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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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trauen/ und allezeit genauer und wachtsa-
mer in diesem Fall seyn/ als wann er mäch-
tige Feinde auf dem Halse hat. Er muß
nicht fürchten/ das Ubel zu leiden/ sondern
er soll sich fleißig hüten/ dasselbe zu begehen/
weil eines nothwendig von dem andern
folget: Er muß einen grossen Unterscheid
machen/ zwischen einem Könige und einem
Tyrannen; Der Königträget Sorge vor
seine Unterthanen/ weil er sie liebt/ der Ty-
rann fürchtet sie/ weil er nur sich selber liebt.
Der König bemühet sich mit einer sonder-
bahren Gütigkeit vor seine Unterthanen/
damit ihnen nichts verdrießliches begegne.
Der Tyrann dencket nur an sein eigenes
Interesse/ und zu verhindern/ daß man ihm
nichts Leids thue. Die Authorität des
Fürsten und die Liebe der Völcker sind zwey
Dinge/ welche am meisten zu Erhaltung ei-
ner Herrschafft thun/ und was die Autho-
rität erhält/ ist die Furcht neben der Hoch-
achtung/ oder vielmehr nebst der Verwun-
derung. Die schöne und vortreffliche Art
zu regieren macht/ daß man sich über die
Fürsten verwundere/ wann man schon der
Tugenden/ die in ihren Personen leuchten/
nicht gedencket: Seine Macht bewegt die

Leute/

trauen/ und allezeit genauer und wachtſa-
mer in dieſem Fall ſeyn/ als wann er maͤch-
tige Feinde auf dem Halſe hat. Er muß
nicht fuͤrchten/ das Ubel zu leiden/ ſondern
er ſoll ſich fleißig huͤten/ daſſelbe zu begehen/
weil eines nothwendig von dem andern
folget: Er muß einen groſſen Unterſcheid
machen/ zwiſchen einem Koͤnige und einem
Tyrannen; Der Koͤnigtraͤget Sorge vor
ſeine Unterthanen/ weil er ſie liebt/ der Ty-
rann fuͤrchtet ſie/ weil er nur ſich ſelber liebt.
Der Koͤnig bemuͤhet ſich mit einer ſonder-
bahren Guͤtigkeit vor ſeine Unterthanen/
damit ihnen nichts verdrießliches begegne.
Der Tyrann dencket nur an ſein eigenes
Intereſſe/ und zu verhindern/ daß man ihm
nichts Leids thue. Die Authoritaͤt des
Fuͤrſten und die Liebe der Voͤlcker ſind zwey
Dinge/ welche am meiſten zu Erhaltung ei-
ner Herrſchafft thun/ und was die Autho-
ritaͤt erhaͤlt/ iſt die Furcht neben der Hoch-
achtung/ oder vielmehr nebſt der Verwun-
derung. Die ſchoͤne und vortreffliche Art
zu regieren macht/ daß man ſich uͤber die
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[182[172]/0183] trauen/ und allezeit genauer und wachtſa- mer in dieſem Fall ſeyn/ als wann er maͤch- tige Feinde auf dem Halſe hat. Er muß nicht fuͤrchten/ das Ubel zu leiden/ ſondern er ſoll ſich fleißig huͤten/ daſſelbe zu begehen/ weil eines nothwendig von dem andern folget: Er muß einen groſſen Unterſcheid machen/ zwiſchen einem Koͤnige und einem Tyrannen; Der Koͤnigtraͤget Sorge vor ſeine Unterthanen/ weil er ſie liebt/ der Ty- rann fuͤrchtet ſie/ weil er nur ſich ſelber liebt. Der Koͤnig bemuͤhet ſich mit einer ſonder- bahren Guͤtigkeit vor ſeine Unterthanen/ damit ihnen nichts verdrießliches begegne. Der Tyrann dencket nur an ſein eigenes Intereſſe/ und zu verhindern/ daß man ihm nichts Leids thue. Die Authoritaͤt des Fuͤrſten und die Liebe der Voͤlcker ſind zwey Dinge/ welche am meiſten zu Erhaltung ei- ner Herrſchafft thun/ und was die Autho- ritaͤt erhaͤlt/ iſt die Furcht neben der Hoch- achtung/ oder vielmehr nebſt der Verwun- derung. Die ſchoͤne und vortreffliche Art zu regieren macht/ daß man ſich uͤber die Fuͤrſten verwundere/ wann man ſchon der Tugenden/ die in ihren Perſonen leuchten/ nicht gedencket: Seine Macht bewegt die Leute/

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 182[172]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/183>, abgerufen am 29.03.2024.