Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Maschinerie aufgebauten grossen Industrie. Das Detailgeschick des indi-
viduellen, entleerten Maschinenarbeiters verschwindet als ein winzig Neben-
ding vor der Wissenschaft, den ungeheuren Naturkräften und der gesell-
schaftlichen Massenarbeit, die im Maschinensystem verkörpert sind und mit
ihm die Macht "des Meisters" bilden. Dieser Meister, in dessen Hirn
die Maschinerie und sein Monopol an derselben unzertrennlich verwachsen
sind, ruft daher in Kollisionsfällen den "Händen" verächtlich zu: "Die
Fabrikarbeiter sollten in heilsamer Erinnerung halten, dass ihre Arbeit in
der That eine sehr niedrige Sorte geschickter Arbeit ist; dass keine leich-
ter aneigenbar und in Anbetracht ihrer Qualität besser belohnt ist, dass
keine durch kurze Unterweisung des mindest Erfahrnen in so kurzer Zeit
und in solchem Ueberfluss zugeführt werden kann. Des Meisters
Maschinerie
spielt in der That eine viel wichtigere Rolle in dem Ge-
schäft der Produktion als die Arbeit und das Geschick des Arbei-
ters
, die eine Erziehung von 6 Monaten lehren und jeder Bauernknecht
lernen kann"188).

Die technologische Unterordnung des Arbeiters unter den gleichför-
migen Gang des Arbeitsmittels und die eigenthümliche Zusammensetzung
des Arbeitskörpers aus Individuen beider Geschlechter und aller Alters-
stufen schafft eine kasernenmässige Disciplin, die sich zum vollständigen
Fabrikregime ausbildet und die schon früher erwähnte Arbeit
der Oberaufsicht
, damit zugleich die Theilung der Arbeiter
in Handarbeiter und Arbeitsaufseher, gemeine Industriesoldaten und In-
dustrieunterofficiere, völlig entwickelt. "Die Hauptschwierigkeit in der auto-
matischen Fabrik bestand in der nothwendigen Disciplin, um die Menschen

188) "The factory operatives should keep in wholesome remembrance the
fact that theirs is really a low species of skilled labour; and that there is none
which is more easily acquired or of its quality more amply remunerated, or which,
by a short training of the least expert can be more quickly as well as abundantly
acquired . . . . The master's machinery really plays a far more im-
portant part in the business of production than the labour and
the skill of the operative
, which six months' education can teach, and a
common labourer can learn." ("The Master Spinners' and Manufac-
turers' Defence Fund. Report of the Committee. Manchester

1854", p. 17.) Man wird später sehn, dass der "Master" aus einem andern Loch
pfeift, sobald er mit Verlust seiner "lebendigen" Automaten bedroht ist.

Maschinerie aufgebauten grossen Industrie. Das Detailgeschick des indi-
viduellen, entleerten Maschinenarbeiters verschwindet als ein winzig Neben-
ding vor der Wissenschaft, den ungeheuren Naturkräften und der gesell-
schaftlichen Massenarbeit, die im Maschinensystem verkörpert sind und mit
ihm die Macht „des Meisters“ bilden. Dieser Meister, in dessen Hirn
die Maschinerie und sein Monopol an derselben unzertrennlich verwachsen
sind, ruft daher in Kollisionsfällen den „Händen“ verächtlich zu: „Die
Fabrikarbeiter sollten in heilsamer Erinnerung halten, dass ihre Arbeit in
der That eine sehr niedrige Sorte geschickter Arbeit ist; dass keine leich-
ter aneigenbar und in Anbetracht ihrer Qualität besser belohnt ist, dass
keine durch kurze Unterweisung des mindest Erfahrnen in so kurzer Zeit
und in solchem Ueberfluss zugeführt werden kann. Des Meisters
Maschinerie
spielt in der That eine viel wichtigere Rolle in dem Ge-
schäft der Produktion als die Arbeit und das Geschick des Arbei-
ters
, die eine Erziehung von 6 Monaten lehren und jeder Bauernknecht
lernen kann“188).

Die technologische Unterordnung des Arbeiters unter den gleichför-
migen Gang des Arbeitsmittels und die eigenthümliche Zusammensetzung
des Arbeitskörpers aus Individuen beider Geschlechter und aller Alters-
stufen schafft eine kasernenmässige Disciplin, die sich zum vollständigen
Fabrikregime ausbildet und die schon früher erwähnte Arbeit
der Oberaufsicht
, damit zugleich die Theilung der Arbeiter
in Handarbeiter und Arbeitsaufseher, gemeine Industriesoldaten und In-
dustrieunterofficiere, völlig entwickelt. „Die Hauptschwierigkeit in der auto-
matischen Fabrik bestand in der nothwendigen Disciplin, um die Menschen

188) „The factory operatives should keep in wholesome remembrance the
fact that theirs is really a low species of skilled labour; and that there is none
which is more easily acquired or of its quality more amply remunerated, or which,
by a short training of the least expert can be more quickly as well as abundantly
acquired . . . . The master’s machinery really plays a far more im-
portant part in the business of production than the labour and
the skill of the operative
, which six months’ education can teach, and a
common labourer can learn.“ („The Master Spinners’ and Manufac-
turers’ Defence Fund. Report of the Committee. Manchester

1854“, p. 17.) Man wird später sehn, dass der „Master“ aus einem andern Loch
pfeift, sobald er mit Verlust seiner „lebendigen“ Automaten bedroht ist.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0434" n="415"/>
Maschinerie aufgebauten grossen Industrie. Das Detailgeschick des indi-<lb/>
viduellen, entleerten Maschinenarbeiters verschwindet als ein winzig Neben-<lb/>
ding vor der Wissenschaft, den ungeheuren Naturkräften und der gesell-<lb/>
schaftlichen Massenarbeit, die im Maschinensystem verkörpert sind und mit<lb/>
ihm die Macht &#x201E;<hi rendition="#g">des Meisters</hi>&#x201C; bilden. Dieser Meister, in dessen Hirn<lb/>
die Maschinerie und <hi rendition="#g">sein Monopol</hi> an derselben unzertrennlich verwachsen<lb/>
sind, ruft daher in Kollisionsfällen den &#x201E;Händen&#x201C; verächtlich zu: &#x201E;Die<lb/>
Fabrikarbeiter sollten in heilsamer Erinnerung halten, dass ihre Arbeit in<lb/>
der That eine sehr niedrige Sorte geschickter Arbeit ist; dass keine leich-<lb/>
ter aneigenbar und in Anbetracht ihrer Qualität besser belohnt ist, dass<lb/>
keine durch kurze Unterweisung des mindest Erfahrnen in so kurzer Zeit<lb/>
und in solchem Ueberfluss zugeführt werden kann. <hi rendition="#g">Des Meisters<lb/>
Maschinerie</hi> spielt in der That eine viel wichtigere Rolle in dem Ge-<lb/>
schäft der Produktion als die Arbeit und <hi rendition="#g">das Geschick</hi> des <hi rendition="#g">Arbei-<lb/>
ters</hi>, die eine Erziehung von 6 Monaten lehren und jeder Bauernknecht<lb/>
lernen kann&#x201C;<note place="foot" n="188)">&#x201E;The factory operatives should keep in wholesome remembrance the<lb/>
fact that theirs is really a low species of skilled labour; and that there is none<lb/>
which is more easily acquired or of its quality more amply remunerated, or which,<lb/>
by a short training of the least expert can be more quickly as well as abundantly<lb/>
acquired . . . . <hi rendition="#g">The master&#x2019;s machinery really plays a far more im-<lb/>
portant part in the business of production than the labour and<lb/>
the skill of the operative</hi>, which six months&#x2019; education can teach, and a<lb/>
common labourer can learn.&#x201C; (&#x201E;<hi rendition="#g">The Master Spinners&#x2019; and Manufac-<lb/>
turers&#x2019; Defence Fund. Report of the Committee. Manchester</hi><lb/>
1854&#x201C;, p. 17.) Man wird später sehn, dass der &#x201E;Master&#x201C; aus einem andern Loch<lb/>
pfeift, sobald er mit Verlust seiner &#x201E;<hi rendition="#g">lebendigen</hi>&#x201C; Automaten bedroht ist.</note>.</p><lb/>
            <p>Die technologische Unterordnung des Arbeiters unter den gleichför-<lb/>
migen Gang des Arbeitsmittels und die eigenthümliche Zusammensetzung<lb/>
des Arbeitskörpers aus Individuen beider Geschlechter und aller Alters-<lb/>
stufen schafft eine kasernenmässige Disciplin, die sich zum vollständigen<lb/><hi rendition="#g">Fabrikregime</hi> ausbildet und die schon früher erwähnte <hi rendition="#g">Arbeit<lb/>
der Oberaufsicht</hi>, damit zugleich die <hi rendition="#g">Theilung der Arbeiter</hi><lb/>
in Handarbeiter und Arbeitsaufseher, gemeine Industriesoldaten und In-<lb/>
dustrieunterofficiere, völlig entwickelt. &#x201E;Die Hauptschwierigkeit in der auto-<lb/>
matischen Fabrik bestand in der nothwendigen Disciplin, um die Menschen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[415/0434] Maschinerie aufgebauten grossen Industrie. Das Detailgeschick des indi- viduellen, entleerten Maschinenarbeiters verschwindet als ein winzig Neben- ding vor der Wissenschaft, den ungeheuren Naturkräften und der gesell- schaftlichen Massenarbeit, die im Maschinensystem verkörpert sind und mit ihm die Macht „des Meisters“ bilden. Dieser Meister, in dessen Hirn die Maschinerie und sein Monopol an derselben unzertrennlich verwachsen sind, ruft daher in Kollisionsfällen den „Händen“ verächtlich zu: „Die Fabrikarbeiter sollten in heilsamer Erinnerung halten, dass ihre Arbeit in der That eine sehr niedrige Sorte geschickter Arbeit ist; dass keine leich- ter aneigenbar und in Anbetracht ihrer Qualität besser belohnt ist, dass keine durch kurze Unterweisung des mindest Erfahrnen in so kurzer Zeit und in solchem Ueberfluss zugeführt werden kann. Des Meisters Maschinerie spielt in der That eine viel wichtigere Rolle in dem Ge- schäft der Produktion als die Arbeit und das Geschick des Arbei- ters, die eine Erziehung von 6 Monaten lehren und jeder Bauernknecht lernen kann“ 188). Die technologische Unterordnung des Arbeiters unter den gleichför- migen Gang des Arbeitsmittels und die eigenthümliche Zusammensetzung des Arbeitskörpers aus Individuen beider Geschlechter und aller Alters- stufen schafft eine kasernenmässige Disciplin, die sich zum vollständigen Fabrikregime ausbildet und die schon früher erwähnte Arbeit der Oberaufsicht, damit zugleich die Theilung der Arbeiter in Handarbeiter und Arbeitsaufseher, gemeine Industriesoldaten und In- dustrieunterofficiere, völlig entwickelt. „Die Hauptschwierigkeit in der auto- matischen Fabrik bestand in der nothwendigen Disciplin, um die Menschen 188) „The factory operatives should keep in wholesome remembrance the fact that theirs is really a low species of skilled labour; and that there is none which is more easily acquired or of its quality more amply remunerated, or which, by a short training of the least expert can be more quickly as well as abundantly acquired . . . . The master’s machinery really plays a far more im- portant part in the business of production than the labour and the skill of the operative, which six months’ education can teach, and a common labourer can learn.“ („The Master Spinners’ and Manufac- turers’ Defence Fund. Report of the Committee. Manchester 1854“, p. 17.) Man wird später sehn, dass der „Master“ aus einem andern Loch pfeift, sobald er mit Verlust seiner „lebendigen“ Automaten bedroht ist.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/434
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/434>, abgerufen am 25.04.2024.