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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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Mehrwerthstheorie absolut unvereinbar mit der Thatsache der all-
gemeinen gleichen Profitrate. Nun kam das zweite Buch heraus,
und damit meine öffentlich gestellte Frage grade über diesen
selben Punkt. Wäre Herr Loria einer von uns blöden Deutschen
gewesen, er wäre einigermaßen in Verlegenheit gerathen. Aber
er ist ein kecker Südländer, er kommt aus einem heissen Klima,
wo, wie er behaupten kann, die Unverfrorenheit gewissermassen
Naturbedingung ist. Die Frage wegen der Profitrate ist öffentlich
gestellt. Herr Loria hat sie öffentlich für unlöslich erklärt. Und
grade desshalb wird er sich jetzt selbst übertreffen, indem er sie
öffentlich löst.

Dies Wunder geschieht in Conrads Jahrbüchern, N. F. Bd. XX,
S. 272 ff. in einem Artikel über Konrad Schmidts oben erwähnte
Schrift. Nachdem er von Schmidt gelernt, wie der kommercielle
Profit zustande kommt, ist ihm auf einmal alles klar. "Da nun
die Werthbestimmung durch die Arbeitszeit den Kapitalisten, die
einen grösseren Theil ihres Kapitals in Löhnen anlegen, einen
Vortheil gibt, so kann das unproduktive" [soll heissen kommercielle]
"Kapital von diesen bevorzugten Kapitalisten einen höheren Zins"
[soll heissen Profit] "erzwingen und die Gleichheit zwischen den
einzelnen industriellen Kapitalisten hervorbringen ... So z. B. wenn
die industriellen Kapitalisten A, B, C, 100 Arbeitstage für jeden,
und respektive 0,100,200 konstantes Kapital in der Produktion
anwenden, und der Arbeitslohn für 100 Arbeitstage 50 Arbeitstage
in sich enthält, jeder Kapitalist einen Mehrwerth von 50 Arbeitstagen
bekommt und die Profitrate 100 % ist für den ersten, 33,3 % für
den zweiten und 20 % für den dritten Kapitalisten. Wenn aber
ein vierter Kapitalist D ein unproduktives Kapital von 300 akku-
mulirt, das einen Zins" [Profit] "von dem Werth von 40 Arbeits-
tagen von A, einen Zins von 20 Arbeitstagen von B erheischt, so wird
die Profitrate der Kapitalisten A und B zu 20 %, wie die C's, sinken
und D mit einem Kapital von 300 wird einem Profit von 60, d. h.
eine Profitrate von 20 %, wie die übrigen Kapitalisten bekommen."

Mit so überraschender Gewandtheit, im Handumdrehn, löst
l'illustre Loria dieselbe Frage, die er vor zehn Jahren für unlös-
bar erklärt hatte. Leider hat er uns das Geheimniss nicht ver-
rathen, woher das "unproduktive Kapital" die Macht erhält, den

Mehrwerthstheorie absolut unvereinbar mit der Thatsache der all-
gemeinen gleichen Profitrate. Nun kam das zweite Buch heraus,
und damit meine öffentlich gestellte Frage grade über diesen
selben Punkt. Wäre Herr Loria einer von uns blöden Deutschen
gewesen, er wäre einigermaßen in Verlegenheit gerathen. Aber
er ist ein kecker Südländer, er kommt aus einem heissen Klima,
wo, wie er behaupten kann, die Unverfrorenheit gewissermassen
Naturbedingung ist. Die Frage wegen der Profitrate ist öffentlich
gestellt. Herr Loria hat sie öffentlich für unlöslich erklärt. Und
grade desshalb wird er sich jetzt selbst übertreffen, indem er sie
öffentlich löst.

Dies Wunder geschieht in Conrads Jahrbüchern, N. F. Bd. XX,
S. 272 ff. in einem Artikel über Konrad Schmidts oben erwähnte
Schrift. Nachdem er von Schmidt gelernt, wie der kommercielle
Profit zustande kommt, ist ihm auf einmal alles klar. „Da nun
die Werthbestimmung durch die Arbeitszeit den Kapitalisten, die
einen grösseren Theil ihres Kapitals in Löhnen anlegen, einen
Vortheil gibt, so kann das unproduktive“ [soll heissen kommercielle]
„Kapital von diesen bevorzugten Kapitalisten einen höheren Zins“
[soll heissen Profit] „erzwingen und die Gleichheit zwischen den
einzelnen industriellen Kapitalisten hervorbringen … So z. B. wenn
die industriellen Kapitalisten A, B, C, 100 Arbeitstage für jeden,
und respektive 0,100,200 konstantes Kapital in der Produktion
anwenden, und der Arbeitslohn für 100 Arbeitstage 50 Arbeitstage
in sich enthält, jeder Kapitalist einen Mehrwerth von 50 Arbeitstagen
bekommt und die Profitrate 100 % ist für den ersten, 33,3 % für
den zweiten und 20 % für den dritten Kapitalisten. Wenn aber
ein vierter Kapitalist D ein unproduktives Kapital von 300 akku-
mulirt, das einen Zins“ [Profit] „von dem Werth von 40 Arbeits-
tagen von A, einen Zins von 20 Arbeitstagen von B erheischt, so wird
die Profitrate der Kapitalisten A und B zu 20 %, wie die C’s, sinken
und D mit einem Kapital von 300 wird einem Profit von 60, d. h.
eine Profitrate von 20 %, wie die übrigen Kapitalisten bekommen.“

Mit so überraschender Gewandtheit, im Handumdrehn, löst
l’illustre Loria dieselbe Frage, die er vor zehn Jahren für unlös-
bar erklärt hatte. Leider hat er uns das Geheimniss nicht ver-
rathen, woher das „unproduktive Kapital“ die Macht erhält, den

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[XXI/0027] Mehrwerthstheorie absolut unvereinbar mit der Thatsache der all- gemeinen gleichen Profitrate. Nun kam das zweite Buch heraus, und damit meine öffentlich gestellte Frage grade über diesen selben Punkt. Wäre Herr Loria einer von uns blöden Deutschen gewesen, er wäre einigermaßen in Verlegenheit gerathen. Aber er ist ein kecker Südländer, er kommt aus einem heissen Klima, wo, wie er behaupten kann, die Unverfrorenheit gewissermassen Naturbedingung ist. Die Frage wegen der Profitrate ist öffentlich gestellt. Herr Loria hat sie öffentlich für unlöslich erklärt. Und grade desshalb wird er sich jetzt selbst übertreffen, indem er sie öffentlich löst. Dies Wunder geschieht in Conrads Jahrbüchern, N. F. Bd. XX, S. 272 ff. in einem Artikel über Konrad Schmidts oben erwähnte Schrift. Nachdem er von Schmidt gelernt, wie der kommercielle Profit zustande kommt, ist ihm auf einmal alles klar. „Da nun die Werthbestimmung durch die Arbeitszeit den Kapitalisten, die einen grösseren Theil ihres Kapitals in Löhnen anlegen, einen Vortheil gibt, so kann das unproduktive“ [soll heissen kommercielle] „Kapital von diesen bevorzugten Kapitalisten einen höheren Zins“ [soll heissen Profit] „erzwingen und die Gleichheit zwischen den einzelnen industriellen Kapitalisten hervorbringen … So z. B. wenn die industriellen Kapitalisten A, B, C, 100 Arbeitstage für jeden, und respektive 0,100,200 konstantes Kapital in der Produktion anwenden, und der Arbeitslohn für 100 Arbeitstage 50 Arbeitstage in sich enthält, jeder Kapitalist einen Mehrwerth von 50 Arbeitstagen bekommt und die Profitrate 100 % ist für den ersten, 33,3 % für den zweiten und 20 % für den dritten Kapitalisten. Wenn aber ein vierter Kapitalist D ein unproduktives Kapital von 300 akku- mulirt, das einen Zins“ [Profit] „von dem Werth von 40 Arbeits- tagen von A, einen Zins von 20 Arbeitstagen von B erheischt, so wird die Profitrate der Kapitalisten A und B zu 20 %, wie die C’s, sinken und D mit einem Kapital von 300 wird einem Profit von 60, d. h. eine Profitrate von 20 %, wie die übrigen Kapitalisten bekommen.“ Mit so überraschender Gewandtheit, im Handumdrehn, löst l’illustre Loria dieselbe Frage, die er vor zehn Jahren für unlös- bar erklärt hatte. Leider hat er uns das Geheimniss nicht ver- rathen, woher das „unproduktive Kapital“ die Macht erhält, den

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. XXI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/27>, abgerufen am 28.03.2024.