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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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Welcher Gebrauchswerth ihn trägt, ist dem Tauschwerth gleichgültig,
aber ein Gebrauchswerth muss ihn tragen. Zweitens ist voraus-
gesetzt, dass nur die unter den gegebenen gesellschaftlichen Pro-
duktionsbedingungen
nothwendige Arbeitszeit verwandt worden
ist. Wäre also nur 1 Pfund Baumwolle nöthig, um 1 Pfund Garn zu
spinnen, so darf nur 1 Pfund Baumwolle verzehrt sein in der Bildung von
1 Pfund Garn. Ebenso verhält es sich mit der Spindel. Hätte der Kapi-
talist die Phantasie mit goldenen, statt mit eisernen Spindeln spinnen zu
lassen, so zählte im Garnwerth dennoch nur die gesellschaftlich
nothwendige Arbeitszeit
, d. h. die zur Produktion der eisernen
Spindelmasse nothwendige Arbeitszeit.

Wir kennen jetzt den Werththeil, den die Produktionsmittel,
Baumwolle und Spindel, im Garnwerth bilden. Er ist gleich 12 sh.,
oder die Materiatur von zwei Arbeitstagen. Es handelt sich also nun um
den Werththeil, welchen die Arbeit des Spinners selbst der Baum-
wolle zusetzt.

Wir haben diese Arbeit jetzt von einem ganz anderen Gesichtspunkte
zu betrachten, als während des Arbeitsprozesses. Dort handelte es
sich um die zweckmässige Thätigkeit, Baumwolle in Garn zu verwandeln.
Je zweckmässiger die Arbeit, desto besser das Garn, alle andern Umstände
als gleichbleibend vorausgesetzt. Die Arbeit des Spinners war spezifisch
verschieden von andern produktiven Arbeiten, und diese Verschiedenheit
offenbarte sich subjektiv und objektiv, im besondern Zweck des Spinnens,
seiner besondern Operationsweise, der besondern Natur seiner Produktions-
mittel, dem spezifischen Gebrauchswerth seines Produkts. Baumwolle und
Spindel dienen als Lebensmittel der Spinnarbeit, aber man kann
mit ihnen keine gezogenen Kanonen machen. Sofern die Arbeit des
Spinners dagegen werthbildend ist, d. h. Quelle von Tausch-
werth
, ist sie durchaus nicht verschieden von der Arbeit des Kanonenboh-
rers, oder, was uns hier näher liegt, von den Arbeiten, die in den Produk-
tionsmitteln des Garns verwirklicht sind, den Arbeiten des Baumwollpflanzers
und des Spindelmachers. Nur wegen dieser Identität können Baum-
wollpflanzen, Spindelmachen und Spinnen blos quantitativ verschiedene
Theile desselben Gesammtwerths, des Garnwerths, bilden. Es
handelt sich hier nicht mehr um die Qualität, die Beschaffenheit und
den Inhalt der Arbeit, sondern nur noch um ihre Quantität. Diese

Welcher Gebrauchswerth ihn trägt, ist dem Tauschwerth gleichgültig,
aber ein Gebrauchswerth muss ihn tragen. Zweitens ist voraus-
gesetzt, dass nur die unter den gegebenen gesellschaftlichen Pro-
duktionsbedingungen
nothwendige Arbeitszeit verwandt worden
ist. Wäre also nur 1 Pfund Baumwolle nöthig, um 1 Pfund Garn zu
spinnen, so darf nur 1 Pfund Baumwolle verzehrt sein in der Bildung von
1 Pfund Garn. Ebenso verhält es sich mit der Spindel. Hätte der Kapi-
talist die Phantasie mit goldenen, statt mit eisernen Spindeln spinnen zu
lassen, so zählte im Garnwerth dennoch nur die gesellschaftlich
nothwendige Arbeitszeit
, d. h. die zur Produktion der eisernen
Spindelmasse nothwendige Arbeitszeit.

Wir kennen jetzt den Werththeil, den die Produktionsmittel,
Baumwolle und Spindel, im Garnwerth bilden. Er ist gleich 12 sh.,
oder die Materiatur von zwei Arbeitstagen. Es handelt sich also nun um
den Werththeil, welchen die Arbeit des Spinners selbst der Baum-
wolle zusetzt.

Wir haben diese Arbeit jetzt von einem ganz anderen Gesichtspunkte
zu betrachten, als während des Arbeitsprozesses. Dort handelte es
sich um die zweckmässige Thätigkeit, Baumwolle in Garn zu verwandeln.
Je zweckmässiger die Arbeit, desto besser das Garn, alle andern Umstände
als gleichbleibend vorausgesetzt. Die Arbeit des Spinners war spezifisch
verschieden von andern produktiven Arbeiten, und diese Verschiedenheit
offenbarte sich subjektiv und objektiv, im besondern Zweck des Spinnens,
seiner besondern Operationsweise, der besondern Natur seiner Produktions-
mittel, dem spezifischen Gebrauchswerth seines Produkts. Baumwolle und
Spindel dienen als Lebensmittel der Spinnarbeit, aber man kann
mit ihnen keine gezogenen Kanonen machen. Sofern die Arbeit des
Spinners dagegen werthbildend ist, d. h. Quelle von Tausch-
werth
, ist sie durchaus nicht verschieden von der Arbeit des Kanonenboh-
rers, oder, was uns hier näher liegt, von den Arbeiten, die in den Produk-
tionsmitteln des Garns verwirklicht sind, den Arbeiten des Baumwollpflanzers
und des Spindelmachers. Nur wegen dieser Identität können Baum-
wollpflanzen, Spindelmachen und Spinnen blos quantitativ verschiedene
Theile desselben Gesammtwerths, des Garnwerths, bilden. Es
handelt sich hier nicht mehr um die Qualität, die Beschaffenheit und
den Inhalt der Arbeit, sondern nur noch um ihre Quantität. Diese

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[154/0173] Welcher Gebrauchswerth ihn trägt, ist dem Tauschwerth gleichgültig, aber ein Gebrauchswerth muss ihn tragen. Zweitens ist voraus- gesetzt, dass nur die unter den gegebenen gesellschaftlichen Pro- duktionsbedingungen nothwendige Arbeitszeit verwandt worden ist. Wäre also nur 1 Pfund Baumwolle nöthig, um 1 Pfund Garn zu spinnen, so darf nur 1 Pfund Baumwolle verzehrt sein in der Bildung von 1 Pfund Garn. Ebenso verhält es sich mit der Spindel. Hätte der Kapi- talist die Phantasie mit goldenen, statt mit eisernen Spindeln spinnen zu lassen, so zählte im Garnwerth dennoch nur die gesellschaftlich nothwendige Arbeitszeit, d. h. die zur Produktion der eisernen Spindelmasse nothwendige Arbeitszeit. Wir kennen jetzt den Werththeil, den die Produktionsmittel, Baumwolle und Spindel, im Garnwerth bilden. Er ist gleich 12 sh., oder die Materiatur von zwei Arbeitstagen. Es handelt sich also nun um den Werththeil, welchen die Arbeit des Spinners selbst der Baum- wolle zusetzt. Wir haben diese Arbeit jetzt von einem ganz anderen Gesichtspunkte zu betrachten, als während des Arbeitsprozesses. Dort handelte es sich um die zweckmässige Thätigkeit, Baumwolle in Garn zu verwandeln. Je zweckmässiger die Arbeit, desto besser das Garn, alle andern Umstände als gleichbleibend vorausgesetzt. Die Arbeit des Spinners war spezifisch verschieden von andern produktiven Arbeiten, und diese Verschiedenheit offenbarte sich subjektiv und objektiv, im besondern Zweck des Spinnens, seiner besondern Operationsweise, der besondern Natur seiner Produktions- mittel, dem spezifischen Gebrauchswerth seines Produkts. Baumwolle und Spindel dienen als Lebensmittel der Spinnarbeit, aber man kann mit ihnen keine gezogenen Kanonen machen. Sofern die Arbeit des Spinners dagegen werthbildend ist, d. h. Quelle von Tausch- werth, ist sie durchaus nicht verschieden von der Arbeit des Kanonenboh- rers, oder, was uns hier näher liegt, von den Arbeiten, die in den Produk- tionsmitteln des Garns verwirklicht sind, den Arbeiten des Baumwollpflanzers und des Spindelmachers. Nur wegen dieser Identität können Baum- wollpflanzen, Spindelmachen und Spinnen blos quantitativ verschiedene Theile desselben Gesammtwerths, des Garnwerths, bilden. Es handelt sich hier nicht mehr um die Qualität, die Beschaffenheit und den Inhalt der Arbeit, sondern nur noch um ihre Quantität. Diese

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/173>, abgerufen am 25.04.2024.