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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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und deren Werth er durch seine Arbeit erhält und im Produkt
wieder erscheinen macht, ist durchaus verschieden von dem Werth,
den er zusetzt. Ist die Masse des Kapitals = 1000 und die zu-
gesetzte Arbeit = 100, so das reproducirte Kapital = 1100.
Ist die Masse = 100 und die zugesetzte Arbeit = 20, so das re-
producirte Kapital = 120. Die Profitrate ist im ersten Fall
= 10 %, im zweiten = 20 %. Und dennoch kann aus 100 mehr
akkumulirt werden als aus 20. Und so wälzt sich der Strom des
Kapitals fort (abgesehn von seiner Entwerthung durch Steigerung
der Produktivkraft) oder seine Akkumulation im Verhältniss der
Wucht, die es schon besitzt, nicht im Verhältniss zur Höhe der
Profitrate. Hohe Profitrate, soweit sie auf hoher Mehrwerthsrate
beruht, ist möglich, wenn der Arbeitstag sehr lang, obgleich die
Arbeit unproduktiv ist; sie ist möglich, weil die Bedürfnisse der
Arbeiter sehr gering, darum der Durchschnittslohn sehr niedrig,
obgleich die Arbeit unproduktiv. Der Niedrigkeit des Lohns wird
die Energielosigkeit der Arbeiter entsprechen. Das Kapital ak-
kumulirt dabei langsam, trotz der hohen Profitrate. Die Be-
völkerung ist stagnant und die Arbeitszeit, die das Produkt kostet,
ist gross, obgleich der dem Arbeiter bezahlte Lohn klein ist.

Die Profitrate fällt, nicht weil der Arbeiter weniger exploitirt
wird, sondern weil im Verhältniss zum angewandten Kapital über-
haupt weniger Arbeit angewandt wird.

Fällt, wie gezeigt, sinkende Profitrate zusammen mit Steigen
der Profitmasse, so wird ein grössrer Theil des jährlichen Produkts
der Arbeit vom Kapitalisten unter der Kategorie Kapital ange-
eignet (als Ersatz von verbrauchtem Kapital) und ein verhältniss-
mäßig geringrer unter der Kategorie Profit. Daher die Phantasie
des Pfaffen Chalmers, dass je geringre Masse des jährlichen Pro-
dukts die Kapitalisten als Kapital verausgaben, sie um so grössre
Profite schlucken; wobei ihnen dann die Staatskirche zu Hülfe
kommt um für die Verzehrung, statt Kapitalisirung eines grossen
Theils des Mehrprodukts zu sorgen. Der Pfaff verwechselt Ursache
und Wirkung. Uebrigens wächst ja die Masse des Profits, auch
bei kleinerer Rate, mit der Grösse des ausgelegten Kapitals. Dies
bedingt jedoch zugleich Koncentration des Kapitals, da jetzt die
Produktionsbedingungen die Anwendung von massenhaftem Kapital
gebieten. Es bedingt ebenso dessen Centralisation, d. h. Ver-
schlucken der kleinen Kapitalisten durch die grossen und Entkapi-
talisirung der erstern. Es ist wieder nur in einer zweiten Potenz
die Scheidung der Arbeitsbedingungen von den Producenten, zu

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und deren Werth er durch seine Arbeit erhält und im Produkt
wieder erscheinen macht, ist durchaus verschieden von dem Werth,
den er zusetzt. Ist die Masse des Kapitals = 1000 und die zu-
gesetzte Arbeit = 100, so das reproducirte Kapital = 1100.
Ist die Masse = 100 und die zugesetzte Arbeit = 20, so das re-
producirte Kapital = 120. Die Profitrate ist im ersten Fall
= 10 %, im zweiten = 20 %. Und dennoch kann aus 100 mehr
akkumulirt werden als aus 20. Und so wälzt sich der Strom des
Kapitals fort (abgesehn von seiner Entwerthung durch Steigerung
der Produktivkraft) oder seine Akkumulation im Verhältniss der
Wucht, die es schon besitzt, nicht im Verhältniss zur Höhe der
Profitrate. Hohe Profitrate, soweit sie auf hoher Mehrwerthsrate
beruht, ist möglich, wenn der Arbeitstag sehr lang, obgleich die
Arbeit unproduktiv ist; sie ist möglich, weil die Bedürfnisse der
Arbeiter sehr gering, darum der Durchschnittslohn sehr niedrig,
obgleich die Arbeit unproduktiv. Der Niedrigkeit des Lohns wird
die Energielosigkeit der Arbeiter entsprechen. Das Kapital ak-
kumulirt dabei langsam, trotz der hohen Profitrate. Die Be-
völkerung ist stagnant und die Arbeitszeit, die das Produkt kostet,
ist gross, obgleich der dem Arbeiter bezahlte Lohn klein ist.

Die Profitrate fällt, nicht weil der Arbeiter weniger exploitirt
wird, sondern weil im Verhältniss zum angewandten Kapital über-
haupt weniger Arbeit angewandt wird.

Fällt, wie gezeigt, sinkende Profitrate zusammen mit Steigen
der Profitmasse, so wird ein grössrer Theil des jährlichen Produkts
der Arbeit vom Kapitalisten unter der Kategorie Kapital ange-
eignet (als Ersatz von verbrauchtem Kapital) und ein verhältniss-
mäßig geringrer unter der Kategorie Profit. Daher die Phantasie
des Pfaffen Chalmers, dass je geringre Masse des jährlichen Pro-
dukts die Kapitalisten als Kapital verausgaben, sie um so grössre
Profite schlucken; wobei ihnen dann die Staatskirche zu Hülfe
kommt um für die Verzehrung, statt Kapitalisirung eines grossen
Theils des Mehrprodukts zu sorgen. Der Pfaff verwechselt Ursache
und Wirkung. Uebrigens wächst ja die Masse des Profits, auch
bei kleinerer Rate, mit der Grösse des ausgelegten Kapitals. Dies
bedingt jedoch zugleich Koncentration des Kapitals, da jetzt die
Produktionsbedingungen die Anwendung von massenhaftem Kapital
gebieten. Es bedingt ebenso dessen Centralisation, d. h. Ver-
schlucken der kleinen Kapitalisten durch die grossen und Entkapi-
talisirung der erstern. Es ist wieder nur in einer zweiten Potenz
die Scheidung der Arbeitsbedingungen von den Producenten, zu

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[227/0261] und deren Werth er durch seine Arbeit erhält und im Produkt wieder erscheinen macht, ist durchaus verschieden von dem Werth, den er zusetzt. Ist die Masse des Kapitals = 1000 und die zu- gesetzte Arbeit = 100, so das reproducirte Kapital = 1100. Ist die Masse = 100 und die zugesetzte Arbeit = 20, so das re- producirte Kapital = 120. Die Profitrate ist im ersten Fall = 10 %, im zweiten = 20 %. Und dennoch kann aus 100 mehr akkumulirt werden als aus 20. Und so wälzt sich der Strom des Kapitals fort (abgesehn von seiner Entwerthung durch Steigerung der Produktivkraft) oder seine Akkumulation im Verhältniss der Wucht, die es schon besitzt, nicht im Verhältniss zur Höhe der Profitrate. Hohe Profitrate, soweit sie auf hoher Mehrwerthsrate beruht, ist möglich, wenn der Arbeitstag sehr lang, obgleich die Arbeit unproduktiv ist; sie ist möglich, weil die Bedürfnisse der Arbeiter sehr gering, darum der Durchschnittslohn sehr niedrig, obgleich die Arbeit unproduktiv. Der Niedrigkeit des Lohns wird die Energielosigkeit der Arbeiter entsprechen. Das Kapital ak- kumulirt dabei langsam, trotz der hohen Profitrate. Die Be- völkerung ist stagnant und die Arbeitszeit, die das Produkt kostet, ist gross, obgleich der dem Arbeiter bezahlte Lohn klein ist. Die Profitrate fällt, nicht weil der Arbeiter weniger exploitirt wird, sondern weil im Verhältniss zum angewandten Kapital über- haupt weniger Arbeit angewandt wird. Fällt, wie gezeigt, sinkende Profitrate zusammen mit Steigen der Profitmasse, so wird ein grössrer Theil des jährlichen Produkts der Arbeit vom Kapitalisten unter der Kategorie Kapital ange- eignet (als Ersatz von verbrauchtem Kapital) und ein verhältniss- mäßig geringrer unter der Kategorie Profit. Daher die Phantasie des Pfaffen Chalmers, dass je geringre Masse des jährlichen Pro- dukts die Kapitalisten als Kapital verausgaben, sie um so grössre Profite schlucken; wobei ihnen dann die Staatskirche zu Hülfe kommt um für die Verzehrung, statt Kapitalisirung eines grossen Theils des Mehrprodukts zu sorgen. Der Pfaff verwechselt Ursache und Wirkung. Uebrigens wächst ja die Masse des Profits, auch bei kleinerer Rate, mit der Grösse des ausgelegten Kapitals. Dies bedingt jedoch zugleich Koncentration des Kapitals, da jetzt die Produktionsbedingungen die Anwendung von massenhaftem Kapital gebieten. Es bedingt ebenso dessen Centralisation, d. h. Ver- schlucken der kleinen Kapitalisten durch die grossen und Entkapi- talisirung der erstern. Es ist wieder nur in einer zweiten Potenz die Scheidung der Arbeitsbedingungen von den Producenten, zu 15*

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/261>, abgerufen am 19.04.2024.