu setzen/ daß du deinem Fein-
de eine schöne Gelegenheit gegeben/ sich an
dir zu rächen/ also daß eben ein Ding dir zu
einer Straffe/ und einer Rache wird.

XCIII.

Bist du arm/ so solt du dich trösten/ weil du
versichert leben wirst/ dahergegen diejenige/
welche reich sind/ allezeit Ursach haben zu
zittern/ in dem sie sich tausenderley leidigen
Zufällen unterworffen sehen. Es wäre gut
genug/ wann man eins um das andere hät-
te/ aber dein Stand ist besser/ sintemal die
Armuth und das übrige Elend des Lebens
schier nichts/ in Vergleichung des äussersten

Un-

haben muß/ wann man ſich aus einer groſ-
ſen Gefahr/ ſo wol als wann man ſich aus
der Thorheit ziehen will: Sage mir nun/
iſt auch eine groͤſſere Gefahr und eine ſeltza-
mere Thorheit zu erdencken/ als wann man
ſich in Gefahr ſetzt/ das Leben zu verlieren/
um ſeiner Rache ein Genuͤgen zu thun?

XCII.

Wann du/ nachdem du ſehr gearbeitet/
eine zu der Rache rechte Zeit zu finden/ groſ-
ſe Hindernuͤß bey deinen Anſchlaͤgen fin-
deſt/ was haſt du alsdann gefunden/ als Un-
muth/ Zorn und Verdruß? Man kan
auch noch darzu ſetzen/ daß du deinem Fein-
de eine ſchoͤne Gelegenheit gegeben/ ſich an
dir zu raͤchen/ alſo daß eben ein Ding dir zu
einer Straffe/ und einer Rache wird.

XCIII.

Biſt du arm/ ſo ſolt du dich troͤſten/ weil du
verſichert leben wirſt/ dahergegen diejenige/
welche reich ſind/ allezeit Urſach haben zu
zittern/ in dem ſie ſich tauſenderley leidigen
Zufaͤllen unterworffen ſehen. Es waͤre gut
genug/ wann man eins um das andere haͤt-
te/ aber dein Stand iſt beſſer/ ſintemal die
Armuth und das uͤbrige Elend des Lebens
ſchier nichts/ in Vergleichung des aͤuſſerſten

Un-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0153" n="152[142]"/>
haben muß/ wann man &#x017F;ich aus einer gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Gefahr/ &#x017F;o wol als wann man &#x017F;ich aus<lb/>
der Thorheit ziehen will: Sage mir nun/<lb/>
i&#x017F;t auch eine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Gefahr und eine &#x017F;eltza-<lb/>
mere Thorheit zu erdencken/ als wann man<lb/>
&#x017F;ich in Gefahr &#x017F;etzt/ das Leben zu verlieren/<lb/>
um &#x017F;einer Rache ein Genu&#x0364;gen zu thun?</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XCII.</hi> </head><lb/>
          <p>Wann du/ nachdem du &#x017F;ehr gearbeitet/<lb/>
eine zu der Rache rechte Zeit zu finden/ gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e Hindernu&#x0364;ß bey deinen An&#x017F;chla&#x0364;gen fin-<lb/>
de&#x017F;t/ was ha&#x017F;t du alsdann gefunden/ als Un-<lb/>
muth/ Zorn und Verdruß? Man kan<lb/>
auch noch darzu &#x017F;etzen/ daß du deinem Fein-<lb/>
de eine &#x017F;cho&#x0364;ne Gelegenheit gegeben/ &#x017F;ich an<lb/>
dir zu ra&#x0364;chen/ al&#x017F;o daß eben ein Ding dir zu<lb/>
einer Straffe/ und einer Rache wird.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XCIII.</hi> </head><lb/>
          <p>Bi&#x017F;t du arm/ &#x017F;o &#x017F;olt du dich tro&#x0364;&#x017F;ten/ weil du<lb/>
ver&#x017F;ichert leben wir&#x017F;t/ dahergegen diejenige/<lb/>
welche reich &#x017F;ind/ allezeit Ur&#x017F;ach haben zu<lb/>
zittern/ in dem &#x017F;ie &#x017F;ich tau&#x017F;enderley leidigen<lb/>
Zufa&#x0364;llen unterworffen &#x017F;ehen. Es wa&#x0364;re gut<lb/>
genug/ wann man eins um das andere ha&#x0364;t-<lb/>
te/ aber dein Stand i&#x017F;t be&#x017F;&#x017F;er/ &#x017F;intemal die<lb/>
Armuth und das u&#x0364;brige Elend des Lebens<lb/>
&#x017F;chier nichts/ in Vergleichung des a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Un-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152[142]/0153] haben muß/ wann man ſich aus einer groſ- ſen Gefahr/ ſo wol als wann man ſich aus der Thorheit ziehen will: Sage mir nun/ iſt auch eine groͤſſere Gefahr und eine ſeltza- mere Thorheit zu erdencken/ als wann man ſich in Gefahr ſetzt/ das Leben zu verlieren/ um ſeiner Rache ein Genuͤgen zu thun? XCII. Wann du/ nachdem du ſehr gearbeitet/ eine zu der Rache rechte Zeit zu finden/ groſ- ſe Hindernuͤß bey deinen Anſchlaͤgen fin- deſt/ was haſt du alsdann gefunden/ als Un- muth/ Zorn und Verdruß? Man kan auch noch darzu ſetzen/ daß du deinem Fein- de eine ſchoͤne Gelegenheit gegeben/ ſich an dir zu raͤchen/ alſo daß eben ein Ding dir zu einer Straffe/ und einer Rache wird. XCIII. Biſt du arm/ ſo ſolt du dich troͤſten/ weil du verſichert leben wirſt/ dahergegen diejenige/ welche reich ſind/ allezeit Urſach haben zu zittern/ in dem ſie ſich tauſenderley leidigen Zufaͤllen unterworffen ſehen. Es waͤre gut genug/ wann man eins um das andere haͤt- te/ aber dein Stand iſt beſſer/ ſintemal die Armuth und das uͤbrige Elend des Lebens ſchier nichts/ in Vergleichung des aͤuſſerſten Un-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/153
Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 152[142]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/153>, abgerufen am 19.04.2024.