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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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Ein doppeltes Resultat hat sich also ergeben.

Die Verwandlung des Geldes in Kapital ist auf Grundlage dem Waaren-
austausch immanenter Gesetze zu entwickeln, so dass der Austausch
von Aequivalenten
als Ausgangspunkt gilt38). Unser nur noch als
Kapitalistenraupe vorhandner Geldbesitzer muss die Waaren zu ihrem
Werth kaufen, zu ihrem Werth verkaufen, und dennoch am Ende des Pro-
zesses mehr Werth herausziehn als er hineinwarf. Seine Schmetterlings-
entfaltung muss in der Cirkulationssphäre und muss nicht in der Cirkula-
tionssphäre vorgehn. Diess sind die Bedingungen des Problems. Hie
Rhodus, hic salta!

3) Kauf und Verkauf der Arbeitskraft.

Die Werthveränderung des Geldes, das sich in Kapital ver-
wandeln soll, kann nicht an diesem Geld selbst vorgehn, denn als Kauf-
mittel und als Zahlungsmittel realisirt es nur den Preis der Waare, die
es kauft oder zahlt, während es, in seiner eignen Form verharrend, zum
Petrefakt von gleichbleibender Werthgrösse erstarrt39). Eben so wenig

38) Nach der gegebnen Auseinandersetzung versteht der Leser, dass diess nur
heisst: Die Kapitalbildung muss möglich sein, auch wenn der Waarenpreis
gleich dem Waarenwerth. Sie kann nicht aus der Abweichung der Waaren-
preise von den Waarenwerthen erklärt werden. Weichen die Preise von den
Werthen wirklich ab, so muss man sie erst auf die letztern reduciren, d. h. von
diesem Umstand als einem zufälligen absehn, um das Phänomen der Kapitalbildung
auf Grundlage des Waarenaustausches rein vor sich zu haben und in seiner Beob-
achtung nicht durch störende und dem eigentlichen Verlauf fremde Nebenum-
stände verwirrt zu werden. Man weiss übrigens, dass diese Reduktion keineswegs
eine blos wissenschaftliche Procedur ist. Die beständigen Oscillationen der Markt-
preise, ihr Steigen und Sinken, compensiren sich, heben sich wechselseitig auf und
reduciren sich selbst zum Durchschnittspreis als ihrer inneren Regel. Diese
bildet den Leitstern z. B. des Kaufmanns oder des Industriellen in jeder Unter-
nehmung, die längeren Zeitraum umfasst. Er weiss also, dass eine längere Pe-
riode im Ganzen betrachtet, die Waaren wirklich weder unter, noch über, son-
dern zu ihrem Durchschnittspreis verkauft werden. Wäre interesseloses Denken
also überhaupt sein Interesse, so müsste er sich das Problem der Kapitalbildung so
stellen: Wie kann Kapital entstehn bei der Reglung der Preise durch den Durch-
schnittspreis, d. h. in letzter Instanz durch den Werth der Waare? Ich sage
"in letzter Instanz," weil die Durchschnittspreise nicht direkt mit den Werth-
grössen der Waaren, wie A. Smith, Ricardo u. s. w. glauben, zusammenfallen.
39) "In the form of money . . . . capital is productive of no profit."
(Ricardo: Princ. of Pol. Econ. p. 267.)
I. 9

Ein doppeltes Resultat hat sich also ergeben.

Die Verwandlung des Geldes in Kapital ist auf Grundlage dem Waaren-
austausch immanenter Gesetze zu entwickeln, so dass der Austausch
von Aequivalenten
als Ausgangspunkt gilt38). Unser nur noch als
Kapitalistenraupe vorhandner Geldbesitzer muss die Waaren zu ihrem
Werth kaufen, zu ihrem Werth verkaufen, und dennoch am Ende des Pro-
zesses mehr Werth herausziehn als er hineinwarf. Seine Schmetterlings-
entfaltung muss in der Cirkulationssphäre und muss nicht in der Cirkula-
tionssphäre vorgehn. Diess sind die Bedingungen des Problems. Hie
Rhodus, hic salta!

3) Kauf und Verkauf der Arbeitskraft.

Die Werthveränderung des Geldes, das sich in Kapital ver-
wandeln soll, kann nicht an diesem Geld selbst vorgehn, denn als Kauf-
mittel und als Zahlungsmittel realisirt es nur den Preis der Waare, die
es kauft oder zahlt, während es, in seiner eignen Form verharrend, zum
Petrefakt von gleichbleibender Werthgrösse erstarrt39). Eben so wenig

38) Nach der gegebnen Auseinandersetzung versteht der Leser, dass diess nur
heisst: Die Kapitalbildung muss möglich sein, auch wenn der Waarenpreis
gleich dem Waarenwerth. Sie kann nicht aus der Abweichung der Waaren-
preise von den Waarenwerthen erklärt werden. Weichen die Preise von den
Werthen wirklich ab, so muss man sie erst auf die letztern reduciren, d. h. von
diesem Umstand als einem zufälligen absehn, um das Phänomen der Kapitalbildung
auf Grundlage des Waarenaustausches rein vor sich zu haben und in seiner Beob-
achtung nicht durch störende und dem eigentlichen Verlauf fremde Nebenum-
stände verwirrt zu werden. Man weiss übrigens, dass diese Reduktion keineswegs
eine blos wissenschaftliche Procedur ist. Die beständigen Oscillationen der Markt-
preise, ihr Steigen und Sinken, compensiren sich, heben sich wechselseitig auf und
reduciren sich selbst zum Durchschnittspreis als ihrer inneren Regel. Diese
bildet den Leitstern z. B. des Kaufmanns oder des Industriellen in jeder Unter-
nehmung, die längeren Zeitraum umfasst. Er weiss also, dass eine längere Pe-
riode im Ganzen betrachtet, die Waaren wirklich weder unter, noch über, son-
dern zu ihrem Durchschnittspreis verkauft werden. Wäre interesseloses Denken
also überhaupt sein Interesse, so müsste er sich das Problem der Kapitalbildung so
stellen: Wie kann Kapital entstehn bei der Reglung der Preise durch den Durch-
schnittspreis, d. h. in letzter Instanz durch den Werth der Waare? Ich sage
„in letzter Instanz,“ weil die Durchschnittspreise nicht direkt mit den Werth-
grössen der Waaren, wie A. Smith, Ricardo u. s. w. glauben, zusammenfallen.
39) „In the form of money . . . . capital is productive of no profit.“
(Ricardo: Princ. of Pol. Econ. p. 267.)
I. 9
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[129/0148] Ein doppeltes Resultat hat sich also ergeben. Die Verwandlung des Geldes in Kapital ist auf Grundlage dem Waaren- austausch immanenter Gesetze zu entwickeln, so dass der Austausch von Aequivalenten als Ausgangspunkt gilt 38). Unser nur noch als Kapitalistenraupe vorhandner Geldbesitzer muss die Waaren zu ihrem Werth kaufen, zu ihrem Werth verkaufen, und dennoch am Ende des Pro- zesses mehr Werth herausziehn als er hineinwarf. Seine Schmetterlings- entfaltung muss in der Cirkulationssphäre und muss nicht in der Cirkula- tionssphäre vorgehn. Diess sind die Bedingungen des Problems. Hie Rhodus, hic salta! 3) Kauf und Verkauf der Arbeitskraft. Die Werthveränderung des Geldes, das sich in Kapital ver- wandeln soll, kann nicht an diesem Geld selbst vorgehn, denn als Kauf- mittel und als Zahlungsmittel realisirt es nur den Preis der Waare, die es kauft oder zahlt, während es, in seiner eignen Form verharrend, zum Petrefakt von gleichbleibender Werthgrösse erstarrt 39). Eben so wenig 38) Nach der gegebnen Auseinandersetzung versteht der Leser, dass diess nur heisst: Die Kapitalbildung muss möglich sein, auch wenn der Waarenpreis gleich dem Waarenwerth. Sie kann nicht aus der Abweichung der Waaren- preise von den Waarenwerthen erklärt werden. Weichen die Preise von den Werthen wirklich ab, so muss man sie erst auf die letztern reduciren, d. h. von diesem Umstand als einem zufälligen absehn, um das Phänomen der Kapitalbildung auf Grundlage des Waarenaustausches rein vor sich zu haben und in seiner Beob- achtung nicht durch störende und dem eigentlichen Verlauf fremde Nebenum- stände verwirrt zu werden. Man weiss übrigens, dass diese Reduktion keineswegs eine blos wissenschaftliche Procedur ist. Die beständigen Oscillationen der Markt- preise, ihr Steigen und Sinken, compensiren sich, heben sich wechselseitig auf und reduciren sich selbst zum Durchschnittspreis als ihrer inneren Regel. Diese bildet den Leitstern z. B. des Kaufmanns oder des Industriellen in jeder Unter- nehmung, die längeren Zeitraum umfasst. Er weiss also, dass eine längere Pe- riode im Ganzen betrachtet, die Waaren wirklich weder unter, noch über, son- dern zu ihrem Durchschnittspreis verkauft werden. Wäre interesseloses Denken also überhaupt sein Interesse, so müsste er sich das Problem der Kapitalbildung so stellen: Wie kann Kapital entstehn bei der Reglung der Preise durch den Durch- schnittspreis, d. h. in letzter Instanz durch den Werth der Waare? Ich sage „in letzter Instanz,“ weil die Durchschnittspreise nicht direkt mit den Werth- grössen der Waaren, wie A. Smith, Ricardo u. s. w. glauben, zusammenfallen. 39) „In the form of money . . . . capital is productive of no profit.“ (Ricardo: Princ. of Pol. Econ. p. 267.) I. 9

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/148>, abgerufen am 29.03.2024.