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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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1866) beschloss der "Internationale Arbeiterkongress" zu
Genf auf Vorschlag der Londoner Centralbehörde: "Wir erklären die Be-
schränkung des Arbeitstags
für eine vorläufige Bedingung, ohne
welche alle andern Bestrebungen nach Emancipation scheitern müssen ...
Wir schlagen 8 Arbeitsstunden als legale Schranke des Ar-
beitstags
vor".

So besiegelt die auf beiden Seiten des atlantischen Meers instinktiv
aus den Produktionsverhältnissen selbst erwachsne Arbeiterbewegung den
Ausspruch des englischen Fabrikinspektors R. J. Saunders: "Weitere
Schritte zur Reform der Gesellschaft sind niemals mit irgend einer Aus-
sicht auf Erfolg durchzuführen, wenn nicht zuvor der Arbeitstag beschränkt
und seine vorgeschriebene Schranke strikt erzwungen wird"197).

Man muss gestehn, dass unser Arbeiter anders aus dem Produktions-
prozess herauskömmt als er in ihn eintrat. Auf dem Markt trat er als Be-
sitzer der Waare "Arbeitskraft" andern Waarenbesitzern gegenüber,
Waarenbesitzer dem Waarenbesitzer. Der Kontrakt, wodurch er dem
Kapitalisten seine Arbeitskraft verkaufte, schien durch den freien Willen
von Verkäufer und Käufer vereinbartes Produkt. Nach geschlossnem
Handel wird entdeckt, dass er "kein freier Agent" war, dass die
Zeit, wofür es ihm freisteht seine Arbeitskraft zu verkaufen, die Zeit ist,
wofür er gezwungen ist sie zu verkaufen198), dass in der That sein
Sauger nicht loslässt, "so lange noch ein Muskel, eine Sehne, ein Tropfen
Bluts auszubeuten"199). Zum "Schutze" gegen die Schlange ihrer Qualen
müssen die Arbeiter ihre Köpfe zusammenrotten und als Klasse ein

197) "Reports etc. for 31. Oct. 1848", p. 112.
198) "These proceedings (die Manöver des Kapitals z. B. 1848--50) have
afforded, moreover, incontrovertible proof of the fallacy of the asser-
tion
so often advanced, that operatives need no protection, but may be
considered as free agents in the disposal of the only property
they possess, the labour
of their hands, and the sweat of their brows."
("Reports etc. for 30. April 1850", p. 45). "Free Labour, if so it
may be termed
, even in a free country, requires the strong arm of the law to
protect it." ("Reports etc. for 31. Oct. 1864", p. 34.) "To permit,
which is tantamount to compelling
. . . . to work 14 hours a day with
or without meals etc." ("Reports etc. for 30. April 1863", p. 40.)
199) Friedrich Engels l. c. p. 5.

1866) beschloss der „Internationale Arbeiterkongress“ zu
Genf auf Vorschlag der Londoner Centralbehörde: „Wir erklären die Be-
schränkung des Arbeitstags
für eine vorläufige Bedingung, ohne
welche alle andern Bestrebungen nach Emancipation scheitern müssen …
Wir schlagen 8 Arbeitsstunden als legale Schranke des Ar-
beitstags
vor“.

So besiegelt die auf beiden Seiten des atlantischen Meers instinktiv
aus den Produktionsverhältnissen selbst erwachsne Arbeiterbewegung den
Ausspruch des englischen Fabrikinspektors R. J. Saunders: „Weitere
Schritte zur Reform der Gesellschaft sind niemals mit irgend einer Aus-
sicht auf Erfolg durchzuführen, wenn nicht zuvor der Arbeitstag beschränkt
und seine vorgeschriebene Schranke strikt erzwungen wird“197).

Man muss gestehn, dass unser Arbeiter anders aus dem Produktions-
prozess herauskömmt als er in ihn eintrat. Auf dem Markt trat er als Be-
sitzer der Waare „Arbeitskraft“ andern Waarenbesitzern gegenüber,
Waarenbesitzer dem Waarenbesitzer. Der Kontrakt, wodurch er dem
Kapitalisten seine Arbeitskraft verkaufte, schien durch den freien Willen
von Verkäufer und Käufer vereinbartes Produkt. Nach geschlossnem
Handel wird entdeckt, dass er „kein freier Agent“ war, dass die
Zeit, wofür es ihm freisteht seine Arbeitskraft zu verkaufen, die Zeit ist,
wofür er gezwungen ist sie zu verkaufen198), dass in der That sein
Sauger nicht loslässt, „so lange noch ein Muskel, eine Sehne, ein Tropfen
Bluts auszubeuten“199). Zum „Schutze“ gegen die Schlange ihrer Qualen
müssen die Arbeiter ihre Köpfe zusammenrotten und als Klasse ein

197)Reports etc. for 31. Oct. 1848“, p. 112.
198) „These proceedings (die Manöver des Kapitals z. B. 1848—50) have
afforded, moreover, incontrovertible proof of the fallacy of the asser-
tion
so often advanced, that operatives need no protection, but may be
considered as free agents in the disposal of the only property
they possess, the labour
of their hands, and the sweat of their brows.“
(„Reports etc. for 30. April 1850“, p. 45). „Free Labour, if so it
may be termed
, even in a free country, requires the strong arm of the law to
protect it.“ („Reports etc. for 31. Oct. 1864“, p. 34.) „To permit,
which is tantamount to compelling
. . . . to work 14 hours a day with
or without meals etc.“ („Reports etc. for 30. April 1863“, p. 40.)
199) Friedrich Engels l. c. p. 5.
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[280/0299] 1866) beschloss der „Internationale Arbeiterkongress“ zu Genf auf Vorschlag der Londoner Centralbehörde: „Wir erklären die Be- schränkung des Arbeitstags für eine vorläufige Bedingung, ohne welche alle andern Bestrebungen nach Emancipation scheitern müssen … Wir schlagen 8 Arbeitsstunden als legale Schranke des Ar- beitstags vor“. So besiegelt die auf beiden Seiten des atlantischen Meers instinktiv aus den Produktionsverhältnissen selbst erwachsne Arbeiterbewegung den Ausspruch des englischen Fabrikinspektors R. J. Saunders: „Weitere Schritte zur Reform der Gesellschaft sind niemals mit irgend einer Aus- sicht auf Erfolg durchzuführen, wenn nicht zuvor der Arbeitstag beschränkt und seine vorgeschriebene Schranke strikt erzwungen wird“ 197). Man muss gestehn, dass unser Arbeiter anders aus dem Produktions- prozess herauskömmt als er in ihn eintrat. Auf dem Markt trat er als Be- sitzer der Waare „Arbeitskraft“ andern Waarenbesitzern gegenüber, Waarenbesitzer dem Waarenbesitzer. Der Kontrakt, wodurch er dem Kapitalisten seine Arbeitskraft verkaufte, schien durch den freien Willen von Verkäufer und Käufer vereinbartes Produkt. Nach geschlossnem Handel wird entdeckt, dass er „kein freier Agent“ war, dass die Zeit, wofür es ihm freisteht seine Arbeitskraft zu verkaufen, die Zeit ist, wofür er gezwungen ist sie zu verkaufen 198), dass in der That sein Sauger nicht loslässt, „so lange noch ein Muskel, eine Sehne, ein Tropfen Bluts auszubeuten“ 199). Zum „Schutze“ gegen die Schlange ihrer Qualen müssen die Arbeiter ihre Köpfe zusammenrotten und als Klasse ein 197) „Reports etc. for 31. Oct. 1848“, p. 112. 198) „These proceedings (die Manöver des Kapitals z. B. 1848—50) have afforded, moreover, incontrovertible proof of the fallacy of the asser- tion so often advanced, that operatives need no protection, but may be considered as free agents in the disposal of the only property they possess, the labour of their hands, and the sweat of their brows.“ („Reports etc. for 30. April 1850“, p. 45). „Free Labour, if so it may be termed, even in a free country, requires the strong arm of the law to protect it.“ („Reports etc. for 31. Oct. 1864“, p. 34.) „To permit, which is tantamount to compelling . . . . to work 14 hours a day with or without meals etc.“ („Reports etc. for 30. April 1863“, p. 40.) 199) Friedrich Engels l. c. p. 5.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/299>, abgerufen am 25.04.2024.