Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

seinem gantzen Kopff arbeiten muß/ also soll
auch kein grosser Herr seyn/ der sich nicht
immerdar befleißige/ seinen Staat wohl zu
regieren/ und seiner Unterthanen Nutzen
und Ruhe zu befördern.

II.

Ein Fürst/ welcher die Völcker/ die ihme
untergeben sind/ regieren will/ wie es sich
gebühret/ soll sich erstlich befleissen/ die Ver-
nunfft bey ihm selbst regieren zu lassen.
Was vor eine Schande ist es vor einen/
Menschen/ welcher unzählich viel Völcker
unter seiner Herrschafft hat/ daß er als ein
Sclav seinen eigenen Begierden folgen
muß? Wann ihm die Begierden regieren/
so fallen alle Dinge unvermeidlich in eine
Unordnung und Verwirrung. Es ist keine
erschrecklichere Mißgeburth/ als ein Leib oh-
ne Kopff; solches aber geschicht in einer sol-
chen Herrschafft/ da der Oberherr seine
Schuldigkeit nicht beobachtet/ und die
Vernunfft und Gerechtigkeit verachtet.

III.

Die warhafftige Klugheit ist die stärcke-
ste Stütze eines Staats/ aber man be-
schützet denselben unvergleichlich besser
durch Verstandt und Geschicklichkeit/ als

durch

ſeinem gantzen Kopff arbeiten muß/ alſo ſoll
auch kein groſſer Herr ſeyn/ der ſich nicht
immerdar befleißige/ ſeinen Staat wohl zu
regieren/ und ſeiner Unterthanen Nutzen
und Ruhe zu befoͤrdern.

II.

Ein Fuͤrſt/ welcher die Voͤlcker/ die ihme
untergeben ſind/ regieren will/ wie es ſich
gebuͤhret/ ſoll ſich erſtlich befleiſſen/ die Ver-
nunfft bey ihm ſelbſt regieren zu laſſen.
Was vor eine Schande iſt es vor einen/
Menſchen/ welcher unzaͤhlich viel Voͤlcker
unter ſeiner Herrſchafft hat/ daß er als ein
Sclav ſeinen eigenen Begierden folgen
muß? Wann ihm die Begierden regieren/
ſo fallen alle Dinge unvermeidlich in eine
Unordnung und Verwirrung. Es iſt keine
eꝛſchrecklichere Mißgeburth/ als ein Leib oh-
ne Kopff; ſolches aber geſchicht in einer ſol-
chen Herrſchafft/ da der Oberherr ſeine
Schuldigkeit nicht beobachtet/ und die
Vernunfft und Gerechtigkeit verachtet.

III.

Die warhafftige Klugheit iſt die ſtaͤrcke-
ſte Stuͤtze eines Staats/ aber man be-
ſchuͤtzet denſelben unvergleichlich beſſer
durch Verſtandt und Geſchicklichkeit/ als

durch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0159" n="158[148]"/>
&#x017F;einem gantzen Kopff arbeiten muß/ al&#x017F;o &#x017F;oll<lb/>
auch kein gro&#x017F;&#x017F;er Herr &#x017F;eyn/ der &#x017F;ich nicht<lb/>
immerdar befleißige/ &#x017F;einen Staat wohl zu<lb/>
regieren/ und &#x017F;einer Unterthanen Nutzen<lb/>
und Ruhe zu befo&#x0364;rdern.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">II.</hi> </head><lb/>
          <p>Ein Fu&#x0364;r&#x017F;t/ welcher die Vo&#x0364;lcker/ die ihme<lb/>
untergeben &#x017F;ind/ regieren will/ wie es &#x017F;ich<lb/>
gebu&#x0364;hret/ &#x017F;oll &#x017F;ich er&#x017F;tlich beflei&#x017F;&#x017F;en/ die Ver-<lb/>
nunfft bey ihm &#x017F;elb&#x017F;t regieren zu la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Was vor eine Schande i&#x017F;t es vor einen/<lb/>
Men&#x017F;chen/ welcher unza&#x0364;hlich viel Vo&#x0364;lcker<lb/>
unter &#x017F;einer Herr&#x017F;chafft hat/ daß er als ein<lb/>
Sclav &#x017F;einen eigenen Begierden folgen<lb/>
muß? Wann ihm die Begierden regieren/<lb/>
&#x017F;o fallen alle Dinge unvermeidlich in eine<lb/>
Unordnung und Verwirrung. Es i&#x017F;t keine<lb/>
e&#xA75B;&#x017F;chrecklichere Mißgeburth/ als ein Leib oh-<lb/>
ne Kopff; &#x017F;olches aber ge&#x017F;chicht in einer &#x017F;ol-<lb/>
chen Herr&#x017F;chafft/ da der Oberherr &#x017F;eine<lb/>
Schuldigkeit nicht beobachtet/ und die<lb/>
Vernunfft und Gerechtigkeit verachtet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">III.</hi> </head><lb/>
          <p>Die warhafftige Klugheit i&#x017F;t die &#x017F;ta&#x0364;rcke-<lb/>
&#x017F;te Stu&#x0364;tze eines Staats/ aber man be-<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;tzet den&#x017F;elben unvergleichlich be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
durch Ver&#x017F;tandt und Ge&#x017F;chicklichkeit/ als<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">durch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158[148]/0159] ſeinem gantzen Kopff arbeiten muß/ alſo ſoll auch kein groſſer Herr ſeyn/ der ſich nicht immerdar befleißige/ ſeinen Staat wohl zu regieren/ und ſeiner Unterthanen Nutzen und Ruhe zu befoͤrdern. II. Ein Fuͤrſt/ welcher die Voͤlcker/ die ihme untergeben ſind/ regieren will/ wie es ſich gebuͤhret/ ſoll ſich erſtlich befleiſſen/ die Ver- nunfft bey ihm ſelbſt regieren zu laſſen. Was vor eine Schande iſt es vor einen/ Menſchen/ welcher unzaͤhlich viel Voͤlcker unter ſeiner Herrſchafft hat/ daß er als ein Sclav ſeinen eigenen Begierden folgen muß? Wann ihm die Begierden regieren/ ſo fallen alle Dinge unvermeidlich in eine Unordnung und Verwirrung. Es iſt keine eꝛſchrecklichere Mißgeburth/ als ein Leib oh- ne Kopff; ſolches aber geſchicht in einer ſol- chen Herrſchafft/ da der Oberherr ſeine Schuldigkeit nicht beobachtet/ und die Vernunfft und Gerechtigkeit verachtet. III. Die warhafftige Klugheit iſt die ſtaͤrcke- ſte Stuͤtze eines Staats/ aber man be- ſchuͤtzet denſelben unvergleichlich beſſer durch Verſtandt und Geſchicklichkeit/ als durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/159
Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 158[148]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/159>, abgerufen am 18.04.2024.