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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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qualitativen Unterschied, ob 1200 Arbeiter vereinzelt oder ob sie
unter dem Kommando desselben Kapitals vereint produciren.

Indess findet doch innerhalb gewisser Grenzen eine Modifikation statt.
Die im Werth vergegenständlichte Arbeit ist Arbeit von gesellschaft-
licher Durchschnittsqualität und so ist der Werth der Arbeitskraft der
Werth durchschnittlicher Arbeitskraft. Eine Durchschnittsgrösse existirt
aber immer nur als Durchschnitt vieler verschiedner Grössenindividuen der-
selben Art. In jedem Industriezweig weicht der individuelle Arbeiter,
Peter oder Paul, mehr oder minder vom Durchschnittsarbeiter ab. Diese
individuellen Abweichungen oder was man mathematisch "Irrthümer"
nennt, kompensiren sich und verschwinden, sobald man eine grössere An-
zahl Arbeiter zusammennimmt. Der berühmte Sophist und Sykophant
Edmund Burke will aus seinen praktischen Erfahrungen als Pächter
sogar wissen, dass schon "für ein so geringes Peloton" wie 5 Acker-
knechte aller individuelle Unterschied der Arbeit verschwindet, also die
ersten besten im Mannesalter befindlichen fünf englischen Ackerknechte
zusammengenommen in derselben Zeit grad so viel Arbeit verrichten als
beliebige andre fünf englische Ackerknechte8). Die von ihm angegebne
Zahl ist hier gleichgültig, aber es ist klar, dass der Gesammtarbeitstag
einer grössern Anzahl gleichzeitig beschäftigter Arbeiter an und für sich
ein Tag gesellschaftlicher Durchschnittsarbeit ist. Der
Arbeitstag des Einzelnen sei z. B. zwölfstündig. So bildet der Arbeitstag
von 12 gleichzeitig beschäftigten Arbeitern einen Gesammtarbeitstag von
144 Stunden, und obgleich die Arbeit eines Jeden des Dutzend mehr oder
minder von der gesellschaftlichen Durchschnittsarbeit abweichen, der Ein-
zelne daher etwas mehr oder weniger Zeit zu derselben Verrichtung brau-
chen mag, besitzt der Arbeitstag jedes Einzelnen als ein Zwölftel des Ge-

8) "Unquestionably, there is a great deal of difference between the value of
one man's labour and that of another, from strength, dexterity and honest appli-
cation. But I am quite sure, from my best observation, that any given five
men
will in their total, afford a proportion of labour equal to any other five
within the periods of life I have stated; that is, that among such five men there
will be one possessing all the qualifications of a good workman, one bad, and the
other three middling, and approximating to the first and the last. So that in so
small a platoon as that of even five, you will find the full complement of all that
five men can earn." (E. Burke l. c. p. 16.) cf. Quetelet über das Durch-
schnittsindividuum
.

qualitativen Unterschied, ob 1200 Arbeiter vereinzelt oder ob sie
unter dem Kommando desselben Kapitals vereint produciren.

Indess findet doch innerhalb gewisser Grenzen eine Modifikation statt.
Die im Werth vergegenständlichte Arbeit ist Arbeit von gesellschaft-
licher Durchschnittsqualität und so ist der Werth der Arbeitskraft der
Werth durchschnittlicher Arbeitskraft. Eine Durchschnittsgrösse existirt
aber immer nur als Durchschnitt vieler verschiedner Grössenindividuen der-
selben Art. In jedem Industriezweig weicht der individuelle Arbeiter,
Peter oder Paul, mehr oder minder vom Durchschnittsarbeiter ab. Diese
individuellen Abweichungen oder was man mathematisch „Irrthümer“
nennt, kompensiren sich und verschwinden, sobald man eine grössere An-
zahl Arbeiter zusammennimmt. Der berühmte Sophist und Sykophant
Edmund Burke will aus seinen praktischen Erfahrungen als Pächter
sogar wissen, dass schon „für ein so geringes Peloton“ wie 5 Acker-
knechte aller individuelle Unterschied der Arbeit verschwindet, also die
ersten besten im Mannesalter befindlichen fünf englischen Ackerknechte
zusammengenommen in derselben Zeit grad so viel Arbeit verrichten als
beliebige andre fünf englische Ackerknechte8). Die von ihm angegebne
Zahl ist hier gleichgültig, aber es ist klar, dass der Gesammtarbeitstag
einer grössern Anzahl gleichzeitig beschäftigter Arbeiter an und für sich
ein Tag gesellschaftlicher Durchschnittsarbeit ist. Der
Arbeitstag des Einzelnen sei z. B. zwölfstündig. So bildet der Arbeitstag
von 12 gleichzeitig beschäftigten Arbeitern einen Gesammtarbeitstag von
144 Stunden, und obgleich die Arbeit eines Jeden des Dutzend mehr oder
minder von der gesellschaftlichen Durchschnittsarbeit abweichen, der Ein-
zelne daher etwas mehr oder weniger Zeit zu derselben Verrichtung brau-
chen mag, besitzt der Arbeitstag jedes Einzelnen als ein Zwölftel des Ge-

8) „Unquestionably, there is a great deal of difference between the value of
one man’s labour and that of another, from strength, dexterity and honest appli-
cation. But I am quite sure, from my best observation, that any given five
men
will in their total, afford a proportion of labour equal to any other five
within the periods of life I have stated; that is, that among such five men there
will be one possessing all the qualifications of a good workman, one bad, and the
other three middling, and approximating to the first and the last. So that in so
small a platoon as that of even five, you will find the full complement of all that
five men can earn.“ (E. Burke l. c. p. 16.) cf. Quételet über das Durch-
schnittsindividuum
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[303/0322] qualitativen Unterschied, ob 1200 Arbeiter vereinzelt oder ob sie unter dem Kommando desselben Kapitals vereint produciren. Indess findet doch innerhalb gewisser Grenzen eine Modifikation statt. Die im Werth vergegenständlichte Arbeit ist Arbeit von gesellschaft- licher Durchschnittsqualität und so ist der Werth der Arbeitskraft der Werth durchschnittlicher Arbeitskraft. Eine Durchschnittsgrösse existirt aber immer nur als Durchschnitt vieler verschiedner Grössenindividuen der- selben Art. In jedem Industriezweig weicht der individuelle Arbeiter, Peter oder Paul, mehr oder minder vom Durchschnittsarbeiter ab. Diese individuellen Abweichungen oder was man mathematisch „Irrthümer“ nennt, kompensiren sich und verschwinden, sobald man eine grössere An- zahl Arbeiter zusammennimmt. Der berühmte Sophist und Sykophant Edmund Burke will aus seinen praktischen Erfahrungen als Pächter sogar wissen, dass schon „für ein so geringes Peloton“ wie 5 Acker- knechte aller individuelle Unterschied der Arbeit verschwindet, also die ersten besten im Mannesalter befindlichen fünf englischen Ackerknechte zusammengenommen in derselben Zeit grad so viel Arbeit verrichten als beliebige andre fünf englische Ackerknechte 8). Die von ihm angegebne Zahl ist hier gleichgültig, aber es ist klar, dass der Gesammtarbeitstag einer grössern Anzahl gleichzeitig beschäftigter Arbeiter an und für sich ein Tag gesellschaftlicher Durchschnittsarbeit ist. Der Arbeitstag des Einzelnen sei z. B. zwölfstündig. So bildet der Arbeitstag von 12 gleichzeitig beschäftigten Arbeitern einen Gesammtarbeitstag von 144 Stunden, und obgleich die Arbeit eines Jeden des Dutzend mehr oder minder von der gesellschaftlichen Durchschnittsarbeit abweichen, der Ein- zelne daher etwas mehr oder weniger Zeit zu derselben Verrichtung brau- chen mag, besitzt der Arbeitstag jedes Einzelnen als ein Zwölftel des Ge- 8) „Unquestionably, there is a great deal of difference between the value of one man’s labour and that of another, from strength, dexterity and honest appli- cation. But I am quite sure, from my best observation, that any given five men will in their total, afford a proportion of labour equal to any other five within the periods of life I have stated; that is, that among such five men there will be one possessing all the qualifications of a good workman, one bad, and the other three middling, and approximating to the first and the last. So that in so small a platoon as that of even five, you will find the full complement of all that five men can earn.“ (E. Burke l. c. p. 16.) cf. Quételet über das Durch- schnittsindividuum.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/322>, abgerufen am 25.04.2024.