Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

wesentliche Produktionsverhältnisse derartige imaginäre Preisform
finden, wie z. B. Preis des Grund und Bodens, obgleich der Boden,
weil keine menschliche Arbeit in ihm vergegenständlicht ist, auch keinen
Werth
hat, wird die tiefere Analyse unter der imaginären Form stets ein
wirkliches Werthverhältniss oder von ihm abgeleitete Beziehung verbor-
gen finden.

Doch kehren wir zurück zum normalen Waarenpreis, der uns hier
allein noch bekannt ist. Der Preis ist die nurideelle Werthgestalt
der Waare. Er drückt also zugleich aus, dass sie noch nicht reelle
Werthgestalt besitzt oder dass ihre Naturalform nicht ihre allgemeine
Aequivalentform ist. Die ideelle Werthgestalt der Waare ist ferner
Preis, d. h. nur vorgestellte oder ideelle Goldgestalt. Er
drückt also aus, dass, um die Wirkung eines Tauschwerths oder allgemei-
nen Aequivalents auf andre Waaren auszuüben, sie ihren natürlichen Leib
abstreifen, sich aus nur vorgestelltem Gold in wirkliches Gold verwandeln
muss, obgleich diese Transsubstantiation ihr "saurer" ankommen mag als
dem hegel'schen "Begriff" der Uebergang aus der Nothwendigkeit in die
Freiheit oder einem Hummer das Sprengen seiner Schale, oder dem Kir-
chenvater Hieronymus das Abstreifen des alten Adam49). Neben ihrer
reellen Gestalt, Eisen z. B., kann die Waare im Preis ideelle Werth-
gestalt oder vorgestellte Goldgestalt besitzen, aber sie kann nicht zu-
gleich wirklich Eisen und wirklich Gold sein. Für ihre Preisgebung ge-
nügt es, vorgestelltes Gold ihr gleichzusetzen. Durch Gold ist sie
zu ersetzen, damit sie ihrem Besitzer den Dienst eines allgemeinen
Aequivalents leiste. Träte der Besitzer des Eisens z. B. dem Besitzer
einer weltlustigen Waare gegenüber, und verwiese ihn auf den Eisen-
preis, der Geldform sei, so würde der Weltlustige antworten, wie im
Himmel der heilige Petrus dem Dante, der ihm die Glaubensformeln
hergesagt:

49) Wenn Hieronymus in seiner Jugend viel mit dem materiellen Fleisch zu
ringen hatte, wie sein Wüstenkampf mit schönen Frauenbildern zeigt, so im Alter
mit dem geistigen Fleisch. "Ich glaubte mich", sagt er z. B., "im Geist vor dem
Weltrichter. "Wer bist du?" fragte eine Stimme. "Ich bin ein Christ." "Du
lügst", donnerte der Weltrichter. "Du bist nur ein Ciceronianer!"

wesentliche Produktionsverhältnisse derartige imaginäre Preisform
finden, wie z. B. Preis des Grund und Bodens, obgleich der Boden,
weil keine menschliche Arbeit in ihm vergegenständlicht ist, auch keinen
Werth
hat, wird die tiefere Analyse unter der imaginären Form stets ein
wirkliches Werthverhältniss oder von ihm abgeleitete Beziehung verbor-
gen finden.

Doch kehren wir zurück zum normalen Waarenpreis, der uns hier
allein noch bekannt ist. Der Preis ist die nurideelle Werthgestalt
der Waare. Er drückt also zugleich aus, dass sie noch nicht reelle
Werthgestalt besitzt oder dass ihre Naturalform nicht ihre allgemeine
Aequivalentform ist. Die ideelle Werthgestalt der Waare ist ferner
Preis, d. h. nur vorgestellte oder ideelle Goldgestalt. Er
drückt also aus, dass, um die Wirkung eines Tauschwerths oder allgemei-
nen Aequivalents auf andre Waaren auszuüben, sie ihren natürlichen Leib
abstreifen, sich aus nur vorgestelltem Gold in wirkliches Gold verwandeln
muss, obgleich diese Transsubstantiation ihr „saurer“ ankommen mag als
dem hegel’schen „Begriff“ der Uebergang aus der Nothwendigkeit in die
Freiheit oder einem Hummer das Sprengen seiner Schale, oder dem Kir-
chenvater Hieronymus das Abstreifen des alten Adam49). Neben ihrer
reellen Gestalt, Eisen z. B., kann die Waare im Preis ideelle Werth-
gestalt oder vorgestellte Goldgestalt besitzen, aber sie kann nicht zu-
gleich wirklich Eisen und wirklich Gold sein. Für ihre Preisgebung ge-
nügt es, vorgestelltes Gold ihr gleichzusetzen. Durch Gold ist sie
zu ersetzen, damit sie ihrem Besitzer den Dienst eines allgemeinen
Aequivalents leiste. Träte der Besitzer des Eisens z. B. dem Besitzer
einer weltlustigen Waare gegenüber, und verwiese ihn auf den Eisen-
preis, der Geldform sei, so würde der Weltlustige antworten, wie im
Himmel der heilige Petrus dem Dante, der ihm die Glaubensformeln
hergesagt:

49) Wenn Hieronymus in seiner Jugend viel mit dem materiellen Fleisch zu
ringen hatte, wie sein Wüstenkampf mit schönen Frauenbildern zeigt, so im Alter
mit dem geistigen Fleisch. „Ich glaubte mich“, sagt er z. B., „im Geist vor dem
Weltrichter. „Wer bist du?“ fragte eine Stimme. „Ich bin ein Christ.“ „Du
lügst“, donnerte der Weltrichter. „Du bist nur ein Ciceronianer!“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0081" n="62"/>
wesentliche Produktionsverhältnisse derartige <hi rendition="#g">imaginäre Preisform</hi><lb/>
finden, wie z. B. <hi rendition="#g">Preis des Grund und Bodens</hi>, obgleich der Boden,<lb/>
weil keine menschliche Arbeit in ihm vergegenständlicht ist, auch <hi rendition="#g">keinen<lb/>
Werth</hi> hat, wird die tiefere Analyse unter der imaginären Form stets ein<lb/>
wirkliches Werthverhältniss oder von ihm abgeleitete Beziehung verbor-<lb/>
gen finden.</p><lb/>
              <p>Doch kehren wir zurück zum normalen Waarenpreis, der uns hier<lb/>
allein noch bekannt ist. Der Preis ist die <hi rendition="#g">nurideelle Werthgestalt</hi><lb/>
der Waare. Er drückt also zugleich aus, dass sie noch nicht <hi rendition="#g">reelle</hi><lb/>
Werthgestalt besitzt oder dass ihre Naturalform <hi rendition="#g">nicht</hi> ihre allgemeine<lb/>
Aequivalentform ist. Die ideelle Werthgestalt der Waare ist ferner<lb/><hi rendition="#g">Preis</hi>, d. h. nur <hi rendition="#g">vorgestellte</hi> oder <hi rendition="#g">ideelle Goldgestalt</hi>. Er<lb/>
drückt also aus, dass, um die Wirkung eines Tauschwerths oder allgemei-<lb/>
nen Aequivalents auf andre Waaren auszuüben, sie ihren natürlichen Leib<lb/>
abstreifen, sich aus nur vorgestelltem Gold in wirkliches Gold verwandeln<lb/>
muss, obgleich diese Transsubstantiation ihr &#x201E;saurer&#x201C; ankommen mag als<lb/>
dem hegel&#x2019;schen &#x201E;Begriff&#x201C; der Uebergang aus der Nothwendigkeit in die<lb/>
Freiheit oder einem Hummer das Sprengen seiner Schale, oder dem Kir-<lb/>
chenvater Hieronymus das Abstreifen des alten Adam<note place="foot" n="49)">Wenn Hieronymus in seiner Jugend viel mit dem materiellen Fleisch zu<lb/>
ringen hatte, wie sein Wüstenkampf mit schönen Frauenbildern zeigt, so im Alter<lb/>
mit dem geistigen Fleisch. &#x201E;Ich glaubte mich&#x201C;, sagt er z. B., &#x201E;im Geist vor dem<lb/>
Weltrichter. &#x201E;Wer bist du?&#x201C; fragte eine Stimme. &#x201E;Ich bin ein Christ.&#x201C; &#x201E;Du<lb/>
lügst&#x201C;, donnerte der Weltrichter. &#x201E;<hi rendition="#g">Du bist nur ein Ciceronianer</hi>!&#x201C;</note>. Neben ihrer<lb/><hi rendition="#g">reellen</hi> Gestalt, Eisen z. B., kann die Waare im Preis <hi rendition="#g">ideelle</hi> Werth-<lb/>
gestalt oder <hi rendition="#g">vorgestellte</hi> Goldgestalt besitzen, aber sie kann nicht zu-<lb/>
gleich wirklich Eisen und wirklich Gold sein. Für ihre Preisgebung ge-<lb/>
nügt es, vorgestelltes Gold ihr <hi rendition="#g">gleichzusetzen</hi>. Durch Gold ist sie<lb/>
zu <hi rendition="#g">ersetzen</hi>, damit sie ihrem Besitzer den Dienst eines allgemeinen<lb/>
Aequivalents leiste. Träte der Besitzer des Eisens z. B. dem Besitzer<lb/>
einer weltlustigen Waare gegenüber, und verwiese ihn auf den Eisen-<lb/><hi rendition="#g">preis</hi>, der Geld<hi rendition="#g">form</hi> sei, so würde der Weltlustige antworten, wie im<lb/>
Himmel der heilige Petrus dem Dante, der ihm die Glaubens<hi rendition="#g">formeln</hi><lb/>
hergesagt:<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0081] wesentliche Produktionsverhältnisse derartige imaginäre Preisform finden, wie z. B. Preis des Grund und Bodens, obgleich der Boden, weil keine menschliche Arbeit in ihm vergegenständlicht ist, auch keinen Werth hat, wird die tiefere Analyse unter der imaginären Form stets ein wirkliches Werthverhältniss oder von ihm abgeleitete Beziehung verbor- gen finden. Doch kehren wir zurück zum normalen Waarenpreis, der uns hier allein noch bekannt ist. Der Preis ist die nurideelle Werthgestalt der Waare. Er drückt also zugleich aus, dass sie noch nicht reelle Werthgestalt besitzt oder dass ihre Naturalform nicht ihre allgemeine Aequivalentform ist. Die ideelle Werthgestalt der Waare ist ferner Preis, d. h. nur vorgestellte oder ideelle Goldgestalt. Er drückt also aus, dass, um die Wirkung eines Tauschwerths oder allgemei- nen Aequivalents auf andre Waaren auszuüben, sie ihren natürlichen Leib abstreifen, sich aus nur vorgestelltem Gold in wirkliches Gold verwandeln muss, obgleich diese Transsubstantiation ihr „saurer“ ankommen mag als dem hegel’schen „Begriff“ der Uebergang aus der Nothwendigkeit in die Freiheit oder einem Hummer das Sprengen seiner Schale, oder dem Kir- chenvater Hieronymus das Abstreifen des alten Adam 49). Neben ihrer reellen Gestalt, Eisen z. B., kann die Waare im Preis ideelle Werth- gestalt oder vorgestellte Goldgestalt besitzen, aber sie kann nicht zu- gleich wirklich Eisen und wirklich Gold sein. Für ihre Preisgebung ge- nügt es, vorgestelltes Gold ihr gleichzusetzen. Durch Gold ist sie zu ersetzen, damit sie ihrem Besitzer den Dienst eines allgemeinen Aequivalents leiste. Träte der Besitzer des Eisens z. B. dem Besitzer einer weltlustigen Waare gegenüber, und verwiese ihn auf den Eisen- preis, der Geldform sei, so würde der Weltlustige antworten, wie im Himmel der heilige Petrus dem Dante, der ihm die Glaubensformeln hergesagt: 49) Wenn Hieronymus in seiner Jugend viel mit dem materiellen Fleisch zu ringen hatte, wie sein Wüstenkampf mit schönen Frauenbildern zeigt, so im Alter mit dem geistigen Fleisch. „Ich glaubte mich“, sagt er z. B., „im Geist vor dem Weltrichter. „Wer bist du?“ fragte eine Stimme. „Ich bin ein Christ.“ „Du lügst“, donnerte der Weltrichter. „Du bist nur ein Ciceronianer!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/81
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/81>, abgerufen am 18.04.2024.