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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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Trotz gegebner Grenzen des Arbeitstags a c scheint b c verlängerbar,
wenn nicht durch Ausdehnung über seinen Endpunkt c, der zugleich der
Endpunkt des Arbeitstags a c ist, so durch Verschiebung seines Anfangs-
punkts b in entgegengesetzter Richtung nach a hin. Nimm an, b' b
a-------------b'--b----c sei gleich der Hälfte von b c oder gleich einer
Arbeitsstunde. Wird nun in dem zwölfstündigen Arbeitstag a c der Punkt
b nach b' verrückt, so dehnt sich b c aus zu b' c, die Mehrarbeit wächst
um die Hälfte, von 2 auf 3 Stunden, obgleich der Arbeitstag nach wie vor
nur 12 Stunden zählt. Diese Ausdehnung der Mehrarbeit von b c auf
b' c, von 2 auf 3 Stunden, ist aber offenbar unmöglich ohne gleichzeitige
Zusammenziehung der nothwendigen Arbeit von a b auf a b', von 10 auf
9 Stunden. Der Verlängerung der Mehrarbeit entspräche die
Verkürzung der nothwendigen Arbeit, oder ein Theil der
Arbeitszeit, die der Arbeiter bisher in der That für sich selbst verbraucht,
verwandelt sich in Arbeitszeit für den Kapitalisten. Was verändert,
wäre nicht die Länge des Arbeitstags, sondern seine Theilung
in nothwendige Arbeit und Mehrarbeit.

Andrerseits ist die Grösse der Mehrarbeit offenbar selbst ge-
geben mit gegebner Grösse des Arbeitstags und gegebnem
Werth
der Arbeitskraft. Der Werth der Arbeitskraft, d. h. die zu ihrer
Produktion erheischte Arbeitszeit, bestimmt die zur Reproduktion ihres
Werths nothwendige Arbeitszeit. Stellt sich eine Arbeitsstunde in einem
Goldquantum von einem halben Shilling oder 6 d. dar, und beträgt der
Tageswerth der Arbeitskraft 5 sh., so muss der Arbeiter täglich 10 Stun-
den arbeiten, um den ihm vom Kapital gezahlten Tageswerth seiner Arbeits-
kraft zu ersetzen oder ein Aequivalent für den Werth seiner nothwendigen
täglichen Lebensmittel zu produziren. Mit dem Werth dieser Lebensmittel
ist der Werth seiner Arbeitskraft1), mit dem Werth seiner Arbeitskraft ist

1) Der Werth des täglichen Durchschnittslohns ist bestimmt durch das, was
der Arbeiter braucht "so as to live, labeur, and generate." (William Petty:
"Political Anatomy of Ireland" 1672, p. 64.) "The Price of Labour
is always constituted of the price of necessaries." Der Arbeiter erhält nicht den
entsprechenden Lohn "whenever . . . . the labouring man's wages will not,
suitably to his low rank and station, as a labouring man, support such a family
as is often the lot of many of them to have." (J. Vanderlint l. c. p. 19.)
"Le simple ouvrier, qui n'a que ses bras et son industrie, n'a rien qu'autant qu'il

Trotz gegebner Grenzen des Arbeitstags a c scheint b c verlängerbar,
wenn nicht durch Ausdehnung über seinen Endpunkt c, der zugleich der
Endpunkt des Arbeitstags a c ist, so durch Verschiebung seines Anfangs-
punkts b in entgegengesetzter Richtung nach a hin. Nimm an, b' b
a-------------b'--b----c sei gleich der Hälfte von b c oder gleich einer
Arbeitsstunde. Wird nun in dem zwölfstündigen Arbeitstag a c der Punkt
b nach b' verrückt, so dehnt sich b c aus zu b' c, die Mehrarbeit wächst
um die Hälfte, von 2 auf 3 Stunden, obgleich der Arbeitstag nach wie vor
nur 12 Stunden zählt. Diese Ausdehnung der Mehrarbeit von b c auf
b' c, von 2 auf 3 Stunden, ist aber offenbar unmöglich ohne gleichzeitige
Zusammenziehung der nothwendigen Arbeit von a b auf a b', von 10 auf
9 Stunden. Der Verlängerung der Mehrarbeit entspräche die
Verkürzung der nothwendigen Arbeit, oder ein Theil der
Arbeitszeit, die der Arbeiter bisher in der That für sich selbst verbraucht,
verwandelt sich in Arbeitszeit für den Kapitalisten. Was verändert,
wäre nicht die Länge des Arbeitstags, sondern seine Theilung
in nothwendige Arbeit und Mehrarbeit.

Andrerseits ist die Grösse der Mehrarbeit offenbar selbst ge-
geben mit gegebner Grösse des Arbeitstags und gegebnem
Werth
der Arbeitskraft. Der Werth der Arbeitskraft, d. h. die zu ihrer
Produktion erheischte Arbeitszeit, bestimmt die zur Reproduktion ihres
Werths nothwendige Arbeitszeit. Stellt sich eine Arbeitsstunde in einem
Goldquantum von einem halben Shilling oder 6 d. dar, und beträgt der
Tageswerth der Arbeitskraft 5 sh., so muss der Arbeiter täglich 10 Stun-
den arbeiten, um den ihm vom Kapital gezahlten Tageswerth seiner Arbeits-
kraft zu ersetzen oder ein Aequivalent für den Werth seiner nothwendigen
täglichen Lebensmittel zu produziren. Mit dem Werth dieser Lebensmittel
ist der Werth seiner Arbeitskraft1), mit dem Werth seiner Arbeitskraft ist

1) Der Werth des täglichen Durchschnittslohns ist bestimmt durch das, was
der Arbeiter braucht „so as to live, labeur, and generate.“ (William Petty:
Political Anatomy of Ireland“ 1672, p. 64.) „The Price of Labour
is always constituted of the price of necessaries.“ Der Arbeiter erhält nicht den
entsprechenden Lohn „whenever . . . . the labouring man’s wages will not,
suitably to his low rank and station, as a labouring man, support such a family
as is often the lot of many of them to have.“ (J. Vanderlint l. c. p. 19.)
„Le simple ouvrier, qui n’a que ses bras et son industrie, n’a rien qu’autant qu’il
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[292/0311] Trotz gegebner Grenzen des Arbeitstags a c scheint b c verlängerbar, wenn nicht durch Ausdehnung über seinen Endpunkt c, der zugleich der Endpunkt des Arbeitstags a c ist, so durch Verschiebung seines Anfangs- punkts b in entgegengesetzter Richtung nach a hin. Nimm an, b' b a-------------b'--b----c sei gleich der Hälfte von b c oder gleich einer Arbeitsstunde. Wird nun in dem zwölfstündigen Arbeitstag a c der Punkt b nach b' verrückt, so dehnt sich b c aus zu b' c, die Mehrarbeit wächst um die Hälfte, von 2 auf 3 Stunden, obgleich der Arbeitstag nach wie vor nur 12 Stunden zählt. Diese Ausdehnung der Mehrarbeit von b c auf b' c, von 2 auf 3 Stunden, ist aber offenbar unmöglich ohne gleichzeitige Zusammenziehung der nothwendigen Arbeit von a b auf a b', von 10 auf 9 Stunden. Der Verlängerung der Mehrarbeit entspräche die Verkürzung der nothwendigen Arbeit, oder ein Theil der Arbeitszeit, die der Arbeiter bisher in der That für sich selbst verbraucht, verwandelt sich in Arbeitszeit für den Kapitalisten. Was verändert, wäre nicht die Länge des Arbeitstags, sondern seine Theilung in nothwendige Arbeit und Mehrarbeit. Andrerseits ist die Grösse der Mehrarbeit offenbar selbst ge- geben mit gegebner Grösse des Arbeitstags und gegebnem Werth der Arbeitskraft. Der Werth der Arbeitskraft, d. h. die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit, bestimmt die zur Reproduktion ihres Werths nothwendige Arbeitszeit. Stellt sich eine Arbeitsstunde in einem Goldquantum von einem halben Shilling oder 6 d. dar, und beträgt der Tageswerth der Arbeitskraft 5 sh., so muss der Arbeiter täglich 10 Stun- den arbeiten, um den ihm vom Kapital gezahlten Tageswerth seiner Arbeits- kraft zu ersetzen oder ein Aequivalent für den Werth seiner nothwendigen täglichen Lebensmittel zu produziren. Mit dem Werth dieser Lebensmittel ist der Werth seiner Arbeitskraft 1), mit dem Werth seiner Arbeitskraft ist 1) Der Werth des täglichen Durchschnittslohns ist bestimmt durch das, was der Arbeiter braucht „so as to live, labeur, and generate.“ (William Petty: „Political Anatomy of Ireland“ 1672, p. 64.) „The Price of Labour is always constituted of the price of necessaries.“ Der Arbeiter erhält nicht den entsprechenden Lohn „whenever . . . . the labouring man’s wages will not, suitably to his low rank and station, as a labouring man, support such a family as is often the lot of many of them to have.“ (J. Vanderlint l. c. p. 19.) „Le simple ouvrier, qui n’a que ses bras et son industrie, n’a rien qu’autant qu’il

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/311>, abgerufen am 20.04.2024.