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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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thun. Dem Zustand, worin der Arbeiter als Verkäufer seiner eignen Arbeits-
kraft auf dem Waarenmarkt auftritt, ist in urzeitlichen Hintergrund der Zu-
stand entrückt, worin der menschliche Arbeitsprozess seine erste instinktartige
Form noch nicht abgestreift hatte. Wir unterstellen den Arbeitsprozess
in einer Form, worin er dem Menschen ausschliesslich angehört. Eine
Spinne verrichtet Operationen, die denen des Webers ähneln, und eine
Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen manchen menschlichen
Baumeister. Was aber von vorn herein den schlechtesten Baumeister vor
der besten Biene auszeichnet, ist, dass er die Zelle in seinem Kopf ge-
baut hat, bevor er sie in Wachs baut. Am Ende des Arbeitsprozesses
kommt ein Resultat heraus, das beim Beginn desselben schon in der Vor-
stellung des Arbeiters
, also schon ideell vorhanden war. Nicht
dass er nur eine Formveränderung des Natürlichen bewirkt, verwirk-
licht
er im Natürlichen zugleich seinen Zweck, den er weiss, der
die Art und Weise seines Thuns als Gesetz bestimmt und dem er seinen
Willen unterordnen muss. Und diese Unterordnung ist kein vereinzelter
Akt. Ausser der Anstrengung der Organe, die arbeiten, ist der zweck-
gemässe Wille
, der sich als Aufmerksamkeit äussert, für die
ganze Dauer des Arbeitsprozesses erheischt, und um so mehr, je weniger
die Arbeit durch ihren eignen Inhalt und ihre Art und Weise der Ausfüh-
rung den Arbeiter mit sich fortreisst, je weniger er sie daher als Spiel
seiner eignen körperlichen und geistigen Kräfte geniesst.

Die einfachen Momente des Arbeitsprozesses sind die zweck-
mässige Thätigkeit
oder die Arbeit selbst, ihr Gegen-
stand
und ihr Mittel.

Die Erde (worunter ökonomisch auch das Wasser einbegriffen),
wie sie den Menschen ursprünglich mit Proviant, fertigen Lebensmitteln
ausrüstet1), findet sich ohne sein Zuthun als der allgemeine Gegen-
stand
der menschlichen Arbeit vor. Alle Dinge, welche die Arbeit nur
von ihrem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erdganzen loslöst, sind

1) "The earth's spontaneous productions being in small quantity, and quite
independent of man, appear as it were, to be furnished by nature, in the same way
as a small sum is given to a young man, in order to put him in a way of industry,
and of making his fortune." (James Steuart: Principles of Polit.
Econ. edit. Dublin
1770, v. I, p. 116.)

thun. Dem Zustand, worin der Arbeiter als Verkäufer seiner eignen Arbeits-
kraft auf dem Waarenmarkt auftritt, ist in urzeitlichen Hintergrund der Zu-
stand entrückt, worin der menschliche Arbeitsprozess seine erste instinktartige
Form noch nicht abgestreift hatte. Wir unterstellen den Arbeitsprozess
in einer Form, worin er dem Menschen ausschliesslich angehört. Eine
Spinne verrichtet Operationen, die denen des Webers ähneln, und eine
Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen manchen menschlichen
Baumeister. Was aber von vorn herein den schlechtesten Baumeister vor
der besten Biene auszeichnet, ist, dass er die Zelle in seinem Kopf ge-
baut hat, bevor er sie in Wachs baut. Am Ende des Arbeitsprozesses
kommt ein Resultat heraus, das beim Beginn desselben schon in der Vor-
stellung des Arbeiters
, also schon ideell vorhanden war. Nicht
dass er nur eine Formveränderung des Natürlichen bewirkt, verwirk-
licht
er im Natürlichen zugleich seinen Zweck, den er weiss, der
die Art und Weise seines Thuns als Gesetz bestimmt und dem er seinen
Willen unterordnen muss. Und diese Unterordnung ist kein vereinzelter
Akt. Ausser der Anstrengung der Organe, die arbeiten, ist der zweck-
gemässe Wille
, der sich als Aufmerksamkeit äussert, für die
ganze Dauer des Arbeitsprozesses erheischt, und um so mehr, je weniger
die Arbeit durch ihren eignen Inhalt und ihre Art und Weise der Ausfüh-
rung den Arbeiter mit sich fortreisst, je weniger er sie daher als Spiel
seiner eignen körperlichen und geistigen Kräfte geniesst.

Die einfachen Momente des Arbeitsprozesses sind die zweck-
mässige Thätigkeit
oder die Arbeit selbst, ihr Gegen-
stand
und ihr Mittel.

Die Erde (worunter ökonomisch auch das Wasser einbegriffen),
wie sie den Menschen ursprünglich mit Proviant, fertigen Lebensmitteln
ausrüstet1), findet sich ohne sein Zuthun als der allgemeine Gegen-
stand
der menschlichen Arbeit vor. Alle Dinge, welche die Arbeit nur
von ihrem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erdganzen loslöst, sind

1) „The earth’s spontaneous productions being in small quantity, and quite
independent of man, appear as it were, to be furnished by nature, in the same way
as a small sum is given to a young man, in order to put him in a way of industry,
and of making his fortune.“ (James Steuart: Principles of Polit.
Econ. edit. Dublin
1770, v. I, p. 116.)
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[142/0161] thun. Dem Zustand, worin der Arbeiter als Verkäufer seiner eignen Arbeits- kraft auf dem Waarenmarkt auftritt, ist in urzeitlichen Hintergrund der Zu- stand entrückt, worin der menschliche Arbeitsprozess seine erste instinktartige Form noch nicht abgestreift hatte. Wir unterstellen den Arbeitsprozess in einer Form, worin er dem Menschen ausschliesslich angehört. Eine Spinne verrichtet Operationen, die denen des Webers ähneln, und eine Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen manchen menschlichen Baumeister. Was aber von vorn herein den schlechtesten Baumeister vor der besten Biene auszeichnet, ist, dass er die Zelle in seinem Kopf ge- baut hat, bevor er sie in Wachs baut. Am Ende des Arbeitsprozesses kommt ein Resultat heraus, das beim Beginn desselben schon in der Vor- stellung des Arbeiters, also schon ideell vorhanden war. Nicht dass er nur eine Formveränderung des Natürlichen bewirkt, verwirk- licht er im Natürlichen zugleich seinen Zweck, den er weiss, der die Art und Weise seines Thuns als Gesetz bestimmt und dem er seinen Willen unterordnen muss. Und diese Unterordnung ist kein vereinzelter Akt. Ausser der Anstrengung der Organe, die arbeiten, ist der zweck- gemässe Wille, der sich als Aufmerksamkeit äussert, für die ganze Dauer des Arbeitsprozesses erheischt, und um so mehr, je weniger die Arbeit durch ihren eignen Inhalt und ihre Art und Weise der Ausfüh- rung den Arbeiter mit sich fortreisst, je weniger er sie daher als Spiel seiner eignen körperlichen und geistigen Kräfte geniesst. Die einfachen Momente des Arbeitsprozesses sind die zweck- mässige Thätigkeit oder die Arbeit selbst, ihr Gegen- stand und ihr Mittel. Die Erde (worunter ökonomisch auch das Wasser einbegriffen), wie sie den Menschen ursprünglich mit Proviant, fertigen Lebensmitteln ausrüstet 1), findet sich ohne sein Zuthun als der allgemeine Gegen- stand der menschlichen Arbeit vor. Alle Dinge, welche die Arbeit nur von ihrem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erdganzen loslöst, sind 1) „The earth’s spontaneous productions being in small quantity, and quite independent of man, appear as it were, to be furnished by nature, in the same way as a small sum is given to a young man, in order to put him in a way of industry, and of making his fortune.“ (James Steuart: Principles of Polit. Econ. edit. Dublin 1770, v. I, p. 116.)

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/161>, abgerufen am 25.04.2024.